Bio-Grow: Cannabis, Mondphasen und konventionelles Kraut

28. bewachsenes Stecklingshaus

Der Anbau von als Rauchware gedachtem Cannabis ist illegal, weshalb es keine offiziellen Bio-Grow-Richtlinien gibt. Eine Wiener Gärtnerin legt nun einen ersten Leitfaden in Buchform vor – und berücksichtigt dabei auch Mondphasen. Nina Hueber hat mit der Autorin über strenge Demeter-Standards, alte Sorten und auch über die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums gesprochen.

BIORAMA: Der Konsum von Gras ist mittlerweile weit verbreitet. Beinahe jeder zweite Deutsche gibt laut Global Drug Survey 2016 an, in den vergangenen 12 Monaten zumindest einmal Cannabis konsumiert zu haben. Auf die Idee, selbst Marihuana anzubauen kommen dennoch nur wenige. Was hat dich auf die Idee gebracht?
Alice Legit: Eigentlich kommen erstaunlich viele Menschen auf die Idee, selbst anzubauen – nicht umsonst boomt der Zelt-Verkauf. Die meisten geben es jedoch ziemlich schnell wieder auf, wenn sie erkennen, dass es doch recht zeit- und pflegeintensiv ist, wenn man eine gute Ernte haben möchte. Ich selbst bin über eine gute Freundin dazu gekommen. Bei ihr habe ich das Handwerk gelernt – ich gestehe, alleine hätte ich mich wahrscheinlich nicht getraut.

Wie bist du zum Bio-Growing gekommen? Hattest du schlechte Erfahrungen oder Gesundheitsschäden vom konventionellen Kraut?
Alice Legit: Die Gras-Produktion auf Bio umzustellen, war für mich eigentlich recht logisch. Ich lebe aus ökologischen Gründen seit beinahe 14 Jahren vegetarisch und kaufe seit sicherlich 7 oder 8 Jahren entweder direkt beim Bauern, oder ansonsten zu 90 Prozent biologisch produzierte Lebensmittel. Außerdem bin ich aus voller Überzeugung Bio-Imkerin. Als ich mit dem Anbauen begonnen habe, war ich eigentlich ziemlich schockiert, wie viele mineralische Düngemittel und chemische Pestizide da verwendet werden – das war mir vorher nicht bewusst! Ich wusste zwar, dass Gras von der Straße oft mit allem möglichen Dreck wie zum Beispiel Zucker oder Glasstaub gestreckt ist, aber dass auch Home-Grow mit diversen Chemikalien voll ist, hätte ich nie gedacht. Was für einen gesundheitlichen Unterschied es macht, ob man Bio-Gras oder welches aus konventionellem Anbau raucht, wurde mir erst nach der Umstellung bewusst, als ich plötzlich viel weniger Husten hatte als früher. Dieser Effekt wurde mir mittlerweile von einigen Freunden auch bestätigt.

77. Siebenpunkt marienkäfer

In aller Kürze: Was unterscheidet Bio-Growing vom konventionellen Anbau? Zumindest diejenigen, die für den Eigenbedarf Pflanzen ziehen, werden meist auch keine intensive Landwirtschaft betreiben?
Alice Legit: Wie schon gesagt: mineralische Düngemittel verwenden die meisten Home-Grower, schon alleine des Preises wegen. Und auch auf Schädlingsvernichtungsmittel greifen die meisten zurück, denn wer länger eine Anlage betreibt, wird sich früher oder später mit der Schädlingsproblematik auseinandersetzen müssen. Da der Anbau von Cannabis ja leider illegal ist, gibt es für diesen Sektor selbstverständlich keine offiziellen Bio-Richtlinien. In meinem Buch werden sehr viele Maßnahmen beschrieben, die gesetzt werden können, um biologisch zu arbeiten – wie weit man dabei geht, muss natürlich jeder für sich entscheiden. Ich sag’s immer so: Es gibt einen Unterschied zwischen Demeter-Lebensmitteln und jenen einer Bio-Eigenmarke vom Diskonter. Das selbst gilt auch für den Gras-Anbau: Das Minimum ist meiner Meinung nach, nur biologische Düngemittel zu verwenden und auf chemische Pestizide zu verzichten. Wer ökologischer arbeiten möchte, sollte mit Bio-Erde arbeiten und nicht mit Steinwolle, und Nützlinge einsetzen anstatt zum Beispiel Neem-Öl, das ein biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel ist.

Es gibt viele populäre Bücher über Marihuanaanbau. Auf Gesundheit und Nachhaltigkeit wird darin aber kaum eingegangen. Wer, denkst du, wird denn deinen Bio-Growing-Ratgeber lesen?
Alice Legit: Ein ökologischer Lebensstil wird vielen Menschen immer wichtiger, da sich immer mehr damit auseinandersetzen wie sich unser aller Verhalten auf die Umwelt, aber auch auf die Gesundheit auswirkt. Ich glaube, dass es viele Leute gibt, denen eine gesunde, nachhaltige Lebensweise wichtig ist, denen aber bisher nicht bewusst war, wie sich der konventionelle Anbau von Cannabis sowohl auf das eine, wie auch auf das andere auswirkt. Von einigen Home-Growern weiß ich auch, dass sie schon länger biologisch arbeiten wollten, wussten nur nicht recht wie. Mein Buch richtet sich daher sowohl an Neueinsteiger, wie auch an alte Anbau-Hasen. Was das für Menschen sind? Ganz verschiedene! Wenn man sich so ein bisschen in Grow-Shops umsieht, finde ich es immer wieder nett zu sehen, dass nicht nur Klischee-Kiffer am Anbau interessiert sind, sondern ganz unterschiedliche Menschen. Da trifft man auch mal einen Ü60 mit weißem Bart und Maßanzug, oder die Mitt-30er Geschäftsfrau. Ich glaube – oder hoffe – also, dass es da einige gibt, für die mein Buch interessant ist. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich überrascht, dass dieses Buch noch niemand vor mir geschrieben hat.

Gewässerte Cannabis-Samen. "Bio-Grow"-Autorin Alice Legit baut indoor an und schätzt alte Sorten. Wäre der Anbau legalisiert, würde die Bodenkultur-Studentin mit absolviertem Wirtschaftsstudium ins Business einsteigen. Ihr Traum wäre eine Cannabis-Erlebniswelt nach dem Vorbild jener von Schokoladenproduzenten Josef Zotter.

Gewässerte Cannabis-Samen. „Bio-Grow“-Autorin Alice Legit baut indoor an und schätzt alte Sorten. Wäre der Anbau legalisiert, würde die Absolventin eines Wirtschaftsstudiums ins Business einsteigen. Ihr Traum wäre eine Cannabis-Erlebniswelt nach dem Vorbild jener von Schokoladenproduzenten Josef Zotter.

Du weist darauf hin, dass es beim Anbau rechtliche Probleme geben kann. Das Buch hast du allerdings unter Pseudonym verfasst. Warum war das notwendig?
Alice Legit: Grundsätzlich wäre es wahrscheinlich nicht notwendig gewesen. Ich habe mein Buch beim Nachtschatten-Verlag veröffentlich, das ist DER Verlag auf diesem Sektor, und voller lieber, alternativer Leute. Dort wurde mir versichert, dass noch nie einer ihrer Autoren Probleme mit der Polizei hatte, und das glaube ich ihnen auch, schließlich haben die, glaube ich, etwas größere Probleme als Leute, die Gras für den Eigenbedarf anbauen. Ich wollte aber nicht, dass man meinen richtigen Namen googelt und ich dann sofort mit Cannabis-Anbau in Verbindung gebracht werde. Zum Einen weiß ich nicht, was ich in 5 oder 10 Jahren mache. Vielleicht arbeite ich dann nicht mehr selbstständig, sondern suche einen Job – da kann so eine Verbindung wirklich hinderlich sein. Zum anderen denk‘ nur mal an die nun zu wiederholende Bundespräsidenten-Wahl. Sollte es entgegen jeder Hoffnung nun doch Hofer werden und wir in einigen Jahren dann auch noch einen blauen Bundeskanzler haben ­– nein danke! Unter Blau wird Cannabis niemals legalisiert werden, es ist eher zu erwarten, dass die Gesetze in dieser Hinsicht noch verschärft werden, und ich hab‘ wirklich keine Lust irgendwann einmal von der Polizei abgeholt zu werden, nur weil ich ein Buch geschrieben habe.

Du gibst einige Tipps, die man auch als klare Anleitung lesen kann, in der Nachbarschaft möglichst nicht aufzufallen. Wie handhabst du selbst den Anbau? Hattest du schon Probleme mit Nachbarn?
Alice Legit: Zum Glück nicht! Aber ich bin auch sehr vorsichtig: Niemand außer meinen engsten Freunden weiß, dass und wo ich anbaue – und diesen Leuten würde ich auch mein Leben anvertrauen. Außerdem achte ich sehr auf die Funktionstüchtigkeit der Luftfilter, damit man draußen nichts riecht. Auch kaufe ich zum Beispiel nur Erde ohne Perlit, damit ich sie nach der Ernte im Garten verwenden kann, ohne, dass es komische Fragen gibt. Ich bin da einfach sehr vorsichtig. Das ist nicht jeder: Ich kenne Wohnungen, bei denen kann man von der Straße aus die Cannabis-Pflanzen am Fenster stehen sehen kann. Oder man kommt in ein Wohnhaus und weiß alleine des Geruchs wegen, dass irgendjemand der Bewohner anbaut. Das wäre mir zu stressig. Schließlich weiß man nie an welchen Richter man gelangt: Man kann Glück haben und nur mit einem Bußgeld oder Therapie davon kommen, oder eben auch Pech haben und Monate im Gefängnis verbringen.

Prächtige Cannabis-Pflanzen würden sich auch im Garten oder auf dem Balkon gut machen, meint Autorin Alice Legit. (Foto: Legit)

Prächtige Cannabis-Pflanzen würden sich auch im Garten oder auf dem Balkon gut machen, meint Autorin Alice Legit. (Foto: Legit)

Vor allem bei Lebensmitteln und Kosmetika ist es für viele Menschen mittlerweile selbstverständlich, darauf zu achten, dass Produkte unbelastet von Giftstoffen und umweltfreundlich produziert worden sind. Marktforschung zu dem Thema wird es wohl eher nicht geben, aber was schätzt du: Wie wichtig ist Cannabis-Konsumenten dieser Aspekt?
Alice Legit: Momentan? Nicht sehr wichtig, fürchte ich. Meiner Meinung liegt das an zweierlei Dingen: 1. Weil Cannabis illegal ist und die Thematik deswegen in der Öffentlichkeit nicht diskutiert wird – da geht es immer nur um Legalisierung Ja oder Nein? Aber nie um die Anbaubedingungen und die gesundheitlichen Folgen, die von den Konsumenten zu tragen sind. In den Niederlanden gibt es zum Beispiel in den Grow-Shops Bio-Gras zu kaufen – und zwar um einen horrenden Preis, weil die Nachfrage größer ist als das Angebot. Und 2. weil sich viele Konsumenten – wie gesagt – gar nicht darüber im Klaren sind, mit welchen Mitteln das Gras produziert wurde, das sie da gerade rauchen. Ein Grund weshalb ich dieses Buch geschrieben habe ist auch, dass ich eben dieses Bewusstsein bei den Menschen wecken möchte.

Kiffer betonen gerne, dass sie „nur natürliche“ Genussmittel konsumieren. Dennoch werden in der Branche, die sich rund um die Cannabiskultur gebildet hat, sehr technologische Zugänge wie Vertical Growing, Hydro-, Aero- oder Aquaponic propagiert. Siehst du darin einen Widerspruch?
Alice Legit: Jain. Für mich persönlich: Ja. Ich lebe einen ganzheitlichen Lebensstil, und ich persönlich bin davon überzeugt, dass es für die Pflanze einen riesigen Unterschied macht, ob sie in Erde steht, oder in einer Nährlösung. Außerdem haben diese Systeme meiner Meinung nach viele Nachteile: Sie sind störungsanfälliger – funktioniert dann etwas nicht richtig und man bemerkt es nicht rechtzeitig, sind die Pflanzen tot. Wohingegen Erde zum Beispiel viel Feuchtigkeit und Dünger speichern kann, es also nicht ganz so tragisch ist, wenn einmal etwas nicht nach Plan läuft.
Aber im Allgemeinen würde ich sagen: nein. Auch mit Systemen wie Aquaponic kann man grundsätzlich biologisch arbeiten. Es stellt sich eben auch hier die Frage: Will ich Demeter-Qualität oder gebe ich mich mit Diskonter-Ware zufrieden?

Aus dem "Bio-Grow"-Labor von Alice Legit: ein Cannabis-Keimling in Woche 4

Aus dem „Bio-Grow“-Labor von Alice Legit: ein Cannabis-Keimling in Woche 4

In deinem Buch rechnest du anhand von verbrauchten Kilowattstunden vor, welcher Stromverbrauch bzw. welche CO2-Belastung sich durch die Verwendung von Ökostrom im Vergleich zu konventioneller Energie einsparen lassen. Dabei propagierst du allerdings Indoor-Anbau. Wäre es nicht die nachhaltigste Lösung, gleich draußen mithilfe der Sonne und des Regens anzubauen?
Alice Legit: Oh ja! Wäre der Anbau von Cannabis legal, würde ich sofort auf Outdoor-Anbau umsteigen, so wie es zum Beispiel in Kroatien, Albanien, Kanada, zunehmend aber auch in Amerika üblich ist. Outdoor-Pflanzen werden mit der richtigen Pflege und am richtigen Standort wunderschöne, riesige Pflanzen. Solange der Anbau dieses Krauts jedoch illegal ist, kommt das für mich persönlich leider nicht in Frage. Obwohl ich einige Leute kenne, die erfolgreich outdoor anbauen und wunderbares Cannabis ernten. Wenn man die Möglichkeit hat auf einer Dachterrasse, oder einem uneinsichtigen Waldstück, warum nicht? Aber wie gesagt: das wäre mir zu stressig.

Gibt es brauchbare Zertifikate für Bio-Grow-Produkte? Grow-Shops verkaufen beispielsweise oft Substrat und Dünger, die als „natural“ ausgelobt werden, die aber keineswegs den strengen Bio-Richtlinien wie wir sie aus dem Lebensmittelbereich kennen, entsprechen. Worauf sollten Konsumenten achten?
Alice Legit: Grundsätzlich gilt: Wo „bio“ beziehungsweise „organic“ drauf steht, ist auch bio drinnen. Da sind die EU-Richtlinien ziemlich streng, wie ich aus meiner Bio-Imkerei-Erfahrung sagen kann. Das gilt auch für Produkte, die für den Cannabis-Anbau gedacht sind. Aber man muss eben darauf achten, dass auch wirklich „bio“ draufsteht – und nicht irgendeine schönklingende Umschreibung wie „ganz natürlich“. Genau lesen – und zwar auch das Kleingedruckte – zahlt sich echt aus, nicht nur bei Lebensmitteln.

Ist es möglich, zertifiziertes Bio-Saatgut zu bekommen?
Alice Legit: Bisher habe ich Österreich leider noch keinen Saatgut-Anbieter gefunden, der auch Bio-Saatgut anbieten würde. Ich nehme aber an, dass man welches online bestellen kann, denn die großen Saatgut-Produzenten haben schon Cannabissamen aus Bio-Produktion – das verdanken wir den Niederlanden. Ich hoffe ja aus ganz vielen verschiedenen Gründen sehr auf eine baldige Legalisierung von Cannabis, dann wird es wahrscheinlich ganz normal werden, dass man in den Grow-Shops auch Bio-Samen bekommt, wie in den Niederlanden. In den Niederlanden ist es mittlerweile ganz normal. Jedes gute Coffee-Shop bietet Bio-Cannabis an. Und auch in jenen Staaten Amerikas, in denen der Anbau und Konsum in den letzten Jahren legalisiert wurde, beginnt sich ein Bio-Sektor aufzubauen. Ich bin da zum Beispiel gerade mit einem lizensierten Cannabis-Produzenten in Kontakt, der seine Produktion auf Bio umstellen möchte und im Zuge seiner Recherchen auf mein Buch gestoßen ist – momentan noch das Einzige im deutschsprachigen Raum zu dem Thema.

Mischt da auch Monsanto mit?
Alice Legit: Oh, gute Frage! Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht. Ich hoffe nicht, aber ich würde fast wetten, dass sie es tun. Wo hat Monsanto nicht seine Finger im Spiel, wo sich Gewinne machen lassen?

Beim Namen Alice Legit handelt es sich um ein Pseudonym.

Beim Namen Alice Legit handelt es sich um ein Pseudonym.

Ist es aus deiner Sicht ethisch vertretbar, Cannabis am Schwarzmarkt zu kaufen?
Alice Legit: Ganz klar: ja! Meiner Meinung nach ist es ein großer Fehler, dass Cannabis noch immer illegal ist und damit die Produzenten, wie auch die Konsumenten in die Illegalität getrieben werden. Dadurch entgehen dem Staat nicht nur große Summen an Steuergeldern, es geht auch auf Kosten der Gesundheit der Konsumenten und zum Teil zu Gunsten großer afghanischer, albanischer usw. Drogenkartelle, die durch die Illegalität immense Gewinne einfahren, mit denen sie dann zum Beispiel Waffen kaufen – das Thema ist extrem komplex. Klar ist jedoch, dass die Illegalität von Cannabis die Maffia und den Terror unterstützt.

Auch weiß man, dass in Ländern in denen Cannabis erlaubt ist, der Konsum harter Drogen zurück geht; dass weniger Jugendliche kiffen, weil der Reiz des Verbotenen fehlt; und dass es zu weniger häusliche Gewalt kommt, da Cannabis im Gegensatz zu Alkohol nicht aggressiv macht. Außerdem würde der Staat ja nicht nur Steuergelder einnehmen, sondern sich auch viele Ausgaben sparen. Allein die Polizisten, die damit beschäftigt sind, Konsumenten und Home-Grower zu sekkieren, anstatt richtige Verbrecher zu jagen. Oder die Gefängniskosten für all die Dealer, die wegfielen. Um es klar zu sagen: Ich finde es nicht ethisch vertretbar, dass Cannabis und dessen Anbau in Österreich und vielen anderen EU-Staaten noch immer illegal ist! Auch dazu findet sich ein kurzes Kapitel in meinem Buch.

Regelmäßiger Konsum kann unumstritten gesundheitliche Nebenwirkungen verursachen oder gar zu schweren psychischen Schäden führen. Da ich annehme, dass du für eine Legalisierung von Cannabis eintrittst: Wie sollte die Gesetzgebung damit umgehen?
Alice Legit: Auch der regelmäßige Konsum von Alkohol, Zigaretten oder – zum Beispiel – Schokolade ist gesundheitsschädlich, trotzdem ist nichts von dem illegal. Klar ist jedoch: Es braucht gesetzliche Regelungen. Lizensierte Produzenten sollten meiner Meinung nach in Coffe-Shops ähnlichen Läden ihre Waren verkaufen dürfen. Dafür sollten jede Menge Steuern eingehoben werden, so wie dies bei Alkohol und Zigaretten der Fall ist. Auch der Anbau für den Eigenbedarf sollte dann erlaubt sein, zum Beispiel bis zu einer gewissen Lampen- oder Pflanzenanzahl. Und meiner Meinung nach ganz wichtig: Es sollte viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, so wie es auch für Alkohol und Zigaretten der Fall ist! Jedem sollte klar sein, dass Cannabis psychisch gesehen das verstärkt, was da ist. Menschen mit psychischen Problemen, Depressionen, etc. sollten also auf keinen Fall kiffen. Genauso wie nicht jeder Mensch mit Alkoholkonsum klar kommt, kann nicht jeder mit Gras umgehen. Ich glaube, mittlerweile gibt es weltweit schon ziemlich viele Staaten, bei denen man sich da etwas abschauen könnte. Positives kann man aufgreifen und aus Fehlern anderer kann man lernen. Was sicherlich nicht zeitgemäß ist, ist die Verteufelung von Cannabis, die geschichtlich gesehen auf die amerikanische Prohibition zurück geht.

Auch indoor ein Nützling: die Schlüpfwespe. (Foto: Alice Legit)

Auch indoor ein Nützling: die Schlüpfwespe. (Foto: Alice Legit)

Was würde sich für dich persönlich ändern? Würdest du – als Studierende an der Universität für Bodenkultur – ins Business einsteigen?
Alice Legit: Für mich würde sich, glaube ich, sehr viel ändern! Ich würde sofort eine Anbau-Lizenz beantragen und da ich keine Vorstrafen habe, dafür einen Studienabschluss in Wirtschaft, würde ich diese wahrscheinlich auch bekommen. Ich würde sofort österreichisches Bio-Cannabis produzieren und verkaufen, ich könnte mir auch vorstellen, Kurse abzuhalten, oder irgendwann auch zu unterrichten. Irgendwann würde daraus vielleicht eine Art Cannabis-Erlebniswelt entstehen, ähnlich der Zotter-Schokoladenfabrik. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt und träumen wird man ja wohl noch dürfen.

Im Lebensmittelbereich achten Konsumenten wie Produzenten wieder verstärkt auf alte Sorten und Vielfalt. Was sind deine Lieblings-Anbau- und Konsumsorten, und auf welche Weise konsumierst du Cannabis am liebsten?
Alice Legit: Ich mag alte Cannabis-Sorten, wie zum Beispiel Jack Flash – das Original bekommt man heute kaum noch. Oder Marleys Collie – eine tolle Sorte. Es gibt viel Auswahl, auch bei alten Sorten, wenn man in den richtigen Grow-Shops sucht. Die modernen Automatik-Sorten und feminisierten Samen, also solche, aus denen nur weibliche Cannabis-Pflanzen wachsen, mag ich zum Rauchen nicht so gerne, und zum Anbauen schon gar nicht. Ich selbst rauche Cannabis in erster Linie. Dabei sollte man sich überlegen, womit man es raucht: die Effekte von Tabak und Cannabis widersprechen sich in vielerlei Hinsicht, ganz abgesehen davon, dass Tabak krebserregend ist. Ich rauche unter anderem deswegen seit einiger Zeit ohne Tabak, dafür mit Damiana, einem Kraut, das man in jeder Apotheke kaufen oder zumindest bestellen kann. Aber auch andere Pflanzen kann man als Tabak-Ersatz verwenden: getrocknete Brennnessel- oder Haselnussblätter zum Beispiel. Ausprobieren lohnt sich!
Aber mit Bio-Cannabis kann man noch viel mehr machen: man kann damit Kochen und Backen, oder auch Massage-Öl herstellen – auch dazu gibt es ein Kapitel in meinem Buch.

Ein sehr ausführliches Kapitel widmet sich dem bewussten Einsatz von Mondphasen beim Kultivieren von Cannabis – vor allem den Anbau der Pflanzen und die Ernte betreffend. Beachtest du die Mondkonstellation auch beim Rauchen?
Alice Legit: Gute Idee, sollte ich vielleicht einmal ausprobieren. Vielleicht wirkt Cannabis ja stärker, das an bestimmten Tagen geraucht wird?! Aber grundsätzlich arbeite ich schon sehr viel mit den Mondphase: egal ob es sich nun um den Zeitpunkt der Stecklingsgewinnung, des Gießens oder des Erntens geht. Aber auch in meiner Bio-Imkerei arbeite ich mit den Mond – so wie einige bis viele andere Bio-Bauern und -Imker auch. Wobei ich nicht nach dem astrologischen Kalender, sondern dem Faktischen nach Maria Thun arbeite – so wie das zum Beispiel bei Demeter-Betrieben üblich ist. Mein Ratschlag: Einfach ausprobieren und sich selbst ein Bild verschaffen!

"Bio-Grow": Die erste deutschsprachige Buch-Veröffentlichung zum biologischen Anbau von Cannabis widmet sich auch den Mondphasen.

„Bio-Grow“: Die erste deutschsprachige Buch-Veröffentlichung zum biologischen Anbau von Cannabis widmet sich auch den Mondphasen.

„Bio-Grow. Biologischer Indoor-Cannabisanbau im Einklang mit Mond- und Naturrhythmen“ von Alice Legit ist im Schweizer Nachtschatten-Verlag erschienen.

 

Weiterlesen? Bereits vor einiger Zeit hat Karin Wasner über ihren Selbstversuch, Tabak selbst im Garten anzubauen gebloggt.

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