Bio braucht eine schöne Schale

Bild: Ricarda Schweigler

Bild: Ricarda Schweigler

 

„Sind wir nicht alle ein bisschen bio?“ – die Bachelor-Arbeit von Ricarda Schweigler weckt großes Interesse und liegt am Puls der Zeit. Die Arbeit wurde mit einem Designpreis ausgezeichnet, Leykam und ein weiterer Verlag haben bereits Interesse an einer Veröffentlichung bekundet. BIORAMA hat mit der Verfasserin über ihre Motivation, der Bio-Bewegung durch schönes Design weiteren Aufwind zu verleihen, gesprochen.

 

BIORAMA: Deine Arbeit ist mit dem Preis „Red Dot Award“ ausgezeichnet worden. Welche Kriterien waren dafür wichtig?

Ricarda: Der Red Dot ist ein Designpreis für internationale Gestalter. Ich habe mit meiner Arbeit „Sind wir nicht alle ein bisschen bio?“ in der Junior-Kategorie Kommunikationsdesign mitgemacht. Bewertet werden Gestaltung und inhaltliche Umsetzung. Wir haben da an der FH keine Designvorschriften für die Arbeit, es geht ja um die kreative Umsetzung zur Datenpräsentation in meinem Studiengang „Informationsdesign“.

Die meisten Leute verstehen nicht, dass „ökologisch“ auch schön sein kann. Eine ästhetische Gestaltung, die auch ökologisch einwandfrei umgesetzt wird – durch Recyclingpapier und CO2-Ausgleich beim Druck zum Beispiel – ist nicht schwierig zu machen und kommt auch nicht viel teurer. Ich glaube, dass „bio“ heute auch schön sein muss um sich bei der breiten Masse durchzusetzen. Wenn Nachhaltiges hochwertiger wirkt, kommt es auch besser an.

 

Du beschreibst in deiner Arbeit, dass du dein Interesse für den Bio-Boom und Greenwashing durch Unternehmen in einem Praktikum entdeckt hast. Wie kam es dazu?

Ich habe im Rahmen meiner Ausbildung ein Praktikum bei einer hoch angesehenen Werbeagentur in Hamburg absolviert. Ich war dort in der Kreation tätig und habe im Team bestimmte Kunden betreut. Einer der Kunden war ein großer deutscher Energiekonzern. Ich war anfangs sehr begeistert. Die Unterlagen, mit denen ich mich vorbereiten sollte, haben den Eindruck erweckt, dass der Konzern sehr nachhaltig aufgestellt ist. Meine Kollegen haben mich eher belächelt, als ich dann nachgeforscht habe bin ich dahintergekommen, dass das Unternehmen sich nur den kleinen Teil Ökostrom, die sie erzeugen, ans Revers heften. Der Rest des Geschäfts wird durch die Ausbeutung fossiler Ressourcen und die Einspeisung von Kernenergie gemacht. Ich sollte mich an der neuen Werbekampagne des Konzerns beteiligen, also eigentlich Greenwashing machen.

 

Wie bist du mit der Situation umgegangen und wie arbeitet die Agentur mit solchen Aufträgen?

Ich hab das Projekt zu Ende gebracht um einen Einblick in die Sache zu bekommen und mein Praktikum abzuschließen.

In der Agentur ist das irgendwie ein Tabuthema. Viele wissen natürlich, dass sie moralisch nicht ganz korrekte Arbeit leisten indem sie den Auftritt eines Unternehmen aufpolieren, das nicht nachhaltig agiert. Aber man kann sich als Mitarbeiter nicht wirklich widersetzen, sonst hat man seinen Arbeitsplatz nicht lange. Aufträge von großen Konzernen, bei denen viel Geld und Macht im Spiel ist, kann man eben kaum ablehnen.

 

Bist du im Rahmen deines Studiums auf solche Situationen nicht vorbereitet worden?

Wir haben über Greenwashing gesprochen aber nur theoretisch. Es wird aber nicht so richtig ernst genommen, so wie der gesamte Bio-Trend meiner Meinung nach. Es beschäftigt sich kaum jemand tiefgehend mit dem Thema, daher sind wir auch nicht gezielt auf solche Konflikte vorbereitet worden. Das wäre natürlich gut gewesen.

 

Der Titel deiner Arbeit ist „Sind wir nicht alle ein bisschen bio?“. Worum geht es und was ist dein Schluss – sind wir alle ein bisschen „bio“?

Am Beginn bin ich auf Weltprobleme eingegangen und habe den allgemeinen Bio-Trend betrachtet und was dahinter steht. Dann habe ich mich mit den einzelnen Siegeln in allen möglichen Bereichen beschäftigt. Ich kenne das selbst – ich wollte beginnen, ökologischer einzukaufen und hab mich im Siegel-Wald nicht wirklich durchgesehen. Durch die Arbeit wollte ich mir anschauen, was hinter jedem Siegel steht. Ich wollte zum Beispiel aufklären, dass das AMA-Siegel nichts mit bio zu tun hat und mit anderen Vorurteilen aufräumen.

Also, ursprünglich sind wir ja alle bio! Ich denke früher, also vor ca. 100 Jahren, war doch alles bio, da gab es noch keine künstlichen, chemischen Spritz- und Düngemittel. Eigentlich ist es ja falsch, dass wir jetzt „bio“ auszeichnen, das sollte der Normalzustand sein. Von der Logik her müsste man kennzeichnen, was nicht „bio“ ist, aber das System ist eben in dieser Art gewachsen.

 

Du hast, bevor du die Arbeit geschrieben hast, kaum mit „bio“ und Nachhaltigkeit zu tun gehabt. Was hat sich für dich persönlich in deinem privaten Leben durch die Beschäftigung mit dem Thema verändert?

Ich war schon immer ein bisschen interessiert an dem Thema, das hat sich einfach immer mehr weiterentwickelt. Ich habe vor ein paar Jahren das Buch „Tiere essen“ gelesen, dann begonnen die Fastenzeit fleischlos einzuhalten und immer mehr nach biologischen Produkten zu suchen. Ich habe weitere Filme gesehen und Bücher gelesen und dadurch beim Einkaufen immer mehr darauf geachtet, wofür ich da eigentlich mein Geld ausgebe. Durch die Arbeit bin ich dahintergekommen, dass die meisten Menschen nicht wirklich bei den vielen Siegel durchblicken und nicht genau wissen, was sie einkaufen sollen. Es gibt einfach zu wenig Aufklärung meiner Meinung nach.

Ich vertraue jetzt bestimmten Siegeln über die ich mich informiert habe und gehe auch noch viel lieber auf den Bauernmarkt am Kaiser-Josef-Platz in Graz. Dort gehe ich gezielt zu den Bio Austria Ständen. Jetzt kenne ich auch die Unterschiede zwischen Eiern aus Freiland- und Bio-Haltung und weiß, welche Kriterien Produkte mit verschiedenen Siegeln erfüllen müssen. Fleisch esse ich eigentlich nur mehr zu bestimmten Anlässen und nur in Restaurants, denen ich vertraue, dazu gehe ich gerne in Slow-Food-Lokale.

Außerdem kaufe ich gerne die Bio-Marken im Supermarkt wie Ja! Natürlich und Zurück zum Ursprung. Wenn man schon im Supermarkt einkauft, denke ich, sollte man wenigstens von den konventionellen Produkten absehen. Ich kaufe eigentlich auch sehr saisonal ein.

 

Was hat sich für dein Umfeld verändert?

Ich glaube, ich bin viel anstrengender geworden (lacht). Bei meiner Schwiegermutter merke ich zum Beispiel, dass sie sich schon sehr Mühe gibt, so zu kochen, dass ich zufrieden bin. Das ist sicher erschwerend für sie. Einige von meinen Freunden interessieren sich auch sehr für das Thema und versuchen vielleicht auch, mehr darauf zu achten, dass sie Bio-Qualität kaufen. Aber ich sehe das hauptsächlich bei unserer Generation. Ich glaube das hängt damit zusammen, dass wir die erste Generation sind die es sich leisten kann, auf so etwas zu achten und in der – die aufgeklärten und bewusst lebenden Menschen zumindest – den notwendigen Drang dazu sehen, etwas zu ändern um unserer Umwelt etwas Gutes zu tun.

 

Wie siehst du deine Zukunft, wirst du dich weiter mit „bio“ und Nachhaltigkeit auseinandersetzen?

Ich werde den Master machen, auch wieder für Kommunikationsdesign. Ich hoffe sehr, dass ich die Masterarbeit auch wieder im Themenfelt „bio“ schreiben kann.

Beruflich hoffe ich, dass ich in einer Grafikagentur unterkommen kann, in der ich mir aussuchen kann, für wen ich arbeite. Es gibt ja auch Unterschiede zwischen den Agenturen, manche haben sympathischere Kunden.

Ich würde mich gerne im Bereich Nachhaltigkeitsgestaltung vertiefen. In den Niederlanden ist zum Beispiel der Cradle-to-Cradle-Trend schon viel weiter. Ich glaube, das ist bei uns auch möglich. Dort brennt der Hut und sie sehen, dass es nicht mehr anders geht. Leider brauchen die Menschen ja immer recht lang, bis sie einsehen, dass etwas geändert werden muss. Mein Wunschtraum wäre es eines Tages eine eigene Agentur zu haben, die nachhaltig agiert und nachhaltige Produkte und Unternehmen unterstützt. Die Kommunikationsarbeit ist wichtig um „bio“ attraktiver für die breite Masse zu machen und den Trend weiter zu unterstützen.

 

Mehr zur Arbeit und der Autorin auf http://ricardaschweigler.com/single/bio.html

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