Bio Bier? Ja, Natürlich!

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Maximilian Krieger: Neben Klassikern und Bieren aus alten Getreidesorten lässt der junge Riedenburger mit Kreativbieren aufhorchen. (Bild: Riedenburger Brauerei)

Bier wird oft als das natürlichste Lebensmittel der Welt bezeichnet. Es geht aber noch reiner als mit dem Reinheitsgebot. In Bioqualität zum Beispiel.

In einem ruhigen Moment setzten sich diesen Frühling einige Aussteller beim Craft Beer Festival Graz zusammen. Jeder brachte ein IPA aus seinem Sortiment mit und gemeinsam verkostete man die gesammelten Bierproben blind. Die strengen Nasen der Brauer und Brauerinnen beurteilten die Biere und benoteten diese. Am besten hat dabei das IPA von Loncium abgeschlossen, dicht gefolgt vom Nicobar aus dem Brauhaus Gusswerk. Daß in diesem Feld aus Marken wie Bevog, Brauwerk, Brew Age, Alefried, Pivovar Raven, Steamworks oder Next Level ausgerechnet die beiden Biobiere herausgeragt haben, hat mich beeindruckt.

Dabei sind es wohl keine geschmacklichen Kriterien, die eine Brauerei zu ökologischem Handeln treibt sondern eher die innere Überzeugung der Betreiber und ihr Bekenntnis zu Natur und Umweld. Von den beiden Gallionsfiguren der deutschen Biobrauer kann man das mit Sicherheit behaupten. Michael Krieger vom Riedenburger Brauhaus und Franz Ehrnsperger vom Neumarkter Lammsbräu begannen schon sehr früh, ihr komplettes Sortiment auf ökologische Rohstoffe umzustellen. In Neumarkt wird seit 1986 Biobier gebraut, schon 9 Jahre später war das gesamte Sortiment nach den EU Bio-Richtlinien zertifiziert. Auch in Riedenburg starteten Michael und Martha Krieger als 4.Brauergeneration Ende der 1980er Jahre mit dem Umstieg auf ökologisches Brauen. Im Jahr 1994 konnte dieser Prozess abgeschlossen werden, man konnte als erste bayrische Brauerei mit einem ganzheitlichen Öko-Konzept agieren.

Natürlich bio

Gerade die nächste Generation mit Maximilian Krieger setzt nun auch auf die Schiene der kreativen Craft Biere. Mit dem Doldensud, einem hervorragenden IPA hat er die Erfahrungen seiner amerikanischen Lehrjahre umgesetzt. Dem Erfolg mit den ersten Suden folgten dann auch noch ein Dolden Sommer Sud, ein Dunkler Doldensud und zum ersten Mal im Februar dieses Jahres konnte ich den Doldenbock, ein kräftiges Weizenbier auf der BioFach, der Weltleitmesse für die Biobranche vom Fass verkosten. Vorteilhaft für Craft Bier Freunde: Durch die Listung in Biomärkten ist der Doldensud bundesweit erhältlich und nicht nur in den Craftbeerstores der urbanen Zentren. Der umtriebige Max braut zudem auch immer wieder mit Freunden Collaboration Brews: Mit Garett Oliver von der bekannten Brooklyn Brewery das Dolden Boom oder zuletzt „Frischer Traum“ gemeinsam mit Oliver Wesselohs Kehrwieder Brauerei. Alles natürlich bio.

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Bio-Bier als Botschafter

Oliver Wesseloh, als Craftbrauer und ehemaliger Weltmeister der Biersommerliers eine zentrale Figur in der deutschsprachigen Bierszene meint: „Bier aus biologischen Zutaten sollte das Ziel der Brauerei sein. Leider ist jedoch Auswahl und Verfügbarkeit der Rohstoffe begrenzt. Generell gilt: Bier ist ein Naturprodukt und sollte nur aus rein natürlichen Rohstoffen gebraut werden. Würde es meine ausgewählten Rohstoffe in Bio-Qualität geben, würde ich diese sofort verwenden.” Vor allem bei Aromahopfen würde wohl weltweit nicht genügend Angebot bestehen. Diese Erfahrung mussten auch Klaus Feistritzer und Alois Planner von Loncium machen. Die Umstellung ihres kompletten Sortiments auf Bioqualität benötigte mehr Zeit, als man ursprünglich dachte. Das Bekenntnis zu rein ökologischen Zutaten wird in Mauthen vor allem als Qualitätsgedanke gesehen, den Loncium auch lebt. Hier – am Übergang vom Gailtal ins Lesachtal – bekennt sich eine komplette Region zu Bio und Slow Food. Die ARGE Biogailtal bemüht sich, ökologische Wirtschaftsformen in der Region zu unterstützen und in Wechselbeziehung zur Gesamtentwicklung der Region zu bringen. Das geht vom Landbau über Erneuerbare Energie bis zu touristischen Projekten und Produktvermarktung. Bio-Bier von Loncium ist hier ein bundesweiter Botschafter, sind die handwerklichen Biere aus Mauthen doch schon in einigen großen Märkten österreichweit gelistet.

Hohe Rohstoffkosten

Günther Thömmes, der als Bierzauberer und nun Braumeister der Hopfenartisten schon sehr viel mit Bieren experimentiert hat, verzichtet vor allem aus Kostengründen auf ökologische Rohstoffe. Problematisch bei Bio-Bier sind die deutlich höheren Kosten von Rohstoffen, aber gegen den Gedanken Bio-Bier spricht ganz und gar nichts. Auch die Zertifizierung ist sehr teuer. Die Kosten konnten Reinhold Barta nicht abschrecken. Mit seinem Brauhaus Gusswerk in Hof bei Salzburg braut er ausschliesslich Biobiere, manche sogar in Demeter Qualität. Die Rohstoffe, so meint Barta – kosten in etwa zwei Drittel mehr als konventionelle Brauzutaten. Das kann am Markt natürlich ein Nachteil sein, ist die Anzahl reiner Biogastronomiebetriebe doch noch eher spärlich gesäht. Der klassische Biokunde ist jetzt auch nicht so der exzessive Alkoholkonsument. Daher konnte das Brauhaus Gusswerk vor allem mit seinen Kreativbieren Aufmerksamkeit generieren, mit dem Nicobar hat man eines der ersten IPAs in Österreich gebraut, die weisse Version dieses Bieres zählt zu den Favoriten des Autors.

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Reinhold Barta: Mit seinem Brauhaus Gusswerk ist er der wichtigste Bio-Brauer Österreichs, Craft will er nicht mehr sein.

Großbrauereien schliessen Sortimentslücke

Zu Beginn erwähnten wir Biobrauereien und Pioniere, die das Thema auch leben und ihr komplettes Sortiment in Bioqualität anbieten und zertifizieren lassen. Wie aber reagierten die großen, konventionellen Brauereien? Ähnlich wie im Craftbiersektor hat man auch hier die Sortimentslücke schnell geschlossen. Fast alle großen österreichischen Brauereien und viele deutsche Großbrauer haben eine zertifizierte Biomarke in ihrer Angebotsrange umd auch dieses Segment bei Vertragskunden nicht dem Mittbewerb überlassen zu müssen. Die Österreichische Brau Union bietet das Schladminger Biozwickl an, Stiegl hat das Paracelsus zertifiziert und auch Ottakringer hat hier mitgezogen: “Der Aufwand, Bio-Bier herzustellen, ist ungleich größer, sagt Ottakringer-Lady Christiane Wenckheim.” Der Trend bisher ist zwar überschaubar, doch wird die Nachfrage immer größer. Für uns, als Qualitätsbrauerei ist daher klar, dass wir uns mit Bio-Bier befassen und es bereits seit 2010 mit dem Goldfassl Pur im Sortiment haben.”

In Deutschland haben zum Beispiel Schneider Weisse mit dem Tap 4 Grünes Weizen   oder Maisels mit der Bayreuther Bioweisse schon organische Varianten im Sortiment, besonders erfreulich sind aber die kleinen neuen Startups aus der Craft Bier Szene, die komplett auf Bio setzen. Mit der Münchner Kraftbräu in Hadern hat die frühere Biermetropole seit Juni ihre erste Biobrauerei. Und in Münster hat nach der traditionellen Pinkus Brauerei nun auch die neue Finne Brauerei ihr Craft Bier biozertifizieren lassen.


Für Bierliebhaber aus Wien stehen diesen Herbst zwei Events am Programm: 

11.-20. Nov. 2016: VIENNA BEER WEEK 2016

18.-19. Nov. 2016: CRAFT BIER FEST WIEN / Marx Halle

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