Prost auf die Vielfalt: Bierkampagne gegen Gerstenpatent
Der Verein Arche Noah protestiert gegen drei Patente auf Biergerste. Katherine Dolan, die politische Leiterin des Vereins, erklärt warum.
BIORAMA: Mit Ihrer Kampagne protestieren Sie gegen drei Patente auf Gerstensorten, die Carlsberg und Heineken vom Europäischen Patentamt gewährt wurden – worum geht es genau?
Katherine Dolan: Carlsberg und Heineken, Muttergesellschaft von der Brau Union, haben 2016 drei Patente auf Braugerste vom Europäischen Patentamt (EPA) erhalten. Diese Gerste eignet sich besonders gut für das Bierbrauen, auch soll der Brauprozess dadurch energiesparender sein. Jedes der drei Patente umfasst die Pflanzen, deren Ernte, den Prozess des Bierbrauens, Produkte wie Malz und Würze sowie jegliche auf diese Weise produzierte Getränke, also vom Samenkorn bis hin zum verarbeiteten Produkt. Das Europäische Patentamt untersteht nicht direkt der EU-Gesetzgebung und vergibt schon seit geraumer Zeit Patente auf Tiere und Pflanzen aus konventioneller Züchtung.
Im Moment sind Heineken und Carlsberg im Besitz der Patente – hatte dies bereits Auswirkungen?
Katherine Dolan: Soweit wir es wissen, gibt er noch keine direkten Auswirkungen: Die Patente sind noch sehr jung. Aber die mittel- und langfristigen Auswirkungen sind sehr problematisch. Die Konzerne können ihren Lieferanten vorschreiben, dass sie nur noch die patentierte Gerste anbauen dürfen. So verdienen sie gleich zweimal – am Verkauf des Biers und am Anbau der Gerste. Gleichzeitig können sie andere Züchter daran hindern, noch bessere Gerste zu züchten. Wenn in Zukunft die beschriebenen Eigenschaften bei einer anderen Braugerste entdeckt oder durch Züchtung entwickelt werden, fallen diese auch in die Reichweite der Patente. So können die Konzerne ihre Marktmacht weiter ausweiten – zum Schaden von Landwirten, anderen Brauereien, Züchtern und Verbrauchern. Die Patentierung hat natürlich auch schwerwiegende Folgen für die Vielfalt, weil sie den Zugang zu unseren genetischen Ressourcen massiv eingeschränkt wird. Es wird damit schwierig, neue Sorten zu entwickeln, die uns zum Beispiel bei der Anpassung an den Klimawandel helfen.
Wie bereits von Ihnen erwähnt ist die Europäische Kommission der Meinung, dass die europäische Rechtsprechung die Patentierung von pflanzlichen und tierischen Materialien nicht duldet – warum schließt dies Ihrer Meinung nach Züchtungen wie jene der Gerstenarten von Heineken und Carlsberg ein?
Katherine Dolan: Die Patente basieren auf zufällige Mutationen im Erbgut der Gerste. Carlsberg und Heineken haben die Körner der Gerste mit einer Chemikalie in Kontakt gebracht, die die Mutationsrate erhöhen soll. Hinterher wurden die Pflanzen mit den erwünschten Eigenschaften ausgewählt, dabei war bereits bekannt, nach welchen Mutationen man suchen musste. Diese Prozesse wurden zwar mithilfe moderner Technologien in einem Labor durchgeführt, sie unterscheiden sich aber grundsätzlich nicht von den Methoden, die Landwirte und Gärtner seit Jahrhunderten im Feld und Garten benutzt haben. Die Konzerne verwenden einfach ein technisches, komplexes Vokabular, um das Gefühl zu erzeugen, dass sie etwas Innovatives und Neues gemacht haben. Das stimmt aber nicht. Es sind keine Erfindungen.
Im März wollen die 38 Mitgliedsstaaten der EU-Patentorganisation, die das EPA überwacht, über die zukünftige Handhabung des Verbots von „Patenten auf Pflanzen und Tiere“ entscheiden. Zurzeit hat das EPA alle Verfahren und neue Anträge in Bezug auf Patente auf Pflanzen und Tiere auf Eis gelegt – ein Zeichen für den Erfolg Ihrer Kampagne?
Katherine Dolan: Letztlich entscheiden dies die 38 Mitgliedstaaten, die im Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation sitzen. Es gibt Mitgliedstaaten, die wenig motiviert sind und die Industrie wird lobbyieren, damit das EPA ihre Auffassung nicht ändert. Daher muss die österreichische Regierung, die sich klar gegen Patente auf Pflanzen und Tiere positioniert hat, aktiv auftreten und sich bei der EPA für ein vollständiges Verbot einsetzen. Die Möglichkeit dazu bietet sich bei der ersten Diskussion des Verwaltungsrates am 15. März in München.
Gemeinsam mit anderen Umweltschutz- und Landwirtschaftsorganisationen haben Sie Protest gegen die Entscheidung eingelegt, wie sieht dieser Protest genau aus?
Katherine Dolan: Im Jänner 2017 haben wir beim Europäischen Patentamt Einspruch gegen die Patentierung von Heineken und Carlsberg erhoben. Jetzt haben wir eine Kampagne in Österreich gegen diese Patente gestartet. Wir versuchen auch in Zusammenarbeit mit anderen NGOs aus Europa unter der Koalition „No Patents on Seeds“ auf die EPA und ihre 38 Mitgliedstaaten einzuwirken.
Sie fordern zum Verzicht von Carlsberg und Heineken-Bier auf, also auch der Marken Zipfer oder Gösser. Ist ein „Konsumentenprotest“ sinnvoll?
Katherine Dolan: Es geht vor allem darum, die Konsumenten zu informieren. Es ist weit bekannt, dass die Saatgutriesen Monsanto und Syngenta Pflanzen patentieren, aber dieses Mal geht es um Konzerne, die im direkten Kontakt mit Konsumenten sind. Wir setzen uns auf der politischen Ebene dafür ein, dass diese Praxis endlich aufhört. Aber als Konsument ist natürlich die Kaufkraft die effektivste Art und Weise, die wir haben, Konzernen ein Signal zu geben.
Im Gegensatz zu den modernen Techniken des Bierbrauens hat sich BIORAMA hier mit der Produktion eines Ur-Bieres beschäftigt.