Lesersafari zu den Bienen
Seit dem großen Bienensterben und der Diskussion um Neonicotinoide ist vielen erst klar geworden, wie wichtig die Biene für den Menschen ist. Nach schweren Rückschlägen für die Imker gibt es nun steigendes Interesse an ihrem Geschäft und neue Ideen, wie die Möglichkeit seinen eigenen Bienenstock zu mieten. Christoph Wedenig und sein Bruder sind Imker – auch Stadtimker. Vier ihrer Bienenstöcke stehen am Dach des Konzerthauses in Wien. BIORAMA hat mit Herrn Wedenig über die Bienenhaltung in der Stadt gesprochen.
BIORAMA: Wie sind Sie zur Imkerei gekommen?
Wedenig: Ich bin über meinen Bruder Imker geworden, der macht das schon seit 35 Jahren. Ich war davor Personalmanager für einen großen Konzern. Dann habe ich mich einige Zeit der Kunst gewidmet und schließlich bin ich zur Imkerei gekommen. Das hat mir gefallen, es ist etwas wirklich Nachhaltiges, man ist in der Natur und man kann sein Produkt sehen – ein ganz großer Unterschied, zu dem was ich früher gemacht habe. Man gibt nicht mehr anderen etwas vor, sondern muss selbst den Bienen folgen.
Warum stehen die Stöcke gerade am Konzerthaus?
Herr Tröbinger, der Vorstand des Konzerthauses, ist ein alter Freund von mir. Als Reaktion auf die Neonicotinoide-Diskussion haben wir uns entschlossen, mit Bienen vom Land in die Stadt zu flüchten, um sie zu retten. Da sind sie zwar in der Stadt auch nicht geschützt – Neonicotinoide kommen ja nicht nur in der Landwirtschaft zum Einsatz sondern in vielen Gärten und in Privathaushalten – aber die Belastung ist geringer. Gift gibt es auch in der Stadt genug, aber es wird nicht so großflächig verwendet, daher kommt die Biene hier weniger damit in Berührung. Wir haben nicht unsere gesamten Bienenstöcke in der Stadt stehen. Es gibt nur vier Stöcke mit je ca. 50.000 Bienen am Konzerthaus. Unsere restlichen Völker sind in den Marchauen und in der Steiermark. Insgesamt haben wir zur Zeit ca. 700-800 Stöcke.
Welche Rolle spielt die Luftqualität in Wien für die Bienen?
Je höher die Bienen oben sind, desto weniger Abgase – deswegen stehen unsere Stöcke ja auf dem Dach! (lacht) Nein, das macht nichts, das ist im Honig auch nicht nachweisbar, die Biene ist wie ein Filter sozusagen.
Wie überwintern sie?
Die Bienen sind alle im Winter im Freien, auch die am Konzerthaus überwintern einfach im Stock. Sie brüten im Winter nicht, daher müssen sie wesentlich weniger Wärme erzeugen. Die Bienen ziehen sich auf einen Knäul zusammen und die äußeren Bienen zittern, um Wärme zu erzeugen für die inneren. Das wird dann immer schichtweise abgewechselt, denn die Bienen brauchen immer 4-5 °C, egal wie niedrig die Außentemperaturen sind. Auch in Finnland gibt es Bienen, die halten das auch aus.
Wovon ernähren sich die Bienen in der Stadt?
Wie überall von Nektar den sie in Honig umwandeln. In der Stadt wird hauptsächlich Blütenhonig erzeugt das Angebot ist vielfältig da die Statdgärtner immer wieder verschiedene Blumen Pflanzen. Auf dem Land muß man mit den Bienen in die Tracht wandern dh. den blühenden Pflanzen nachreisen.
Wie viel Honig produziert ein Stock und welche Sorten?
Aus einem Stock nehmen wir etwa 40 % des produzierten Honigs heraus, den Rest brauchen die Bienen als Futter für die Larven. Wegnehmen kann man ungefähr 35-40 kg Honig pro Stock im Jahr.
Aus städtischen Bienenstöcken erhält man gemischten Blütenhonig, am Land kann man oft Sortenhonig erzeugen. Wenn ich die Stöcke zum Beispiel zu der Zeit, in der die Akazie blüht, in eine Akazienumgebung stelle, dann kann ich diesen speziellen Honig erzeugen. Jetzt kann man auch wieder Rapshonig produzieren, das war davor kaum möglich, da Raps stark von Neonicotinoiden belastet ist.
Was ist das Problem mit den berühmt-berüchtigten Neonicotinoiden?
Das ist ein Gift für die Natur – für Biene und Mensch. Die Imker sind hier durch die Neonicotinoide wirklich in ihrer Existenz bedroht, wir hatten in einem Jahr zum Beispiel ein Bienensterben von 50% des Bestandes. Das wieder nachzuzüchten ist langwierig und schwierig und in der Zeit kann man den Bienen ja auch nicht ihre Nahrung, den Honig, wegnehmen. Das sind enorme finanzielle Belastungen für Imker.
Der Einsatz von Neonicotinoiden sowie des in Herbiziden eingesetzten Wirkstoffes Glyphosat wird ab Oktober untersagt. Das Verbot gilt für drei Jahre. Was halten Sie davon?
Dass sie nicht mehr verwendet werden dürfen, finde ich super. Das gehört sich auch so. Es geht ja prinzipiell um den Menschen – er ist das Ende der Nahrungskette. Wir essen das alles, wir essen im Endeffekt Gift. Egal wie gut die Verfallswerte sind, es bleibt immer etwas davon in unserer Nahrung zurück.
Durch das EU-weite Verbot wird sich erst einmal hoffentlich der Bienenbestand erholen, da eine Belastung wegfällt. Temperatur und Parasiten wie die Varroamilbe sind Belastungen, die uns weiterhin beschäftigen, aber gegen die Chemie ist die Biene eben gar nicht gewappnet. In Italien wurden die Neonicotinoide bereits vor ein paar Jahren verboten, weil man das Bienensterben bemerkt hat. Dort hat man seit damals eine enorme Erholung des Bienenbestandes beobachten können.
Ich denke allerdings, das ist nur eine Atempause. Die Konzerne, die diese Chemikalien herstellen, haben sicher schon etwas in petto, das ist sicher auch nicht erfreulich. Wir werden wieder zwanzig Jahre brauchen, bis wir nachgewiesen haben, wie giftig das ist und es in dieser Zeit essen. Und dann wird es wieder zwanzig Jahre brauchen, um das neue Gift zu verbieten.
Was bringt die Zukunft für die Imker sonst?
Das wird sich zeigen. Wir starten gerade mit einem neuen Projekt, das jedem Menschen die Möglichkeit gibt, Hobbyimker zu werden. Wir werden unter dem Titel „Schau mein Bio“ Bienenstöcke an Menschen vermieten, die sich mehr mit ihrer Nahrung beschäftigen wollen. Besonders interessant wird daran sein, dass man seine Bienen durch eine Webcam im Internet beobachten kann – zu jeder Zeit. Aber dazu mehr gegen Ende August, wenn die Initiative gestartet ist.
BIORAMA Lesersafari
Am Freitag, 23. August haben BIORAMA-Leser die Möglichkeit, die Bienen und Bienenstöcke auf dem Dach des Konzerthauses zu besuchen.
Treffpunkt: pünktlich um 16.00 Uhr beim Eingang des Konzerthauses
Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten: stoegmueller(at)biorama.eu