Aus Wasser wird Wasser

Die Idee ist nicht neu, sie basiert auf Freiwilligkeit und betrifft, so wie einer der Gründer sagt, „nur eine Zeile in der Speisekarte“. Und doch, sie erhitzt die Gemüter und lässt die Wogen am Kaffeehaustisch hochgehen. Die Initiative „Besseres Wasser“ hat ihr Konzept „Wasserspende“ aus der Schweiz übernommen. Nun kann in ausgewählten Gastrobetrieben, mit der Konsumation von Leitungswasser Gutes getan werden. Fifty-Fifty ist die Bedingung. So gehen 50 Prozent an den Gastronom und 50 Prozent an Wasserschutzprojekte. Momentan wird der Bau eines Brunnens in Sierra Leone unterstützt. BIORAMA hat sich mit den Gründern, Herbert Rohrmair und Karl-Eric Pumper, auf ein Glas Leitungswasser getroffen.

 

BIORAMA: Ihre Initiative hat die Idee übernommen, bisher gratis ausgeschenktes Leitungswasser für einen gemeinnützigen Zweck zu verkaufen. Warum?

Herbert Rohrmair: Es geht darum, das leidige Thema Leitungswasser in der Gastronomie aufzugreifen und dem einen positiven Dreh zu geben.

Karl-Eric Pumper: Auf der einen Seite kann man spenden. Auf der anderen Wasser mit gutem Gewissen konsumieren. Man kommt von dem Schnorrerimage weg und die Leistung des Kellners wird honoriert.

Wie viel kostet ein Glas Wasser?

Rohrmair: Ein halber Liter kostet einen Euro und ein Liter zwei Euro.

Warum haben Sie sich nicht dafür entschieden, 100 Prozent der Einnahmen zu spenden?

Rohrmair: Es könnte sonst der Verdacht entstehen, der Wirt steckt sich was ein. Dazu kommt, dass wir den Wert des Wassers und die Leistung des Gastronomen sehen. Ich hätte kein gutes Gefühl, wenn der Wirt mit uns redet, für uns wirbt, am Monatsende das Spendengeld zusammen zählt und nichts dafür bekommt.

Das Konzept basiert auf dem Vertrauen in die Gastwirte?

Rohrmair: Grundsätzlich können wir sie nicht kontrollieren. Es gibt einen Vertrag mit dem Gastronom. Hält er sich nicht daran, ist er draußen. Außerdem muss das Wasser auf der Rechnung stehen, so kann der Konsument den Gastronom kontrollieren.

Pumper: Er kann immer was unterschlagen werden, hier ist es Unterschlagung von Spendengeldern und das weiß der Gastronom.

Sie appellieren an das soziale Gewissen der Leute. Gleichzeitig geht die Hälfte der Leitungswassereinnahmen an den Wirt. Der hat durch die Beteiligung an dem Projekt einen positiven Werbeeffekt. Er verkauft sich als grün und sozial. Der Wirt gewinnt somit doppelt.

Pumper: Er ist ja auch unser Partner, ohne ihn geht es nicht. Jeder Dienstleistungsvorgang kostet Geld.

Rohrmair: Außerdem haben wir den Preis ganz unten angesetzt und die Kosten, die der Gastronom hat, decken sich mit dem einen Euro nicht.

Was halten Sie von der Kritik, dass Ihr Projekt eine Umstellungsphase für das Aus an gratis Leitungswasser sei?

Pumper: Wenn das passiert, haben wir was falsch gemacht. Es ist kein Projekt von Gastronomen, sondern von Menschen, die in der Dritten Welt waren und helfen wollen. Es ist eine gute Sache und das Geld fließt eins zu eins ins Projekt. Ganz transparent.

Transparenz ist ein gutes Stichwort. Wie wollen Sie die gewähren?

Rohrmair: Auf der Homepage sind die Spendenbeträge und die Unterstützer aufgelistet. Es werden alle Informationen über Social-Media-Kanäle verbreitet. Der zweite Punkt ist, dass wir den Leuten die Möglichkeit bieten mitzuarbeiten. Es gibt den „Donation Call“. Hat jemand eine Idee für ein Projekt, kann er sich an uns wenden.

Sie produzieren Aufsteller, Etiketten, machen Werbung und Presseaussendungen. Wer bezahlt das?

Rohrmair: Unsere Partner sind alle aus meinem persönlichen Umfeld. Die haben die Tischaufsteller, Etiketten, Fotos und die Pressekonferenz bezahlt. Die Druckerei hat uns einen Spezialpreis gemacht. Wir bauen keine Strukturen auf und wir machen auch kein Büro in Sierra Leone. Wir bekommen einen Kostenvoranschlag für einen Brunnen und den finanzieren wir.

Der Gastronom hat die Kosten die er durch die gratis Leitungswasserabgabe hat, in andere Produkte eingepreist, um keine Verluste zu machen. Jetzt verdient er bei der Ausgabe von Leitungswasser.

Rohrmair: Ja. Wenn der Gastronom allerdings für das Wasser Geld verlangt, dann kann er ehrlich kalkulieren. Der Gast bestimmt mit, ob er es ehrlich haben will oder nicht.

Dem Konsumenten steht es frei, ob er gratis Leitungswasser konsumiert, oder sich dem Projekt anschließt?

Pumper: Genau.

Als Konsument entsteht für mich ein sozialer Druck. Ich habe die Wahl, zu spenden oder als Schnorrer dazustehen. So fühl ich mich verpflichtet etwas Gutes zu tun, obwohl ich das vielleicht gar nicht will.

Rohrmair: Wenn man sich diese Frage stellt, dann hat man ein schlechtes Gewissen. Wenn man trotzdem gratis konsumiert, dann ist man ein Schnorrer. Wenn er meint, es ist in Ordnung, gratis zu konsumieren, dann ist es in Ordnung. Da ist kein sozialer Druck.

Sie sehen keine Imagebildung, die sich durch die Konsumation des „besseren Wassers“ ergibt?

Rohrmair: Natürlich entsteht eine Marke, die eine Orientierungsfunktion hat. Man schmückt sich mit dem ökologischen Aspekt, transportiert die Idee und zeigt: Ich tue Gutes. Man gibt ein Statement ab.

Wie erklären Sie sich die großteils negative Resonanz?

Pumper: Falschinformation.

Rohrmair: Es gab im Vorfeld keine Information über Preise oder Presseaussendungen und trotzdem gab es heute Titelmeldungen über das Projekt.

Pumper: In der Kronen Zeitung steht, dass jeder zahlen muss. Stimmt nicht. Es geht auch nicht um das Glas Wasser zum Kaffee. Es ist ein kontroverses Thema. Wasser ist essenziell, es rinnt aus der Leitung und jetzt soll man auf einmal etwas zahlen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?

Rohrmair: Je konservativer die Leute, desto größer die Ablehnung. So trauen sich bestimmte Lokale nicht mitzumachen – wie das Café Landtmann sich auf Grund des Klientels nicht traut. Denn eigentlich könnten sich alle, die im Landtmann konsumieren, die Spende leisten. Das finde ich sehr spannend.

www.wasserspende.at

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