Benutzen statt Besitzen. Lease a Jeans.

Bild: Bert Van Son - Mud Jeans

Bert Van Son
Bild: Lease a Jeans by Mud Jeans

 

Vom Besitz zum Gebrauch – Leasen, Zurückgeben und Wiederverwerten statt Wegwerfen, Verschwenden und Vergessen. Mit dem Ziel des Wandels unserer Wirtschaft zu einem zirkulären System setzt Mud Jeans auf ein revolutionäres Konzept: Lease a Jeans. Der Konsument least und gibt seine Jeans zum Recycling zurück, anstatt sie zu kaufen und irgendwann zu entsorgen. Über die innovative und von der Circle Economy Challenge ausgezeichnete Idee sprach BIORAMA im Interview mit dem Geschäftsführer von Mud Jeans, Bert van Son und mit Fleur Embrechts von Circle Economy Challenge.

 

BIORAMA: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dass jemand einen nicht allzu teuren Gebrauchsgegenstand leasen möchte?

Bert Van Son: Wir versuchen mit Mud Jeans, das zirkuläre Kreislaufmodell aufzubauen, in dem wir Rohstoffe wiederverwerten können. Es muss einen Anreiz für die Kunden geben, die Ware wieder zurückzugeben. Dafür ist das Leasingkonzept mit dem Pfand geschaffen worden.

Ob das Konzept funktioniert werden wir sehen, wir haben erst im Jänner damit begonnen und wir waren das erste Unternehmen, das so ein System ausprobiert. In Holland gefällt den Menschen die Idee von Rückgabe und Wiederverwertung, zwei Unternehmen haben auch schon ein ähnliches Konzept implementiert. Es ist schön, dass sich das System verbreitet.

 

Wie viele Jeans-Leaser gibt es bereits und welches Ziel haben Sie?

Bert Van Son: Bisher noch weniger als 1000. Wir sind keine große Marke, für uns ist das ein Erfolg. Wir hoffen natürlich jetzt auf den deutschen und österreichischen Markt. Hier gibt es schon einige wenige Kunden, aber noch machen wir keinen Gewinn mit dem Leasing-Konzept. Ab ungefähr 10.000 geleasten Jeans wird das System rentabel. Um das zu erreichen suchen wir noch Läden in Deutschland und Österreich zum Beispiel, die unsere Jeans anbieten. Wir hoffen, bald mehr interessierte Partner zu finden. Es gibt bereits einige Geschäfte in Holland, die unsere Leasing-Jeans anbieten, auch in Deutschland haben wir schon Partner – vor allem in Deutschland und Österreich sind wir aber noch auf der Suche.

 

Von welchen Ländern aus können Konsumenten Jeans leasen?

Bert Van Son: Wir verschicken die Jeans europaweit. In Holland gibt es wie gesagt auch Läden, in denen man sie selbst anprobieren und vor Ort leasen und abholen kann, diese Verbreitung streben wir auch in anderen Ländern an.

 

Sind alle Jeans, die man leasen kann, auch fair und nach ökologischen Standards produziert?

Bert Van Son: Ja natürlich. Das ist die Grundidee dahinter. Deswegen wäre es ja auch so schade, wenn die gute Bio-Baumwolle weggeworfen wird. Das macht es noch interessanter, den Rohstoff zurückzubekommen und wieder zu verarbeiten.

 

Wie gut kann eine abgetragene Jeans recycelt werden?

Bert Van Son: Die Baumwolle wird wieder aufbereitet und verwendet. Man muss aber ca. 50 % Bio-Baumwolle wieder hinzufügen. Eine neue Jeans kann also aus ca. 50 % aus recycelter Baumwolle bestehen.

 

Es gibt derzeit nur wenige Modelle zu bestellen. Ist eine Erweiterung geplant und gibt es bald auch andere Waren außer Jeans zu leasen?

Bert Van Son: Es gibt schon sehr viel Nachfrage nach mehreren Modellen. Zum Beispiel ein reguläres Modell wird sicher bald dazukommen. Einen Blazer gibt es zum Beispiel auch schon. Die anderen Waren in unserem Shop kann man bisher nur zurückschicken, damit wir sie wiederverwenden, aber das Leasing-System ist für günstigere Produkte einfach zu teuer. Wir hoffen aber auch hier, uns noch erweitern zu können.

 

Die Idee eines Leasing-Systems für Jeans hat die Circle Economy Challenge gewonnen, die sich dem Wandel unseres Wirtschaftssystems in ein zirkuläres, also kreislauf-basiertes, verschrieben hat. Wodurch hat Mud Jeans die Circle Economy Challenge überzeugt?

Fleur Embrechts: Das Konzept unterstützt das Umdenken von Besitz zum Gebrach. Das ist nötig, um unsere Ressourcen sorgfältiger zu behandeln, denn so gehen die Unternehmen über zu einem System, in dem sie verantwortlich sind dafür, was mit ihren Produkten passiert, nachdem sie verkauft sind. Das ist ein langfristigerer Ansatz und motiviert Unternehmen dazu, qualitativ hochwertige Ware zu produzieren, die repariert oder wiederverwertet wird und so ewig einen Nutzen für den Verbraucher oder eben Ge-braucher hat.

 

Wie sehen Sie die Zukunft unseres Wirtschaftssystems – wird es sich zu einem zirkulär funktionierenden wandeln?

Bert Van Son: Ich glaube daran. Es ist natürlich schwierig, weil es ein komplettes Umdenken der Menschen verlangt, aber es gibt schon viele neue Geschäftsmodelle in dieser Richtung. In Holland ist zum Beispiel Turntoo sehr bekannt, ein Modell, das auch für mehr Nutzung statt Besitz und Verschwendung arbeitet. Man muss vom Besitz zum Gebrauch kommen, dann kann man darauf aufbauen. Wenn die Leute nicht mehr alles besitzen wollen, sondern nur Dinge benutzen, die sie brauchen und sie dann wieder einem Wiederverwertungssystem zuführen, ist ein großer Sprung gemacht.

Fleur Embrechts: Um uns von einem konsum- zu einem beitragsgetriebenen System zu entwickeln sind Reziprozität und Vernetzung notwendig. Die Wirtschaft wird sich hier der Natur anpassen müssen, wenn sie modernisieren will – Abfall muss wieder in einen Zyklus einfließen, der etwas qualitativ Hochwertiges produziert. Erst wenn wir es schaffen, den gesamten Abfall einem neuen Nutzen zuzuführen, werden wir bei einer zirkulären Ökonomie angekommen sein.

Damit das passiert, müssen die Konsumenten auch wirklich für alles bezahlen, was an Kosten für ein Produkt anfällt, das inkludiert Kosten für Verschmutzung, Abfall etc. Dazu braucht es neue Regelungen und Gesetze von Regierungen.

 

Wo gibt es die größten Barrieren bei dieser Transformation?

Fleur Embrechts: Wir befinden uns in einer sehr frühen Phase dieser Veränderung. Einige Vorreiter haben bereits umgedacht, fungieren als Inspiration für andere und sind Beispiele für den Wandel. Doch es wird noch viel zu viel Schaden angerichtet und wir haben nicht die Zeit, auf das Umdenken der Regierungen, großen Konzerne und letztlich der gesamten Bevölkerung zu warten. Wir bräuchten auch radikale Veränderungen, die sofort passieren.

 

Wie lange wird es Ihrer Meinung nach noch dauern, bis der Wandel geschafft ist?

Bert Van Son Ich weiß nicht wie lang das noch dauern wird, ich würde hoffen nächstes Jahr! Aber vielleicht sind fünf Jahre realistisch, bis ein Umdenken geschafft ist.

Fleur Embrechts: Wir brauchen noch viel mehr proaktive Regierungen, innovative Unternehmen und mutige Bürger, die Initiativen ergreifen und langsam, stückweise das System verändern. Ohne sie hängen wir bei unserem derzeitigen System fest. Ich denke, so etwas dauert nicht fünf oder zehn Jahre sondern eher eine Zeitspanne einer ganzen Generation. Wir sind schon mitten in der Transformation, einige Unternehmen ändern ihre Geschäftsmodelle und denken mehr zirkulär und ich hoffe, da passiert noch viel. Wir leben in einer aufregenden, revolutionären Zeit!

 

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