Arganöl: Marokkanisches Gold
Vor allem in der Kosmetikindustrie ist das Öl des Arganbaums beliebter denn je. Aber was genau ist das eigentlich?
Bis Ende der 90er Jahre war Arganöl in Europa noch ein ziemlich unbekanntes Produkt. Erst Anfang der 2000er schwappte die Welle des gelben Goldes aus Marokko Schritt für Schritt über das Mittelmeer und verbreitete sich immer mehr. Inzwischen findet man die Bezeichnung auf jeder Menge Kosmetikprodukte und auch immer mehr Lebensmitteln.
Das Öl des Arganbaums stammt meistens aus Marokko. Alle 2 Jahre bildet der Arganbaum seine Früchte. Ähnlich einer Pflaume, nur in gelb werden die Früchte zwischen Juli und September geerntet. Das Fruchtfleisch ist für den Menschen ungenießbar und wird daher als Viehfutter verwendet. Für die Produktion ist nur die Argannuss von Interesse. Das Fruchtfleisch wird entfernt bis die Argannuss freiliegt. Diese wird dann mit Steinschlägen zerkleinert, bis man an die „Mandeln“ herankommt. Diese Mandeln werden dann mit einer Steinmühle gemahlen. Dabei wird das kostbare Arganöl aufgefangen. Der Zeitaufwand ist immens: für rund 1 Liter Öl werden insgesamt acht Stunden Arbeitszeit benötigt, denn die Arbeitsschritte finden in Handarbeit statt, häufig in Frauenkooperativen.
Öl schafft Einkommen
Die ersten marokkanischen Frauenkooperativen entstanden Anfang der 90er Jahre. Vielerorts haben diese Kooperativen zu einer deutlichen Verbesserung der Situation der Frauen und ihrer Familien beigetragen. Die Frauen haben Arbeit, erwirtschaften Geld und tragen etwas zum Familienhaushalt bei. Zusätzlich erhalten Sie vielfach die Möglichkeit, Kurse zu besuchen um Schreiben und Lesen zu lernen. Trotz der herrschenden Schulpflicht sind immer noch über 30 % der Einwohner Marokkos Analphabeten.
Einer, der tatkräftig daran mitwirkt, das nordafrikanische Öl in Europa bekannt zu machen, ist André Kruse aus Hamburg. Mit seiner Firma Arganöl Zauber vermarktet er das Öl. „Ich habe Arganöl schon als Kind kennengelernt. Damals hatte ich Probleme mit Neurodermitis und Arganöl hat dagegen langfristig geholfen.“ Daraus entstand eine Geschäftsidee. Heute beliefert Kruse hauptsächlich private Konsumenten, die in der Küche Arganöl einsetzen, aber auch Menschen mit Haut- oder Haarproblemen. „Meine älteste Kundin war 102 Jahre alt und hat per Telefon Arganöl für ihre Haut bestellt mit der Bitte, die Kontodaten auf der Rechnung extragroß darzustellen, da sie nicht mehr so gut lesen kann“ erzählt Kruse.
Durch den Verkauf von Arganöl ist in ländlichen Gegenden Marokkos eine Einkommensquelle entstanden, die auch den Bau von Brunnen für Trinkwasser und Straßen für die Infrastruktur ermöglicht. Und auch kulturell hat der Arganöl-Boom seine Wirkung: wo sonst Abwanderung die einzige Option war, bleibt Dorfleben erhalten, die Menschen haben Jobs und müssen nicht in die Großstadt ziehen um in der Fremde ihr Geld zu verdienen.
2000 Tonnen jährlich
Was sich so naheliegend anhört, war am Anfang mit Startschwierigkeiten verbunden: es fehlte schlichtweg der Absatzmarkt für das bis dato unbekannte Produkt. Dies hat sich mittlerweile aber stark gewandelt: aufgrund der weltweiten hohen Nachfrage ist geplant die Produktion von Arganöl von aktuell 2.000 Tonnen im Jahr auf 4.000 Tonnen bis 2020 zu erhöhen. Das gelingt nur durch die schrittweise Industrialisierung der Produktion.
Das macht die Qualität des Öls keineswegs schlechter. Hierzu wurden bereits Studien – zum Teil sogar bezahlt von der EU – durchgeführt und veröffentlicht. Allerdings hat die semi-industrielle Herstellung den Nachteil, dass bei weitem nicht so viel Arbeit für die Frauen abfällt, was dazu führt, dass weniger Geld verdient wird und die Leute sich in Großstädten Arbeit suchen müssen. Ein Teufelskreis, dem es für viele Landbewohner zu entfliehen gilt.
Wächst in Marokko – sonst nirgends
Nun könnte man sich fragen wieso nicht andere Länder in Nordafrika und der Welt den Arganbaum anpflanzen, wenn das Arganöl so beliebt ist. Das besondere am Arganbaum ist seine Verbreitung: er wächst ausschließlich im Südwesten Marokkos, dem Gebiet der Arganeraie, das 1998 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden ist. Anbauversuche in anderen Ländern sind bislang gescheitert, eindeutige Erklärungen gibt es aus der Wissenschaft dazu nicht. Vermutungen legen nahe, dass der Arganbaum zum Wachsen und Tragen von Früchten extreme Klimabedingungen benötigt. Dies sind aber unbestätigte Theorien.
Grundsätzlich wird zwischen gerösteten und ungerösteten Arganöl unterschieden. Die geröstete Variante findet den größten Zuspruch in der Küche, für warme sowie kalte Speisen gleichermaßen. Es hat ein nussiges, aber angenehmes Aroma.
Die ungeröstete Variante findet zwar ebenfalls in der Küche, aber größtenteils in der Kosmetik Zuspruch. Entweder wird es als pures Öl auf Haut und Haaren aufgetragen, oder in Kosmetikprodukten wie Cremes oder Shampoos verarbeitet.
Ein Wundermittel ist Arganöl freilich nicht. Das weiß auch André Kruse von Arganöl Zauber. „Es gibt unzählig viele verschiedene Speise- und Kosmetiköle auf dem Markt. Welches für einen persönlich das Richtige ist, muss jeder selbst entscheiden. Aufgrund seiner Inhaltsstoffe hat Arganöl eine starke, antioxidative Wirkung und schützt und pflegt besser die Zellen von Haut und Haar als so manch anderes Öl.“