Apps gegen Unwissen? Eine Utopie mit Zukunft.
Im täglichen Einkaufsdschungel geht schnell einmal die Übersicht verloren. Zum Glück gibt es smarte Apps, die uns das Leben erleichtern. Ist da Palmfett drinnen? Na dann kauf ich das nicht! Kosmetika mit Tierversuchen? No way! Baumwolle aus konventionellem Anbau? Nicht mit mir. Ist es echt so einfach? Meistens nicht.
So einfach könnte es sein – man hat den vollkommenen Überblick über alles was in der Shoppingmall (abgesehen von der Shoppingmall selbst) schlecht und böse ist. Inmitten der schönen, bunten Sachen, die einem so entgegen leuchten, muss man aber zugeben, dass es weniger die Information sondern viel mehr die Willensstärke ist, mit der man dann zu kämpfen hat. Denn die ist es, die uns vom moralisch verwerflichen Konsum abhält.
Haben die Apps also einen Sinn? Diese Apps können höchstens dabei helfen. Denn eigentlich geht es um bewussten Konsum. Sie klopfen zwar immer wieder an beim Bewusstsein und sagen: „fahr mal schnell über den Barcode, schau mal, was du dir und der Natur mit diesem Produkt antust“. Aber tut man das dann auch? Will man ständig darauf aufmerksam gemacht werden, dass man sich im Supermarkt nur zwischen einer schlechten und einer noch schlechteren Welt entscheiden kann? Nein, das will man nicht. Daher verschließt man öfter mal die Augen. „Ignorance is bliss“ schrieb der englische Dichter Thomas Gray im 18. Jahrhundert – Unwissen ist eine Wonne.
Das Ignorieren von Information ist also manchmal wunderbar, auch mit diesen Apps wird das nicht verhindert. Die Apps geben dem bewusst lebenden Menschen nur einen Haufen Informationen. Wie vertrauenswürdig diese Quellen sind, hab ich ehrlich gesagt nicht nachgeprüft, stelle sie aber sicherheitshalber in Frage, weil: „Always question everything“. Das hat uns schon der gute Noam Chomsky mit auf den Weg gegeben.
Die Apps allein werden die Welt also nicht ändern, auch bewusster Konsum allein vermag das nicht. Beides aber sind gute und wichtige Schritte in die richtige Richtung. Das Angebot an weniger ausbeuterischen Produkten muss größer werden, das Angebot selbst muss kleiner werden, wer braucht schon den ganzen Mist? Der Konsument mit seiner Macht kann bestimmen, was in den Regalen landet. Durch die eigene Kaufentscheidung nimmt jeder täglich an einer Abstimmung teil.
Dieser demokratischen Macht muss man sich bewusst sein. Wer sie nutzt und mit seinem Einkauf sagt „ich kaufe kein Palmfett“ oder „ich kaufe überhaupt nichts!“, trägt ein bisschen dazu bei, den Markt zu verändern. Jede Stimme zählt – ein besserer Spruch wäre hier angebracht, damit die Politikverdrossenheit dieses Landes ab- und die Freude an der Demokratie wieder ein bisschen zunimmt – aber so ist es nun mal. Jede Stimme zählt. Da hilft die App nur bedingt.
Die Apps tragen zumindest dazu bei, das Wissen zu vergrößern. Dieses Wissen und ein gewisses moralisches Bewusstsein lassen es nur sehr schwer zu, die vielen Tatsachen zu verdrängen. Wer sich dann trotzdem der Wonne des Unwissens hingibt, steht am Schluss als Trottel da, denn er entscheidet sich bewusst für die Blindheit. Auch Thomas Gray wollte mit seiner Aussage ursprünglich etwas ganz anderes ausdrücken, der Einfachheit halber wird die zweite Hälfte des Satzes meist einfach weggelassen. Der ganze Satz lautete eigentlich: „Where ignorance is bliss, it is folly to be wise“ – wo Unwissen eine Wonne ist, ist Torheit weise.