Food-Blogs: Wer schreibt sie? Wer liest sie?

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Die Food-Bloggerin Alexandra Palla. Bild: Katharina Gossow

Über das Kochen, Essen oder den Umgang mit Nahrungsmitteln wird nicht mehr im stillen Kämmerlein philosophiert. Kreativ und wortgewandt präsentieren Food-Blogger aus den unterschiedlichsten Herkunftsdisziplinen ihre Zugänge zur Nahrung. Aber sind sie auch kritisch, bewusst und intelligent? Die Food-Bloggerin und Organisatorin des AMA Food-Blog-Awards, Alexandra Palla, dazu im Gespräch mit BIORAMA.

BIORAMA: Was macht eine gute Food-Bloggerin oder einen guten Food-Blogger aus und welchen Sinn hat es überhaupt, über so etwas Alltägliches wie das Essen zu schreiben?

Alexandra Palla: Guten Food-Blogs gelingt es, mit einer kreativen Kombination aus Text und Bild sehr authentische Speiseberichte zu verfassen, bei denen die persönliche Erfahrung eine sehr große Rolle spielt. Eine Rezeptgeschichte von einem leidenschaftlichen Blogger ist für viele Leser nachvollziehbarer, sie nennen Produkte beim Namen und berichten auch über die Hoppalas. Das macht sie zudem besonders glaubwürdig und macht Mut, es selbst auch zu probieren. Kochen kann zwar ein Beruf sein, ist aber auch eine Notwendigkeit und mehr als ein Hobby. Was und wie wir Essen ist Ausdruck unserer Erziehung, Kultur und Lebenseinstellung. Der immer einfachere Umgang mit neuen Medienkanälen wie Blogs, Facebook und Instagram vereinfacht es, sich darüber auszudrücken, Rezepte oder Zutaten sind übers Handy beim Einkauf abrufbar.

Konnten Sie in den letzten Jahren eine Professionalisierung beobachten, vielleicht sogar Konkurrenz unter den einzelnen Blogs, die sich teilweise mit hochqualitativen Fotos präsentieren, web-optimiert arbeiten und Werbung schalten?

Ja, die Blogs werden in der Qualität immer besser, Blog-Vorlagen und Blog-Themes immer breiter und einfacher zu benutzen. Die Bildqualität ist auch durch verbesserten Foto und Bildbearbeitungsmodus z.B. auf Smart Phones höher geworden. Vor drei Jahren haben wir den AMA Food-Blog Award ins Leben gerufen, da haben sich Food-Blogs das erste Mal auf einer Plattform versammelt und entdeckt, wie groß die Blogger-Familie eigentlich ist. Das hat die Szene sicher sehr belebt. Konkurrenz würde ich nicht sagen, Food-Bloggerkommen sehr gut miteinander aus, Essen verbindet eben! Daher ist der AMA Food-Blog Award durchaus ein Sprungbrett für manche Blogger-Karriere, aus einigen Shortlist-Kandidaten wurden erfolgreiche Fotografen, Stylisten und auch Kochbuchautoren wie die Newcomer ’13 mit ihrem Blog „Because you are hungry.

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Toni und Bene sind die Food-Blogger von „Because you’re hungry“.

Sie sind die Organisatorin des Agrarmarkt Austria (AMA) Food-Blog-Awards. Was ist die Motivation der AMA, Food-Blogs zu fördern?

Die AMA hat die Szene der Food- und Koch-Blogger früh erkannt und die Leidenschaft beobachtet, mit der Food-Blogs ihre kulinarischen Entdeckungen und Kreationen mit  einer wachsenden Fangemeinde teilen. Food-Blogs haben einen beachtlichen Anteil daran, dass der Trend zu gutem Essen und zu frischen, saisonalen und hochwertigen Zutaten ungebremst anhält.

Der AMA Food-Blog-Award ist die Art Dankeschön dafür zu sagen und dieses beherzte Engagement zu fördern. In diesem Jahr will die AMA die erfreuliche Entwicklung der österreichischen Food-Blog-Szene besonders würdigen und widmet ihr deshalb mit Food-Blog Austria eine eigene Kategorie.

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Bild: Food-Blog Award 2014, AMA

Eine neunköpfige Jury, darunter „Die Frühstückerinnen“ Barbara Haider und Dani Terbu, der Haubenkoch Thomas Dorfer, oder die Ernährungswissenschaftlerin Theres Rathmanner bewerten die besten Blogs und Rezepte nach fünf Kategorien. Was zeichnet diese Jury aus bzw. wie unabhängig kann sie agieren?

Die ehrenamtliche Jury setzt sich jedes Jahr aus neuen Experten und Expertinnen zusammen und wird so ausgesucht, dass aus jedem Bereich, der eine guten Food-Blog ausmacht, je eine Vertretung in der Jury sitzt: Sie bewerten die Auswahl der Zutaten, die Rezeptbeschreibung bzw. Kochanleitung, den Text, die Webfreundlichkeit, die Social-Media-Vernetzung bis hin zur Fotoqualität und zum Foodstyling. Drum haben wir heuer auch den Biolandwirt Martin Rohla, den Lebensmittelhandwerker Roman Thum, die erfolgreiche Kochbuchautorin Bernadette Wörndl und die Zeit-Journalistin Sigrid Neudecker zusätzlich zum Haubenkoch Thomas Dorfer, Slow-Food-Aktivistin Caroline Derler, die Blog-Natives Die Frühstückerinnen und Ernährungswissenschaftlerin Theres Rathmanner dabei! Sie alle bewerten unabhängig für sich, die Ergebnisse werden gesammelt und ausgewertet.

Sie sind selbst eine aktive Bloggerin mit ihrem Roughcutblog und kennen die Blogger-Community. Wie schätzen Sie die Zahl der Bloggerinnen und Blogger ein, die sich kritisch mit der Herkunft von Essen auseinandersetzt, mit bewusster Ernährung und globalen Zusammenhängen und denjenigen, die sich einfach auf die handwerkliche Zubereitung von Essen konzentriert?

Wir Österreicher und Österreicherinnen leben in einem vielfältigen Lebensmittelland und  können von Glück sprechen, so ein hervorragendes Angebot, sogar in Supermärkten zu haben. Wir genießen hier auf hohem Niveau und mit Hirn. Die Food-Blogs setzten sich dementsprechend kritisch mit Herkunft, Saisonalität und vor allem mit biologischen Lebensmitteln auseinander, das ist auch bei der jährlichen Bloggerkonferenz, die von unserem Jurymitglied Dani Terbu, alias Die Frühstückerin, organisiert wird, erlebbar. Aus diesem Grund wird heuer erstmals der Sonderpreis „Spürnase“ vergeben, der die beste Story über eine besondere Entdeckungen beim Lebensmittel-Einkauf auszeichnet.

Wie unabhängig sind Food-Blogger, die Beziehungen mit großen Lebensmittelmarken eingehen wie z.B. Bio-Eigenmarken großer Lebensmittelkonzerne wie Ja Natürlich oder Zurück zum Ursprung, und wie können diese Beziehungen seriös gestaltet werden?

Food-Blogger können sich die Freiheit nehmen, ungeniert auf ihrem eigenen Medium über Produkte und Marken zu äußern, das muss nicht automatisch verwerflich sein. PR-Agenturen, Marken und Firmen gehen daher gerne Kooperationen und Arrangements mit Bloggern ein, die diese als Markenbotschafter, Tester und Kommentatoren eingehen. Das läuft bei den Firmen unter dem Begriff Buzz-Marketing, die meist Backlinks zu ihren Portalen schaffen, damit diese von den Suchmaschinen höher gereiht werden. Jeder Blog muss selbst für sich entscheiden, ob ihm das was bringt. Einen allgemein gültigen Ehrencodex, z.B. die Kennzeichnung über eine Zusammenarbeit, gibt es noch nicht.

Und was liest die Expertin selbst? Welche internationalen Empfehlungen haben Sie für uns? 

Ich steh‘ auf Food Blogs, die eigenständig sind, auffallen und weiter denken wie z. B.  www.happyolks.com, einem englischsprachigen Blog mit Vollkornrezepten, kleinen Lebensphilosophien und von der Aufmachung her konsequent über die Schulter fotografiert. Aus Solidarität zu einer Bloggerin in Frankreich, möchte ich den Kultur und Lifestyle Blog www.leschroniquesculturelles.com nennen; Wegen einer negativen Lokalkritik wurde sie zu einer Geldstrafe verklagt und musste ihren Beitrag löschen. Und zu guter Letzt der Blog www.modernfarmer.com, weil urban farming gerade mein Lieblingsthema ist.

 

Interessierte Bloggerinnen und Blogger können ihren Food-Blog bis 31. Juli hier einreichen.

Ab 4. August kann man dann im vielfältigen Blogangebot schmöckern oder sich von den bisherigen Gewinnerinnen und Gewinnern des Food-Blog-Awards inspirieren lassen.

www.foodblogaward.at


 

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