Das Pommes-Dossier

Pommes sind in aller Munde! Hier gibt es kompaktes Wissen zu den frittierten Kartoffeln.

Eine Hand wirft vor einem schwarzen Hintergrund frittierte Pommes aus einem Frittierkorb in die Höhe.
Pommes frites haben unsere Gaumen erobert. Im Steakhouse wie auch als klare Nummer 1 der Schwimmbadkulinarik. Bild: Istock.com/Starikov.

In Deutschland sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch an Speisekartoffeln, während jener von Tiefkühl-Pommes frites steigt. In manchen Ländern haben es die frittierten Stifte zum nationalen signature dish geschafft, während sie in der gehobenen Gastronomie kaum zu finden sind. Ein kleines Portrait einer großen Erfindung. 

Aber wer hat’s erfunden?

Erster Versuch. Der große Larousse Gastronomique. Eine voluminöse Koch-Enzyklopädie und ein französisches Standardwerk der Kulinarik. Ein solides Nachschlagewerk mit über 1000 Seiten. Beginnend mit »Pomm« gibt es genau drei Einträge. Pommard (ein Wein aus der Burgund), Pommeau de Normandie (ein mit Calvados verfeinerter Apfelsaft) und Pomme de Pin Eine legendäre Taverne in Paris, in der man im 15. Jahrhundert Villon seinen Wein trank. Mittlerweile ist die Pomme de Pin Geschichte. Aber  Pommes frites? Fehlanzeige. Seltsam, denn in der Frage, wo die ersten Kartoffeln in Stifte geschnitten und frittiert wurden, erheben die Französinnen und Franzosen den Anspruch, vorne mit dabei gewesen zu sein. Dazu aber gleich mehr.  Zweiter Versuch. Helga Rebers Kulturgeschichte der Kartoffel. Sie heisst „Von den Anden in die Welt“ und erzählt nicht nur die Geschichte der Kartoffel und deren Sorten und Botanik, sondern listet unzählige Erdäpfel-Rezepte aus aller Welt auf. Von Focaccia Sarda, der italienischen Kartoffelpizza, über den bayerischen Erdäpfelkas hin zur Kartoffelwurst aus Litauen. Pommes frites sucht man in diesem umfassenden Archiv der Knollenrezepte vergeblich. 

Wichtige Pommes-frites-Daten

Alleine in Deutschland wurden im Jahr 2023 474.990 Tonnen Pommes frites produziert.
Die Produktionsmenge ging gegenüber 2022 zwar leicht zurück, aufgrund massiver Preissteigerungen beträgt der Produktionswert deut- scher Pommes frites im Jahr 2023 über 440 Mio Euro.

Beides ist eigenartig. Es wirkt fast, als würden die Fritten sowohl von der elitären Kulinarik als auch von der gastronomischen Kulturgeschichte ignoriert. Die Zahlen sprechen nämlich eine ganz andere Sprache. Alleine in Deutschland wurden 2023 367.000 Tonnen Pommes frites abgesetzt. Der tatsächliche Verbrauch bzw. Genuss ist noch höher, denn diese Zahl bezieht sich ausschließlich auf den Absatz von Tiefkühlware.  Ein Blick zurück zu den Wurzeln lohnt. Um die historische Urheberschaft streiten Frankreich und Belgien. Wobei im Moment common sense zu sein scheint, dass die BelgierInnen die Nase vorn haben. Aus französischer Sicht erzählt man die Geschichte so: Noch vor der Revolution hat man unter einer der ältesten Brücken von Paris Kartoffelstücke in Öl gebacken . Verkauft wurden die Brocken unter dem Namen Pommes Neuf. Eine Kombination aus pommes de terre frites (frittierte Kartoffeln) und Pont Neuf, dem Namen der Brücke. Diese Geschichte  treibt allerdings die BelgierInnen auf die Barrikaden, denn die haben ihre ganz eigene rund um die frittierten Kartoffeln. Sie erzählt von kleinen Städtchen namens Namur, Huy und Dinant an den Ufern des Flusses Maas im Süden Belgiens. Die Leute dort gingen der Fischerei nach und buken ihren Fang in Öl. Jedenfalls solange es einen Fang gab. Im Winter war der Fluss nicht gerade das, was man ein Füllhorn nennen könnte. Manchmal fror die Maas auch einfach zu. Die Fische wurden jedenfalls weniger, die Gerichte der Menschen karger. Aber es gab Kartoffeln. Lagerfähig bis weit in den Winter hinein. Die vifen SüdbelgierInnen schnitten Plättchen in Form kleiner Fische aus den Knollen und frittierten sie anstelle der echten Fische. Voilà, die Pommes frites waren erfunden. Ob es daran liegt, dass die Geschichte einfach sympathisch klingt oder daran, dass Belgien ein – nicht ganz unumstrittenes – Dokument vorweist, das auf das Jahr 1781 (also ein paar Jahre vor dem Sturm auf die Bastille) datiert ist, ist eigentlich egal. Die BelgierInnen haben sich mit ihrer Geschichte durchgesetzt. Sie haben die Pommes frites zum überregionalen Heiligtum erhoben, ein Nationalgericht (Moules et Frites) erfunden und das weltweit einzige Frittenmuseum eröffnet. Das Friet Museum in Brügge. Und – zugegeben – sie haben es auch ziemlich gut drauf, das Frittieren.

Die Hände einer Person beim Kartoffeln schälen.
Waschen. Bild: Istock.com/Eduardo1961.

Pommes du monde

In Frankreich und Belgien entwickelten sich die kulinarischen Traditionen rund um die frittierten Kartoffeln in verschiedene Richtungen. Während in Frankreich die Pommes de terres frites als Beilage zu Fleisch gesehen werden, haben sie es in Belgien zum eigenständigen Gericht gebracht. Entweder solo, mit Muscheln oder (manchmal auch ) mit viel Sauce. In Großbritannien hat man sie in eine unauflösliche Liaison mit dem Kabeljau gesteckt und als Fish & Chips zum nationalen Fastfood gemacht. In Deutschland gibt es eine Kombination von ähnlicher Tragweite. Eine Currywurst ohne Pommes frites ist praktisch unvorstellbar. Ebenso wenig ist in Amerika ein Burger ohne Pommes vorstellbar. Oder besser gesagt ohne »French fries«, wie die Stifte in den USA genannt werden. Während des Irak-Krieges, an dem sich Frankreich nicht nur nicht beteiligte, sondern im UN-Sicherheitsrat auch dagegen stimmte, kam es in Amerika zu antifranzösischen Ressentiments, denen auch der »French toast» und die »French fries« zum Opfer fielen. Die Pommes hießen in den Staaten für kurze Zeit »freedom fries«. Aber wie gesagt. Unsinn setzt sich in den seltensten Fällen wirklich durch. In Canada wurde ebenfalls ein Gericht auf Basis von Pommes frites zum identitätsstiftenden Streetfoodrenner: Poutine. Das Rezept ist denkbar einfach, Pommes auf einen Teller, zuerst grob geriebenen Cheddar drauf, dann braune Bratensauce. Fertig. Erfunden wurde Poutine im französischsprachigen Umland von Quebec.

Frietmuseum Brügge

Belgien beansprucht, der Ursprung der Pommes frites zu sein. Brügge hat ihnen ein eigenes Frietmuseum gewidmet. Durchschnittliche Dauer des Besuchs: immerhin 45 Minuten.
frietmuseum.be

Ein letzter Gedanke noch zur Sprache. In Deutschland (und leider auch in Österreich)  haben sich zwei Begriffe durchgesetzt, die sprachlich nicht ganz schmerzfrei über die Lippen gehen. »Pommes«, wobei das Wort entfrankophoniert ausgesprochen wird. Aus »Pomm« wurde PommES, aus frites Fritten. Sprache lebt. Gut, aber: Es wäre schön, wenn die Entwicklung, die sie dabei nimmt, eine ästhetisch anspruchsvolle ist. Pommes frites. Wie Pomm Fritz. Eigentlich ganz einfach.

Eine halbe Kartoffel vor rosa Hintergrund. Nach oben hin ist die restliche Hälfte in Scheiben geschnitten.
Schneiden. Bild: Istock.com/Yuanruli.

Der (Roh-) Stoff, aus dem die Träume sind

Ein Wort zum Fett. Den BelgierInnen wird  nachgesagt, dass sie zum Frittieren von Kartoffeln gerne Rinder- oder Pferdefett verwenden. Das möchten wir so jetzt nicht als 1:1-Tipp übernehmen und weitergeben, aber der Kern der Sache ist: fat matters. Genau genommen ist es das einzige Medium, mit dem die Kartoffelschnippel in Berührung kommen, also ist es nachvollziehbar, dass dem Fett eine große  Bedeutung zukommt. Und es gibt Pflanzenöle, die fürs Frittieren besonders gut geeignet sind und solche, mit denen man es besser sein lassen sollte. Der Unterschied liegt in Details wie dem Rauchpunkt oder dem Wassergehalt. Letzterer ist zum Beispiel essenziell für die Frage, wie sich das Fett bei hohen Temperaturen verhält. Butter enthält – im Vergleich – viel Wasser. Das führt bei höheren Temperaturen dazu, dass das Fett spritzt. Außerdem hat Butter einen niedrigen Rauchpunkt. Bei etwa 170 Grad fängt sie zu rauchen an. Butter ist also zum Frittieren denkbar ungeeignet. 
Ganz anders als Butterschmalz oder Rindertalg. Butterschmalz ist hoch erhitzbar, raucht und spritzt nicht und hat einen hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren. Zum Frittieren ist Butterschmalz ebenso gut geeignet wie raffiniertes Erdnuss- oder Rapsöl, Sonnenblumenöl oder Sesamöl. Letzteres gibt allerdings ein hohes Maß an Geschmack und Aroma an die Kartoffel ab. Nicht (oder nur eingeschränkt) geeignet sind Pflanzenöle mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren – wie etwa Lein- und Distelöl. 


In rohem Zustand haben Kartoffeln einen Fettgehalt von 0,1 %. Nach dem Frittieren sind es bei Chips fast 40 %, bei Pommes frites 13,2 %.


Wobei man beim Leinöl schon einmal eine Ausnahme machen könnte. Alleine deshalb, weil Leinöl und Kartoffel geschmacklich wie füreinander gemacht zu sein scheinen. Die Nachteile: es sind quasi Luxus-Pommes, weil das Öl recht teuer ist. Und es teilt einen Nachteil mit anderen Ölen mit hohem Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren: In der Fritteuse wird es dunkel und schmierig. Wenn man statt der Fritteuse einfach einen Topf nimmt, umgeht man das Problem, weil der Topf einfacher zur reinigen ist, als die Gitterkörbe und Heizstäbe der Fritteuse.

Kartoffelspalten in Wasser.
Föhnen. Fast. Bild: Istock.com/Svehlik.

Sorten, Formen und ein paar Zahlen.

Nun aber zum Kern der Sache. Zur Knolle. Welche Kartoffeln eignen sich zur Herstellung von Pommes frites? Die Frage gilt natürlich im Großen ebenso wie im Kleinen. Zu welchen Sorten greife ich im Bio- oder Supermarkt? Und welche sind Grundlage für die zigtausend Pommes-Tonnen, die in den Tiefkühlregalen landen? 
Gehen wir es Schritt für Schritt an und beginnen mit ein paar Zahlen. Weltweit werden etwa 375 Millionen Kartoffeln im Jahr geerntet. Das ist eine ganze Menge. Das meiste davon wird in China, Indien, Russland und der Ukraine produziert. In Deutschland werden immerhin noch 10,7 Millionen Tonnen hergestellt. Knapp die Hälfte davon geht in die Pommes-frites-Produktion. 150.000 Tonnen verspeisen die Deutschen selbst, den Rest (fast doppelt so viel) schicken sie ins Ausland. Aber welche Sorten sind es, die für die Produktion von Pommes oder Chips geeignet sind? Hier der Versuch einer Annäherung. 
Die gute Nachricht. Pommes lassen sich aus jeder Sorte machen. Wer es allerdings eine Spur knuspriger mag, greift am besten zu festkochenden oder vorwiegend festkochenden Sorten. Solche mit einem Stärkegehalt von 14–18 Prozent und einem Zuckergehalt von maximal 0,3 Prozent. Die Stärke sorgt dabei für eine gute Textur und hohe Ausbeute an knusprigen Fritten. Wäre der Zuckergehalt höher, die Pommes würden bitter und schmecken und schneller braun werden. Ein Blick in den Sortenspiegel verschafft Klarheit. Bintje, Marabel, Agria, Gala. Oder, wenn es eine Spur exotischer sein darf, Cheyenne (rotes Fleisch) oder Vitelotte (blau). Das sind in Deutschland bekannte und beliebte Sorten. In Österreich kommen noch die früh reifenden Sorten Adora und Romina, sowie die später reifenden Longinus und Diego dazu. 
Rein wissenschaftlich gesehen ist das Frittieren ein Entwässerungsprozess. Dehydration, um es auch wissenschaftlich zu benennen. Das Wasser, das in der Kartoffeln enthalten ist, geht in das Fett über. Das Fett wird von der Kartoffel bei diesem Prozess aufgenommen, und sie wird von innen her gegart. Die kleinen Poren an der Oberfläche schließen sich dabei. An der Oberfläche bildet sich die Kruste.

Pommes in einer Fritteuse.
Die Grundidee der Pommes frites ist frittierend einfach. Bild: Istock.com/Stivog.

Toxische Pommes?

Apropos Kruste. Da wäre noch der Vollständigkeit halber die Acrylamid-Verordnung der EU zu erwähnen. Im Frühjahr wurde sie als »Pommes-Verordnung« bekannt, und die Wogen gingen hoch. Jetzt schreibt uns die EU also auch noch vor, wie knusprig unsere Fritten sein dürfen. Im Detail. Gehen wir davon aus, dass uns die Bürokratie in Brüssel grundsätzlich nichts Böses will. Die besagte Verordnung hat ihren Ursprung in der Erkenntnis, dass sich bei Temperaturen ab 120 Grad Acrylamid bildet. Der Haken am Acrylamid ist, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit karzinogen, also krebsfördernd ist. Die österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) nennt auch keine exakten und zuverlässigen Schwellen- oder Grenzwerte. Sie meint nur, schon eine kleine Menge erhöht das Risiko. Und dass dieses Acrylamid bei 170 bis 180 Grad noch einmal ordentlich Gas gibt. Sprich sprunghaft ansteigt. Genau jene Temperaturen, bei denen unsere Fritten schön braun und knusprig werden. Betroffen sind aber nicht nur Pommes frites. Alle Lebensmittel, die Stärke enthalten (also auch Brot, Chips, Kekse, Zwieback oder gerösteter Kaffee. Alles scheinbar halb so wild. Aber bei den Pommes hört sich der Spaß auf. Also wurde die Verordnung (EU) 2017/2158 zur »Pommes-Verordnung« und sorgt seither für Empörung. Die »Minimierungsmaßnahmen«, wie es im spröden Amtsdeutsch heisst, sind eigentlich eher simpel. Erdäpfel sollen schonend gelagert werden (also nicht unter 6 Grad), Verwendung von Sorten mit geringem Zuckergehalt (eigentlich eh klar), in Wasser einlegen, abspülen. Tricky wird es bei den Hinweisen zum Frittieren. 175 Grad Maximum, Verwenden von Farbtabellen. Gastronominnen und Gastronomen rotieren seither. Bei dieser Temperatur sei weder Geschmack noch Farbe zu gewährleisten. Einige rotieren, andere ignorieren, viele tüfteln. Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt, BIORAMA wird berichten. Bis dahin: genießen und beim Frittieren einfach aufpassen. 

Das Grundrezept
Zuerst werden die Kartoffeln geschält und dann nach Belieben geschnitten. Belgisch (etwas pummeliger), lang und schlank, klassisch oder ganz rund.
Dann werden die Rohlinge gewässert. Der Sinn dahinter ist, die Stärke aus den Kartoffelschnittlingen zu waschen. Wichtig: danach die Fritten nicht auf ein Tuch oder saugfähiges Papier legen. Das stärkehaltige Wasser tropft ab, die Kartoffel saugt es wieder an und holt sich die Stärke zurück. 
Die Fritteuse vorheizen. Nicht zu heiss. Einfach dem Fett die Möglichkeit geben, behutsam auf Temperatur zu kommen.  Dann rauf auf 140–180°. Die meisten Fritteusen haben dafür keine Skala, sondern einfach ein Symbol. Den Frittierkorb bestücken. Das optimale Verhältnis von Fett : Frittiergut ist dabei 10 : 1.
Jetzt den Frittierkorb ins heisse Öl. Immer wieder gut durchschütteln. Nicht, dass die Fritten an den Gittern des Korbs festkleben. Das Pommes-Innere sollte gar sein. Dafür ist es notwendig, dass sie ein paar Minuten frittieren. Bei ganz klassisch geschnittenen Pommes (also ca. 6–7 Millimeter hoch und breit) sind es etwa 6 Minuten, bei schlankeren maximal 4. Die Länge ist dabei irrelevant.
Den Korb herausnehmen, die Pommes frites abtropfen und abkühlen lassen. Danach noch einmal frittieren. Eine Spur mehr Temperatur, eine Spur weniger lang. Die zwei Durchgänge sorgen dafür, dass die Stifte nicht zu schnell zu dunkel werden. Achtung. Pommes aus dem Tiefkühlregal haben den ersten Durchgang meist schon hinter sich und müssen nur noch einmal frittiert werden. Oder – was definitiv schonender und auch praktikabler ist – ein paar Minuten in den Airfryer. 

BIORAMA #91

Dieser Artikel ist im BIORAMA #91 erschienen

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