Alte Kiste: Das Mehrwegsystem des Adamah ist 20

Das Direktvermarktungssymbol Adamah-Gemüsekiste ist 20 – und bleibt Pionier: Demnächst sollen griechischen Bananen und Mehrwegweinflaschen das Sortiment ergänzen.

Seit 20 Jahren nun kursieren die Kisterln von Adamah zwischen Glinzendorf im Marchfeld, wo der Adamah Biohof steht, und Wien, wo sich der Großteil der KundInnen befindet. 8000 KundInnen sind es insgesamt, 20.000 Kisterln werden da wöchentlich verlangt: Ein Kisterl ist eine Mehrwegbox aus Kunststoff, klassischerweise war es gefüllt mit unverpacktem Gemüse vom Adamah Biohof. Inzwischen ist das Adamah-Gemüsekisterl berühmt und gleichzeitig nur mehr eines von vielen Kisterlvarianten und Produkten.  

Die Zoubeks der GründerInnengeneration, also Sigrid und Gerhard Zoubek, haben klein begonnen, mit der Übernahme und Umstellung auf Bio des Betriebs von Sigrid Zoubeks Eltern, das Gemüse zuerst auf dem Wiener Biomarkt auf der Freyung verkauft und früh, nämlich im Jahr 2000, begonnen, Gemüse als Abo anzubieten. Im ersten Jahr konnten pro Woche 40 Gemüsekisterl verkauft werden, 2020 hat Adamah 15 Millionen Euro umgesetzt. Abhängig von der Perspektive ist Adamah inzwischen ein Händler, der selbst sein größter Produzent ist. Oder er ist ein Bauernhof, der seine eigenen Produkte und die anderer vermarktet. Im Jahresschnitt stammt die Hälfte der Füllung der Kisten direkt von den 120 Hektar Anbaufläche des Produzenten Adamah, die andere Hälfte von Partnerbetrieben. 

Wer mit Adamah als Zulieferbetrieb zusammenarbeiten möchte, verhandelt seine Konditionen von den Abnahmeregelungen bis zu Preisen und Margen individuell. Bio ist alles, aber das Sortiment ändert sich laufend. Da ist von den Säften, Ölen, Getreideprodukten oder Pestos und natürlich dem Obst und Gemüse, die Adamah selbst produziert, bis hin zu Milchprodukten, Fisch, Fleisch und auch Obst und Gemüse, die von anderen Betrieben und auch anderen Händlern zugeliefert werden, alles für den Wocheneinkauf dabei. Der Schwerpunkt liegt auf regionalen Produkten, wobei regional hier bedeutet: in einem Umkreis von 300 Kilometern um Glinzendorf im Marchfeld hergestellt. »Für uns hier ist ein Vorarlberger Bergkäse nicht so regional wie Nüsse aus Ungarn«, betont Gudrun Hauser-Zoubek, die das Marketing des Familienbetriebs leitet. Eine der nächsten Stationen auf der steten Suche nach ökologischerer Lebensmittelversorgung wird die Mitberücksichtigung der Anlieferung durch die Partnerbetriebe in der CO2-Bilanz sein. Hier wird gerade mit der Universität für Bodenkultur nach einem Evaluierungsmodell gesucht, um Anpassungen auszuloten.

Umgekehrt bedeutet Regionalität für Adamah aber auch, nur KundInnen im Umkreis von 100 Kilometern zu beliefern. Regionalität ist aber nicht alles – abhängig von Produkt und Jahreszeit gibt es auch Importware wie Avocados und Bananen. Alles Schiffsware, so weit wie möglich Fairtrade-zertifiziert, doch den KonsumentInnen soll die Vielfalt des Supermarkts nicht abgehen. Die Bananen sollen versuchsweise demnächst aus Griechenland ins Kisterl kommen.

Portrait Gudrun Hauser-Zoubek

Gudrun Hauser-Zoubek leitet das Marketing des Familienbetriebs. Bild: Sandra Tauscher.

Mehr Mehrweg

Mit der Produktvielfalt im Sortiment sind auch die Verpackungen mehr geworden. Im Rahmen eines von der Verpackungskoordinierungsstelle VKS begleiteten Projekts konnte der Mehrweganteil der Produktpalette von 32 auf 50 Prozent erhöht werden. Vor allem die Verpackung der eigenen Produktion wurde adaptiert: Pergaminpapier statt Plastik für Gewürze oder Tees, Säfte in Mehrwegflaschen und künftig werden auch Marmeladen, Pestos, Aufstriche und Wein im Mehrweggebinde kommen. Derzeit wird eine Lösung zur Reinigung der Gläser organisiert. Wie weit ist der Anteil der Mehrwegverpackungen steigerbar? »Wir schaffen es derzeit nicht bei allen Produkten und mit allen LieferantInnen. Es ist bisher immer eine Entscheidung zwischen dem Wunsch nach Vielfalt im Angebot und dem nach Mehrweg. Wir werden künftig im Sortiment noch stärker berücksichtigen, ob Betriebe bereit sind, diesen Weg Richtung Mehrweg mit uns zu gehen oder nicht. Einwegglasgebinde etwa haben eine schlechtere Ökobilanz als Plastikflaschen, deswegen möchten wir unsere BioproduzentInnen überzeugen, auf nachhaltige Mehrweglösungen umzusteigen«, kündigt Hauser-Zoubek an. 

Auch hier steht bei Adamah räumliche Nähe im Vordergrund. Denn so unbeliebt Plastik zu Recht geworden ist, die CO2-Bilanz einer Verpackung ist nur bei ausgeklügelter Transportlogistik im Mehrwegsystem besser als mit Einweggebinden. Damit die unterschiedlichen Mehrweggefäße sich auch ihren Namen verdienen, müssen die KundInnen mitspielen. Gudrun Hauser-Zoubek ist zuversichtlich: »Im Moment kommen 80–90 Prozent der Gebinde auch wieder zu uns zurück.« Das liegt wohl auch am Abomodell, dass er möglichst, dass der Händler die leeren Gebinde wieder vor der Haustür der KundInnen abholt. An einer Software für automatische Gutschriften von Pfandflaschen und Kisten wird parallel gearbeitet. 

Transport wird erst durch die Masse klimaschonend

Adamah verfügt über eine eigene Transportlogistik, die Auslieferung erfolgt durch 21 Kühltransporter, die sich im Laufe der Woche nach Bezirken geclustert durch Wien arbeiten. Ausgenommen sind Schulen, Kindergärten und Büros, die auf Wunsch standortunabhängig am Montag beliefert werden. Für diese Nutzung gebe es noch keine in der Ökobilanz besser abschneidenden E-Kühl-Transporter, so Hauser-Zoubek. Man blicke gespannt auf die Marktentwicklung, da sei besonders Ehemann Christian Zoubek dahinter, den technischen Fortschritt mitzuverfolgen und die Möglichkeiten für den Umstieg auf E-Mobilität auszuloten. Fünf Prozent werden durch die FahrradbotInnen von Heavy Pedals zugestellt, eine Ausdehnung dieses Anteils wird angestrebt. Doch schon jetzt ist für durchschnittliche Adamah-KundInnen nur der Weg zu Fuß zum Bauernmarkt eine CO2-ärmere Art, Lebensmittel zu transportieren, als sie sich vom Adamah liefern zu lassen: Denn zwischen den einzelnen KundInnen liegen im Schnitt, die Anreise zwischen Glinzendorf miteingerechnet, 800 Transportmeter. 

Wer in diesen Markt einsteigt, muss ohne diese KundInnendichte kalkulieren. Gefragt, was sie LandwirtInnen rät, die nach einem Weg zur Direktvermarktung suchen, empfiehlt Hauser-Zoubek, mit einer Website zu starten und den Schritt zwischen Website und eigenem Webshop nicht zu unterschätzen, denn die Investitionskosten und der Wartungsaufwand könnten schnell erheblich werden. »Da bieten die Plattformen, die es gibt, wohl derzeit den einfacheren Einstieg. Das Wichtigste ist, einmal in der eigenen Region bekannt zu werden, dabei sind gut überlegte Kooperationen natürlich auch sehr wichtig.« 

Gruppenbild Adamah
Die Gemüsekisten des Familienbetriebs Adamah gibt es bereits seit 20 Jahren, gegründet wurde das Gemüseabo von Sigrid und Gerhard Zoubek. Bild: Adamah/Wolfgang Lehner.

2020 gab es bei Adamah eine so Nachfrage, dass Leihpersonal eingestellt wurde und der Gründer, Gerhard Zoubek, wieder selbst Bio-Kistln ausgefahren hat. Zum Artikel geht es hier.

VERWANDTE ARTIKEL