Wie cool ist das Elektroauto?

iStock_000038469072_Large

E-Zapfsäule

Aktuell sind in Österreich 16 E-Car-Modelle von 12 verschiedenen Herstellern erhältlich. Ist aber das Stromfahren als neuer Trend schon in den Köpfen der Autofahrer angekommen?

E-Mobility ist ein Zukunftsthema, schon seit es Autos gibt. Nach und nach wird das Ganze inzwischen auch flächendeckend zur Realität. Wir wollten wissen, was dem ganz großen Durchbruch der Elektroautos noch im Weg steht. Wer sollte sich damit besser auskennen als jemand, der im Ruf steht, zur Autolobby zu gehören? Und deshalb haben wir uns an den Allgemeinen Deutschen Automobilclub gewandt. ADAC-Sprecher Christian Buric hat unsere Fragen beantwortet.

BIORAMA: Dass die Elektromobilität im Kommen ist, das liest und hört man schon seit Jahrzehnten. Wieso sollte man glauben, dass gerade jetzt ein ganz wichtiger Technologie-Sprung bevorsteht? 

BURIC: Ich sehe keinen Technologie-Sprung, zumindest noch nicht auf der Straße. Batterien könnten in der Zukunft günstiger werden, aber dass jetzt jedes E-Auto rein elektrisch 350 km weit fahren kann – das wäre für mich ein Sprung –, davon sehe ich noch nichts.

Was ist es, das der E-Mobilität zu einem wirklichen Durchbruch noch fehlt? 

Neulich habe ich in der Trambahn zwei Jugendliche belauscht. Sie sprachen über Handy-Displays und ich habe davon nicht wirklich viel verstanden. Dann sprachen sie von einem Tesla Model S. Es stand neben der Tram. Der eine Bub, etwa zehn Jahre alt, sagte: »So ein geiles Auto, aber eigentlich blöd, dass es ein Elektroauto ist«. Er nannte keinen Grund für seine Meinung. Ich will damit sagen: Solange es bei der jungen Zielgruppe nicht cool ist, lautlos und ohne Abgase mit einem Sportauto herumzufahren, ist das Thema immer noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Marketing zieht da nicht. Es erreicht eine Gruppe von Enthusiasten oder Umweltbewussten, die sich das leisten können. Diese Gruppe ist, gerade in der Metropolen der Welt, nicht unbedingt klein – aber es ist eben nicht die Masse. Es sind immer noch die Early Adopter. Es sind Innovatoren, die aber, wie ich selber gehört habe, nicht jeder toll findet. Neben dem Marketing, das alle Schichten erreichen muss, ist ein weiterer Grund der Preis. E-Autos sind immer noch zu teuer. Und: Das alte Lied der Reichweite. Für die Stadt sind E-Autos ideal, aber eben nicht für weite Strecken. Es gibt Ausnahmen, aber die sind preislich eben nicht auf Normalniveau.

E-Autos fehlt also der »Must Have«-Status. Wie kommt das? Setzen die Hersteller nicht genug auf Elektro im Marketing? 

Genau. Das Marketing muss alle Schichten erreichen. Das können die Hersteller vielleicht gar nicht allein. Es geht auch um Erziehung, besser gesagt um Umwelt- und Ressourcenerziehung. Erdöl ist endlich. An diese Tatsache haben wir uns immer noch nicht gewöhnt. Wenn dann der Kraftstoffpreis für einige Wochen sinkt, rasten einige Zeitgenossen total aus und meinen in den 60er Jahren zu sein. Und: Wir alle vergessen dann mal schnell, dass neue Zeiten angebrochen sind.

Trotzdem scheint es einigen Herstellern besser zu gelingen, ihre Elektroantriebe zu vermarkten, als anderen. Kann man eigentlich sagen, welcher Hersteller dabei die Nase vorn hat, entwickeln alle in unterschiedliche Richtungen oder im selben Tempo? 

Das müssen Sie die Hersteller fragen. Einige agieren wie in einer Blackbox, andere sind vielleicht mehr vernetzt. Eines ist klar: Tesla Motors ist sicher ein Elektro-Pionier, der weit voran ist. Aber auch BMW ist mit seinem i3 entwicklungstechnisch sehr weit gekommen. Die Franzosen setzten sowieso schon länger auf Elektromobilität. Toyota geht ja in Richtung Brennstoffzelle. Im Bereich Hybrid-Autos waren die Japaner die Pioniere und haben auch die ersten Fahrzeuge als Massenprodukt auf die Straße gebracht.

Die Hybrid-Technik sei eigentlich Quatsch, heißt es, zwar eine nette Zwischentechnologie für die Hersteller, aber eigentlich ökonomisch und ökologisch unsinnig. Wie lange werden uns noch Hybrid-Fahrzeuge angeboten werden?

Den ADAC interessiert vor allem die Situation auf der Straße. Wie lange noch Hybride angeboten werden, sollten Sie dann eher die Zukunftsforscher oder Unternehmensberater fragen. Fest steht, dass Hybridfahrzeuge eine Brückentechnologie darstellen. Diese »Brücke« kann aber noch sehr lange bestehen, wenn man daran denkt, dass hier verschiedenste Kombinationen von Antrieben und Kraftstoffen möglich sind und auch gerade ausprobiert werden. Es lohnt sich auf jeden Fall, diesen Weg weiterzugehen. Ein Pluralismus der Antriebe ist auf jeden Fall sinnvoll, sowohl für die Forschung als auch für die Umwelt.

Ist es eigentlich sinnvoll, dass Hersteller wie BMW und Tesla ausgerechnet mit Sportwagen und Luxusautos die Marktreife von Elektroautos testen? Wäre nicht Massenware viel wichtiger?  

Beide Hersteller arbeiten sicher auch an günstigeren Autos. Die Frage ist nur, ob sie das umsetzen können. Die betriebswirtschaftlichen Zwänge sind vielfältig.

Christian Buric

Bild: Christian Buric, ADAC

Hier kommt in vielen Ländern die Politik ins Spiel. Da gibt es Mautbefreiungen, die Freigabe von Busspuren oder langjährige Steuervorteile beim Kauf von Elektroautos. Norwegen hat so zum Beispiel einen E-Anteil von knapp 20 Prozent erreicht. In Deutschland funktioniert das noch nicht wirklich gut. Woran liegt’s? 

In Norwegen gibt es eine extreme Förderung. In Deutschland gibt es die in dieser Art nicht. Der ADAC ist bis dato nicht der Meinung, dass es Kaufanreize geben sollte. Wichtig ist mehr Forschungsförderung und koordinierte Forschung. Auch andere Maßnahmen einer positiven Diskriminierung – also Dinge, die Sie in Ihrer Frage angerissen haben – können im angemessenen Rahmen Sinn machen. Förderung trägt in sich schon die Philosophie der Begrenzung. Das heißt: Förderung dauert nicht ewig. Letztendlich müssen die Autos einfach so gut und bezahlbar sein, dass der Verbraucher überzeugt ist.

Eher das Angebot als die Nachfrage auf dem Markt der Elektroautos staatlich zu unterstützen, würde vermutlich wenig daran ändern, dass die Hersteller an Verbrennungsmotoren aktuell noch weitaus mehr verdienen als an elektrischen Antrieben. Sind Kaufanreize für Elektroautos daher nicht ein geeignetes Mittel, ihren Marktanteil zu erhöhen? 

Der Markt sollte entscheiden, ich meine den freien Markt. Der ADAC ist gegen einen direkten Kaufanreiz.

Was ist ihre persönliche Haltung als Freund des Autos: Glauben sie, dass Elektroautos irgendwann einmal dieselbe wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung erlangen werden wie sie Autos mit Verbrennungsmotoren über Jahrzehnte hatten? 

Ich persönlich glaube, dass der Königsweg noch nicht gefunden ist. Es kann durchaus sein, dass das Auto der Zukunft, das sich durchsetzt, kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung gewinnen wird. Das kann, muss aber nicht das E-Auto sein. Insgesamt geht es aber nicht ums Auto, sondern um die Mobilität. Diese wird modular sein: Das heißt, ich nehme einen sparsamen, umweltfreundlichen Verbrenner für lange Strecken, bediene mich bei Carsharing-Anbietern oder miete ein E-Auto oder E-Bike für die Stadt und Umgebung. Auch öffentliche Verkehrsmittel haben ihren Part in diesem Mix. Es kommt auf eine intelligente Mobilitätsmischung an. Der individuelle Verkehr mit eigenem Auto bleibt, aber er wird ergänzt durch den Mix. Daher glaube ich persönlich, dass das Auto, welchen Antrieb es auch immer haben mag, wichtig bleibt, aber wahrscheinlich wird es nicht mehr so einen Kult um das Auto geben, wie dies in der Vergangenheit war. Andere Dinge werden der Jugend dagegen immer wichtiger.

 

VERWANDTE ARTIKEL