Was wächst denn da am Acker?
So erkennen wir die wichtigsten Kulturarten (ganz ohne App).
Auch wenn es um die Biodiversität schlecht bestellt ist und gerade im Ackerland auch einstige Allerweltsarten wie der Feldhamster oder das Rebhuhn bedroht sind: Die Vielfalt auf den Äckern hat in den vergangenen Jahren wieder zugenommen; zumindest wenn es darum geht, was darauf angebaut wird. Das liegt – auch – am Erfolg der Biolandwirtschaft. Allein dass Bio keinen Einsatz von Kunstdünger und synthetischen Pestiziden zulässt, führt dazu, dass in der Ökolandwirtschaft der Boden mit natürlichen Mitteln verbessert werden muss. Mit Leguminosen, die Stickstoff im Boden binden beispielsweise. Oder dass Beikräuter, die in der konventionellen Intensivbewirtschaftung einfach mit Gift weggespritzt werden können, mit Zwischenkulturen unterdrückt werden. Diese verhindern eine Zeit lang, dass sich unerwünschten Mitbewerber um Wasser und Nährstoffe flächendeckend ausbreiten. Allein diese Notwendigkeiten des Biolandbaus haben uns eine Vielzahl bis vor wenigen Jahren bei uns unbekannter Kulturpflanzen beschert. Und dazu geführt, dass die graubraune Ödnis, die in Ackerbaugebieten früher die schneefreien Winterzeiten prägten (die sogenannte »Schwarzbrache«), verschwunden ist und die Landschaft ergrünt ist. Mittlerweile blühen manchmal noch bis in den November hinein Phacelia (violett-bläulich) oder Senf (kräftig gelb).
Neben veränderten Speisegewohnheiten (Soja, Süßlupine), bringt aber auch der Klimawandel neue Kulturarten. Während auf der Lüneburger Heide Biobetriebe seit Jahren mit Quinoa experimentieren, wachsen im Burgenland erste Olivenhaine. Mit etwas Übung lassen sich aber nicht nur Arten am Acker erkennen, sondern von einer leichten Anhöhe aus — und mit einem Feldstecher ausgestattet – eine sogenannte »Kiebitzinsel«. Dabei handelt es sich um Biodiversitätsmaßnahmen, die von der Allgemeinheit gefördert und zum Beispiel beim Aussäen von Mais freigelassen, dem gefährdeten Feldvogel Platz für seine Gelege und zum Brüten lassen. Direkt am Waldrand, der oft Waldlandschaft von weiter Flur trennt und wo sich oft RadfahrerInnen und Wandernde tummeln, wären solche Inseln sinnlos. Denn am Waldrand schnürt auch der Fuchs.
Mit etwas Übung lassen sich auch sogenannte »Lichtäcker« erkennen. Dabei handelt es sich um keinen Anbaufehler, sondern um Äcker, auf denen bei der Aussaat gezielt jede zweite Saatreihe freigelassen wurde. Das lässt beispielsweise der Feldlerche oder der Wachtel Platz.
Effizienz und Wirtschaftlichkeit sind freilich auch für Biobetriebe nötig. »Die große Stärke von Bio ist natürlich, dass keine synthetischen Pestizide eingesetzt werden«, sagt Katharina Bergmüller, bei Birdlife für Feld- und Wiesenvögel und Agrarpolitik zuständig. »Prinzipiell kann man also davon ausgehen, dass die Nahrungsbasis für Vögel auf biologisch bewirtschafteten Flächen besser ist.« Die Vorteile des reduzierten Gifteinsatzes – der auch das Bodenleben, das Grundwasser und vor Abdrift schützt – werden manchmal aber durch vermehrt notwendige mechanische Schädlingsbekämpfung wettgemacht, erzählt die Vogelschützerin, »etwa wenn genau zur Brutzeit Felder gestriegelt und damit Nester zerstört werden«.
Durch die Vorgaben der Europäischen Union ist eine Reihe von Biodiversitätsmaßnahmen mittlerweile in der Landwirtschaft Voraussetzung, um Förderungen zu erhalten – in der konventionellen wie in der Biolandwirtschaft. Honoriert werden neben dem Anlegen mehrjähriger Biodiversitätsflächen beispielsweise auch das Aussetzen der mechanischen Unkrautregulierung (zum Schutz junger Vögel und Feldhasen in deren besonders sensiblen ersten Lebenswochen).
Weizen kurz vor der Ernte: Die Ähren des Getreides werden bereits goldgelb. Bild: RWA Raiffeisen Ware Austria die Saat.
Weizen
Weizen hat charakteristische Ähren, die als weltweit häufigst angebaute Kulturart von den meisten erkannt werden. Die Grasart wächst in Reihenanbau und wird kaum einmal bewässert. »Weizen ist eine klassische Winterung, die im Herbst angebaut und im Sommer geerntet wird«, sagt Stefan Veeh vom deutschen Verband Naturland. Weizen gedeiht in gemäßigteren Klimazonen. Temperaturen über 30 Grad Celsius führen in der Vegetation zu deutlichen Ertragseinbußen. Das Erntegut kommt als Futter- wie als Nahrungsmittel (Mehl, Grieß) zum Einsatz.
Leicht zu verwechseln mit Roggen. Zumindest in den ersten Wachstumsstadien sind Weizen und Roggen nur mit geschultem Blick zu unterscheiden. Sobald die Ähren ausgebildet sind, können das auch Laien. Roggenähren sind deutlich dunkler, die der Gerste schlanker.
Was macht Bio anders?
Das Biosaatgut ist nicht (mit Fungiziden) gebeizt. Die Düngung erfolgt organisch (kommt also ohne synthetische Mittel aus). Konventionelle Landwirtschaft spritzt Herbizide gegen Beikräuter. Bio reguliert diese mechanisch durch mehrfaches Striegeln. »Das kann laut ÖkologInnen für bodenbrütende Vögel ein Problem sein«, sagt Robert Schneider, Ackerbauberater bei Bio Austria, »ich selbst habe in 25 Jahren aber noch nie ein Nest zerstört.«
Auf Bioäckern wachsen im Weizen zumeist auch Beikräuter; im Frühjahr die Vogelmiere, später Klettenlabkraut, auch Distel und Kamillen könnten auf einen Bioacker hinweisen. Die klassische Kornblume und auch der rot blühende Klatschmohn sind selten geworden.
Mais / Kukuruz
Mais ist weit verbreitet und als kräftige, große Grasart gut zu erkennen und – auch weil er viel dicker ist – leicht von Getreide zu unterscheiden. »Mais wird hauptsächlich zu Futterzwecken angebaut und entweder als Korn gedroschen (Schweine- und Geflügelfütterung) oder als ganze Pflanze gehäckselt und siliert (Kühe bzw. Biogasnutzung)«, sagt Naturland-Berater Stefan Veeh. Nur ein geringer Anteil geht als Griesmais in die menschliche Ernährung und wird dort verzehrt. »Die Saat«, das Saatgutunternehmen des Raiffeisen-Konzerns (RWA), verweist zudem auf »eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten, wie die Verarbeitung zu Stärke und Zitronensäure«. Mais wird im späten Frühjahr in Einzelkornsaat ausgesät und als Hackkultur geführt. Der Reihenabstand ist weit und beträgt 75 Zentimeter. Deshalb bietet Mais Wildtieren gute Deckung. Wildschweine gelten als Schädlinge und fressen Mais. Kurz nach der Aussaat tun das auch Tauben und Krähen. Die ursprünglich aus Südamerika stammende Pflanze verträgt wärmeres Klima, braucht viel Stickstoff und in späterem Stadium viel Wasser.
Mais in vollem Wachstum, zur Blüte im Hochsommer. Bild: Istock.com/No Limit Pictures.
Was macht Bio anders?
»Bei kaum einer Kultur ist der Unterschied zwischen Bio und konventionell so groß wie beim Mais«, sagt Bio-Austria-Ackerbauberater Robert Schneider. Das konventionelle Saatgut ist mit Fungiziden gebeizt, die Düngung erfolgt chemisch. Theoretisch wäre Mais bei entsprechender Düngung jedes Jahr ohne Fruchtfolge am selben Standort anbaubar. »Mais ist als Reinkultur sehr erosionsanfällig«, sagt Schneider, »deshalb dürfen auch konventionelle Betriebe nur mehr maximal dreimal in Folge Mais anbauen.« In Gegenden mit genügend Niederschlag arbeiten Biobetriebe manchmal mit Untersaaten und bauen Weißklee ins Maisfeld. Er macht dem Mais wenig Konkurrenz, deckt den Boden schützend ab. »Blüht am Boden eines Maisackers flächendeckend Weißklee, ist es mit Sicherheit Biomais«, sagt Robert Schneider. »In konventioneller Bewirtschaftung würde der Klee die Beikrautbekämpfung durch Herbizide nicht überleben.«
Raps
Das leuchtende Gelb der Rapsfelder ist im Frühling in gemäßigten Regionen weithin sichtbar und auch weit verbreitet. Angebaut wird Raps zur Speiseölproduktion. Als wertvolle Trachtpflanze zur Honigproduktion führt ihr Anbau immer wieder aber auch zu Konflikten zwischen Landwirtschaft und Imkerei. Denn Raps ist anfällig für Krankheiten und Schädlinge und wird deshalb intensiv gespritzt. Bäuerinnen und Bauern sind angehalten, Insektizide nur abends auszubringen, wenn Honigbienen bereits in ihre Stöcke zurückgeflogen sind.
Was macht Bio anders?
»Raps braucht viele Pestizidanwendungen«, sagt Robert Schneider (Bio Austria) – weshalb die Ackerkultur im Biobereich keine große Bedeutung hat. In Österreich wurde 2023 beispielsweise nur auf 180 Hektar Bioraps angebaut (konventionell: 26.489 Hektar; Deutschland: 1,2 Millionen Hektar). Das ist in Deutschland nicht anders, wie Naturland-Berater Stefan Veeh sagt: »Raps wird im ökologischen Landbau eher wenig angebaut, da dort vor allem der Schädlingsdruck durch Rapsglanzkäfer, Erdfloh und Kohlschotenrüssler sehr hoch ist und damit im konventionellen Anbau einen intensiven chemischen Pflanzenschutz erfordert. Dennoch schaffen es aber auch einige Ökolandwirtinnen und -landwirte, gute Rapserträge zu erzielen«.
Leicht zu verwechseln mit: Senf oder Rübse
Wenn es im Frühjahr gelb blüht ist es zumeist konventioneller Raps, leuchten Felder im Herbst gelb, handelt es sich entweder um Senf oder – mit geringer Wahrscheinlichkeit – um Rübse. Beide könnten auch zur Körnerproduktion angebaut werden. Die Speisesenf-Produktion benötigt aber nicht viel Fläche und Rübsen werden manchmal noch als Vogelfutter angebaut. Denn die Rübse verliert als Ackerkultur stark an Bedeutung. »Früher war sie zur Grünfütterung bei Rindern weit verbreitet«, sagt Naturland-Berater Stefan Veeh, »Senf findet heute vor allem in Zwischenfrüchten seine Verwendung, wo er durch seinen schnellen Wuchs und die gute Aufnahme von Stickstoff weit verbreitet ist.« Auch, weil Senf, so Robert Schneider, das billigste Begrünungssaatgut ist.
Süßlupine
Noch eher selten zu sehen ist die Süßlupine, die mit ihren typischen gefiederten Blättern aber sofort auffällt. Ihre Blüten – angebaut werden u. a. blaue und weiße Lupinen – sind vergleichsweise unscheinbar.
Was macht Bio anders?
Für den konventionellen Ackerbau ist die Lupine uninteressant, weil sie zu geringe Deckungsbeiträge bietet. Für die Biolandwirtschaft ist die Leguminose, die Stickstoff im Boden bindet, allerdings sehr gut geeignet – zur natürlichen Bodenaufbereitung in der Fruchtfolge. »Die Lupine ist eine extrem gute Vorfrucht«, heißt es seitens »Die Saat«. »Ihr Anbau hinterlässt einen garen Boden mit gut aufgeschlossenen Nährstoffen und genug Stickstoff für anspruchsvolle Folgekulturen.« Das Saatgutunternehmen sieht in der Süßlupine deshalb »sicher eine Kultur mit Potenzial für mehr«. Über die Bodenverbesserung hinaus wird die Lupine oft als Eiweißfutterpflanze genutzt. Sie ist aber auch für die menschliche Ernährung einsetzbar (ähnlich wie die Erbse).
Die Süßlupine ist auf Bioäckern immer häufiger zu sehen. Nicht im Bild, aber verwandt mit ihr: die gern in Gärten angebaute Zuchtform »Bitterlupine« (Staudenlupine), die sich vielerorts invasiv ausbreitet. Bild: Robert Schneider.
Soja
Das Hauptmerkmal der Sojapflanze sind ihre typischen behaarten Blätter. Die Blüten sind sehr unscheinbar, im Herbst aber ist die Pflanze gut an den Hülsen erkennbar. Geerntet wird im August und September.
Bis vor einigen Jahren wurden Sojabohnen vor allem als eiweißreiches Futtermittel angebaut. Mittlerweile bereichert Soja weit über vegetarische und vegane Kost hinaus (wo ihm als Proteinquelle besondere Bedeutung zukommt) aber auch den menschlichen Speiseplan vieler Omnivoren. Am häufigsten wird es zu Tofu verarbeitet. »Soja hat einen bemerkenswerten Boom hingelegt, die Anbaufläche ist kontinuierlich gewachsen«, sagt Robert Schneider (Bio Austria).
Was macht Bio anders?
Für die Biolandwirtschaft ist die den Boden verbessernde Leguminose bereits die zweitwichtigste Kultur nach Weizen. Ihr Anbau ist fixer Bestandteil vieler Fruchtfolgen. Dennoch: »Soja ist eine der Kulturen mit dem geringsten Unterschied zwischen Bioanbau und konventioneller Landwirtschaft«, sagt Robert Schneider. Den wesentlichen Unterschied macht die Regulierung der Beikräuter. Als sogenannte »Hackkultur« wird Soja in Reihen angebaut. Beikräuter werden mit dem Hackgerät bekämpft. In sehr trockenen Gegenden wird Soja teilweise bewässert.
Ackerbohne (»Pferdebohne«)
Weil sie leichten Frost verträgt wird die Ackerbohne meist bereits im zeitigen Frühjahr angebaut. Die Pflanze ist größer als die Sojabohne, hat größere Blätter, größere Blüten, ihre Blätter sind aber weniger behaart als die von Soja. »Die Pflanze ist fast ausschließlich für Futterzwecke interessant«, sagt Stefan Veeh, Ackerbauexperte bei Naturland. »In der Regel werden bitterstoffhaltige Sorten angebaut, die nur für die Rinderfütterung geeignet sind, es gibt aber auch bitterstoffarme Sorten, die für die Fütterung von Schweinen oder Geflügel geeignet sind«. Angebaut wird sie überwiegend im Norden Europas, da sie sehr viel Wasser braucht und Kühle bevorzugt.
Was macht Bio anders?
Für konventionelle Landwirtschaft ist die Ackerbohne irrelevant. Ihre »sehr gute Vorfruchtwirkung« (Die Saat) macht sie aber für die Fruchtfolge in der Biolandwirtschaft interessant.: »Leider gibt es in wärmeren Klimazonen eine Vielzahl an Schädlingen (vor allem Läuse), die teilweise zu totalen Ernteausfällen führen können.« Empfohlen wird deshalb eine Anbaupause von vier Jahren. In milden Gebieten mit heißen, trockenen Sommern wird die Ackerbohne auch im Herbst (als sogenannte »Winterung«) angebaut, die den Boden schützt und Stickstoff einlagert bevor sie der Frost abtötet.
Hirse
Der Name Hirse fasst mehrere uralte Kulturpflanzen zusammen. Alle sind sie Süßgräser, einjährig und werden zwischen 50 Zentimeter und einen Meter groß. In seinem Anfangsstadium ist Hirse leicht mit Mais zu verwechseln, später bildet sie aber keine Kolben aus, sondern ihre Ährchen sitzen auf einer Rispe. Hirse wird sowohl zum Dreschen (Körner, Müsli oder als aminosäurenreiches Vogelfutter) sowie – ähnlich wie Silomais – als Biomasse für Grünsilage als Rinderfutter angebaut.
»Hirse wird im Klimawandel immer interessanter, auch weil der Wasserverbrauch sehr gering ist«, sagt Naturland-Ackerbauexperte Stefan Veeh. Die Pflanze kommt gut mit Trockenheit zurecht und braucht zum Keimen hohe Bodentemperaturen. Keine andere Kulturart ist derart genügsam und effizient in der Verwertung von Wasser: Für die Bildung von einem Kilo Korn werden nur 300 bis 400 Liter Wasser benötigt.
Was macht Bio anders?
Wie beim Maisanbau ist das konventionelle Saatgut mit Fungiziden präpariert (»Beize«). Bio verzichtet darauf, das macht den Anbau aufwendig und anspruchsvoll. Besonders die starke Unkrautentwicklung ist für Biobetriebe, die keine chemisch-synthetischen Herbizide verwenden, eine Herausforderung.
Zuckerrübe
Große Blätter, niedrige Pflanze, Anbau in Reihen, teilweise bewässert: Rüben lassen sich leicht erkennen. Da der früher übliche Anbau von Futterrüben kaum noch üblich ist, handelt es sich bei einem Rübenacker fast immer um einen Zuckerrübenacker. Biologisch wird dieser sehr selten bewirtschaftet, weil Zuckerrüben sehr anfällig gegenüber Krankheiten, Schädlingen, aber auch durch Konkurrenz (Licht, Nährstoffe, Wasser) von Beikräutern sind. »Die Zuckerrübe ist eine klassische ›Hackkultur‹, die im Frühjahr angebaut und dann im Herbst geerntet und in der Zuckerfabrik zu Zucker weiterverarbeitet wird«, sagt Stefan Veeh (Naturland).
Was macht Bio anders?
Sehr viel. Das langsame Wachstum im frühen Jugendstadium lässt Unkraut viel Raum. Angebaut in Reihen wird zwischen diesen Zeilen zwar mit der Hackmaschine mechanisch reguliert. Zwischen den Pflanzen muss allerdings händisch mit der »Handhacke« gearbeitet werden. Konventionelle Landwirtschaft tötet unerwünschte Beikräuter mit Herbiziden ab. Schädlinge und Krankheiten – etwa die durch Zikaden übertragene Krankheit Stolbur – erschweren den Zuckerrübenanbau mittlerweile aber sogar in der konventionellen Produktionsweise, die auf Pestizide setzt.
Phacelia
Selten, aber doch sieht man die Phacelia auch im Frühjahr schön violett-blau blühen. Allerdings nur, wenn sie zur Saatgutvermehrung angebaut wird. Denn ihre landwirtschaftliche Bedeutung hat sie im Herbst, wenn sie als flächendeckende Zwischenfrucht oder als Teil von Blühmischungen ausgesät wird. »Als ›Bienenfreund‹ ist Phacelia eine Augenweide für den Menschen und eine ausgezeichnete Bienenweide und Pflanze für Insekten«, sagt Naturland-Experte Stefan Veeh. »Nicht nur in der Zwischenfrucht, auch auf Biodiversitätsflächen wird sie deshalb oft angebaut.«
Besonders beliebt ist ihre Aussaat auch, weil die Pflanze schnell keimt und rasch wächst (und damit den Boden rasch vor Erosion schützt und Feuchtigkeit hält), viel Biomasse produziert, als einjährige frostempfindliche Pflanze aber im Herbst abfriert und ihre Überreste den Boden bedecken. Ein weiterer Vorzug, so Robert Schneider (Bio Austria): »Phacelia ist Teil einer botanischen Familie, die mit keiner anderen Kulturpflanze verwandt ist, weshalb sie keine Schädlinge und keine Krankheiten überträgt.«
Was macht Bio anders?
Zwischenfrüchte haben vor allem in der Biolandwirtschaft Tradition, ihr Anbau ist teilweise mittlerweile aber auch in der konventionellen Landwirtschaft üblich. Auch Biodiversitätsmaßnahmen, an die Förderungen gekoppelt sind, gibt es da wie dort. Eigens gedüngt oder mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden weder Zwischenkulturen, noch Blühmischungen.
Wickroggen
»Eine Spezialität des Biolandbaus« (Die Saat) ist der Wickroggen, eine Mischung aus Winterroggen und der Winterwicke. Beide Arten profitieren voneinander: Der dunkelgrüne Roggen dient als Stützfrucht für die weiß-violett, manchmal zartrosa blühende Wicke. Die Wicke als Leguminose versorgt den Roggen, indem sie über ihre Wurzelknöllchen aus der Luft gefilterten Stickstoff im Boden speichert. Beide Arten sind winterhart und bedecken den Boden die kalte Jahreszeit über. Im Frühjahr wachsen sie intensiv, produzieren viel Biomasse und unterdrücken andere Beikräuter. Verwendet wird Wickroggen als eiweißreiches Grünfutter oder Silage. Manchmal wird im Sommer auch das Körnergemenge mit dem Mähdrescher geerntet. Oft wird Wickroggen im Frühling gemulcht bevor Folgesaaten angebaut werden.
Was macht Bio anders?
Wächst auf einem Feld Wickroggen, dann handelt es sich fast ausnahmslos um ein Biofeld. Abseits der biologischen Landwirtschaft kommt das Gemenge fast nie zum Einsatz. »Für die Körnernutzung wird im Ökolandbau oftmals auch ein Gemenge aus Wintererbse und beispielsweise Triticale angebaut, das dann gedroschen und verfüttert werden kann«, sagt Stefan Veeh (Naturland).
Wickroggen: Der dichte Bestand aus blühender Zottelwicke und Roggen unterdrückt Unkraut. Bild: Robert Schneider.
Landsberger Gemenge
Das sogenannte »Landsberger Gemenge« besteht aus Zottelwicke, Inkarnatklee und Weidelgras (oder Italienischem Raygras). »Es wird klassisch als winterharte Zwischenfrucht angebaut und dann im zeitigen Frühjahr vor einer späten Sommerung (z. B. dem Anbau von frostempfindlichem Mais, Anm.) geerntet und futterbaulich genutzt«, sagt Stefan Veeh vom Naturland-Verband. In der Regel wird es frisch verfüttert oder siliert, manchmal auch als Heu getrocknet. Manchmal wird das Landsberger Gemenge aber auch als mehrjährige Kultur geführt und immer wieder abgemäht, ähnlich wie eine Wiese; es ist allerdings nicht als sogenanntes »Dauergrünland« gedacht. Da die Wicke als Leguminose Stickstoff in den Boden bringt, muss damit nicht gedüngt werden.
Was macht Bio anders?
Das Landsberger Gemenge ist eine typische Kultur für feuchtere Lagen und ist sowohl in der konventionellen als auch in der biologischen Landwirtschaft verbreitet. In der konventionellen Viehwirtschaft hat es der Maisanbau aber weitgehend verdrängt. Gedüngt wird es vor allem mit »Wirtschaftsdünger« aus Tierhaltung, also mit Mist, Gülle oder Jauche – in der Biolandwirtschaft entweder vom eigenen Betrieb oder von überbetrieblichen Nährstoffkreisläufen mit anderen Biohöfen.
Blühmischung
Prinzipiell müssen in allen Ländern der Europäischen Union auf vier Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Betriebs mit mehr als zehn Hektar Grün- oder Ackerland sogenannte Biodiversitätsflächen angelegt werden, sofern Förderungen bezogen werden. Durch den Ukrainekrieg und die durch diesen – angeblich – bedrohte Versorgungssicherheit wurde diese 4-Prozent-Verpflichtung zuletzt ausgesetzt. In einigen Ländern gehen die Vorgaben trotzdem darüber hinaus, in Österreich betrifft das zum Beispiel sieben Prozent (bei freiwilliger Teilnahme am Umweltprogramm Öpul). Diese sind an genaue Auflagen und Maßnahmen geknüpft – zum Beispiel ans Anlegen von mehrjährigen Blühstreifen. Optisch sind sie am Rand von größeren Ackerflächen meist dadurch erkennbar, dass sie genau drei Meter breit sind, was der Breite einer Saatmaschine entspricht. Theoretisch könnte sich den Vorgaben gemäß jeder Bauer, jede Bäuerin selbst Saatgutmischungen zusammenstellen. Mittlerweile sind allerdings fertige Mischungen weit verbreitet. »Jede Saatgutfirma hat ihre eigene Mischung im Angebot«, sagt Robert Schneider, Ackerbauberater des Verbands Bio Austria. »Blühmischungen bestehen oft aus Arten, die besonders gut für Wildtiere sind. Für Biodiversitätsflächen empfiehlt sich die Einsaat mit gut abgestimmten Mischungen aus Wildpflanzen, die die Bedürfnisse von Insekten, Feldvögeln und anderen Arten berücksichtigen«, weiß Stefan Veeh (Naturland).
»Die Saat« verweist etwa auf unterschiedlichste Mischungen, die unterschiedliche Zwecke erfüllen können – etwa zum Befestigen der Krumme in Hanglagen, zum Erhöhen des Humusanteils, zur Erhöhung der Bodengesundheit, zur Förderung von Insekten oder als Äsung und Deckung für Wildtiere.
Was macht Bio anders?
Ob Bio oder nicht, macht hier in der Praxis keinen Unterschied – zumindest solange die Blühstreifen oder Blühflächen bestehen. Sollen an ihrer Stelle wieder Ackerkulturen wachsen, ist der Unterschied freilich groß. Um die Flächen wieder frei zu bekommen, setzen viele konventionelle Betriebe Totalherbizide ein (z. B. Glyphosat) ein. Biozertifizierte Böden werden mechanisch umbrochen und aufbereitet. Generell geht es beim Anlegen von Blühflächen aber in konventioneller Wirtschaftsweise um ökologische Aspekte, die Bodengesundheit, und nicht zuletzt auch um ästhetische Ansprüche. Es gibt nicht wenige Landwirtinnen und Landwirte, die Blühmischungen bevorzugen, je nachdem, welche der enthaltenen Blühpflanzen sie selbst als besonders attraktiv und ansprechend empfinden. Selten, aber nicht nur fürs Auge wertvoll sind Ackerwildkräutermischungen, die sehr selten gewordene Ackerblumen enthalten, die durch intensive Bodenbewirtschaftung und enges Säen weitestgehend verschwunden sind, etwa Ackerrittersporn oder Stiefmütterchen. »Ackerwildkräutermischungen enthalten nichts, was als Unkraut in Konkurrenz zu Ackerkulturen stehen könnte«, sagt Eva Marthe, Biodiversitätsberaterin bei Bio Austria, »sondern ausschließlich fast verschwundene Kräuter und Blumen, die wichtig für spezialisierte Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten sind.«
BIORAMA #90