Braucht man wirklich einen veganen Ratgeber, Patrick Bolk?
Der Berliner Patrick Bolk liest am 11. April 2014 in Hamburg aus seinem Buch „Ab heute vegan“. Ansonsten kennt man Patrick als Autor der Blogs www.deutschlandistvegan.de und www.berlinbio.de. Wir haben im Vorfeld ein Gespräch mit ihm zum aktuellen Trend Veganismus geführt.
BIORAMA: Du hast mit „Ab heute vegan“ einen veganen Ratgeber geschrieben. Braucht man den wirklich?
Patrick Bolk: Auf jeden Fall, denn wenn man sich dazu entscheidet, vegan zu leben, gibt es eine ganze Menge Umstellungsbedarf und so einige Stolperfallen. Letztlich steht jeder vor den immer gleichen Fragen wie „Was esse ich statt Käse?“, „Wo kaufe ich vegane Produkte ein?“ oder „Worauf muss ich beim Backen achten?“. Natürlich gibt es eine ganze Menge an Infos im Internet, aber es gab noch keinen kompakten Ratgeber, der die ganze Bandbreite an Lebensbereichen unter die Lupe nimmt, wo man bei einer Umstellung auf eine vegane Lebensweise Hilfe benötigt. Genau das soll „Ab heute vegan“ leisten – du bekommst ganz komprimiert alle wichtigen Infos, ohne stundenlange im Netz alles zusammen zu suchen müssen. Ich habe das Buch tatsächlich nicht alleine geschrieben, sondern es vereint das Wissen von zehn veganen Bloggerinnen und Bloggern, die unterschiedliche Schwerpunkte und damit Fachwissen haben.
Du schreibst seit Jahren schon die Blogs www.deutschlandistvegan.de und www.berlinbio.de. Was sind die aktuell am stärksten diskutierten Themen?
Ich schreibe seit gut sehs Jahren den Blog Berlin is(s)t Bio, und seit 1.11.11 bin ich einer der Mitbegründer von Deutschland is(s)t vegan. Bei veganen Themen wird viel mehr diskutiert als in der Bio-Szene, oder zumindest deutlich kontroverser und schärfer, so mein Eindruck. Das ist nicht immer schön, denn Dogmatismus und erhobener Zeigefinger machen auch viel kaputt. Aber es ist gut, dass die Menschen anfangen, sich Gedanken zu machen. Aktuell ist zu beobachten, dass immer mehr Leute aus gesundheitlichen, eben eher persönlichen Gründen heraus vegan leben oder sich zumindest so ernähren, während die Verbreitung des Veganismus ursprünglich eher der Tierrechtsbewegung zuzuschreiben ist. Das stößt vielen ethisch-moralisch motivierten Veganern übel auf, da sie keine echte Überzeugung bei solchen oft verächtlich als „Lifestyle-Veganer“ bezeichneten Menschen feststellen können. Ich sehe das etwas anders, denn ich bin froh über jeden, der sich Gedanken über sein Konsumverhalten macht, und zumindest erst mal einige Schritte in die richtige Richtung macht. Von heute auf morgen alles einfach mal so umzustellen ist eben nicht einfach, und viele kommen über die Gesundheit dann auch mit anderen Themen wie Tierrechte oder Umweltschutz in Berührung. Man sollte den Leuten Zeit geben, und sich über jede Mahlzeit freuen, in der kein Tier landet.
Im Moment entsteht an jeder Ecke ein neues Magazin zum Thema Vegan, immer mehr Menschen schließen sich der Bewegung an. Ist Veganismus nur ein Trend oder wird sich die Ernährung langfristig durchsetzen?
Natürlich ist das gerade wirklich ein großer Trend, und ich bin froh darüber, denn das Thema kommt so endlich mal in der Mitte der Gesellschaft an, wie man so schön sagt. Es kann so einfach niemand wer wegschauen, und immer mehr Menschen beschäftigen sich kritisch mit Themen wie Ernährung und Konsum. Ob nun jeder Veganer wird oder nicht – ich glaube zumindest, dass wir als Weltbevölkerung uns es nicht mehr dauerhaft leisten können, so mit Tieren und Ressourcen umzugehen wie wir das zur Zeit tun. Jeder kann einen Teil dazu beitragen, dass sich etwas verändert, jeder Einkauf und jede Mahlzeit ist eine politische Entscheidung. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine vegane Enährungsweise als Tier-, Umwelt- und Klimafreundlichste Ernährungsweise daher auch langfristig immer selbstverständlicher wird.
Du bist seit einigen Jahren selbst Veganer. Was hat sich seitdem für dich verändert?
Ich lebe seit drei Jahren vegan, und für mich hat sich fast mein ganzes Leben dadurch geändert. Mir geht es gesundheitlich besser, meine Blutwerte sind top, und ich fühle mich besser, auch was mein Gewissen angeht. Ich habe viele Menschen über das Thema kennen gelernt, die ich nie mehr missen möchte. Und last but not least entwickelt sich beruflich alles dahingehend, dass ich meine Überzeugung langfristig auch zu meinem Beruf machen kann, was natürlich auch immer ein Traum war. Vegan zu leben war also vermutlich so ziemlich die beste Entscheidung meines Lebens.
Was sind die größten Herausforderungen und welche Tipps kannst du unseren Lesern als Einstiegshilfe geben?
Ich persönlich fand die Herausforderungen nicht sonderlich groß, im Endeffekt gewöhnst du dich halt um und musst dich zumindest am Anfang etwas mehr mit dem Thema beschäftigen. Aber das ist ja generell eine gute Sache, wenn man nicht mehr einfach gedankenlos alles in sich reinwirft, sondern mal hinterfragt, was man da eigentlich tut. Das Thema hat immer so den faden Beigeschmack von Verzicht, dabei machen alle Umsteiger genau die gegenteilige Erfahrung: Man entdeckt wahnsinnig viele neue Produkte, und nicht nur ich habe totalen Spaß am Kochen bekommen. Und die gute Nachricht ist: Für so ziemlich alles Tierische gibt es eine pflanzliche Alternativen, und in Supermärkten wie dem Veganz kann man entspannt einkaufen, weil hier alles garantiert vegan ist. Argumente wie „Ich könnte niemals auf XY verzichten“ kann ich zwar teilweise verstehen, aber die Erfahrungen von so vielen Menschen zeigen: Man kann, wenn man nur will. Und dann wundert man sich irgendwann, warum man eigentlich nicht gleich lieber Lebensmittel gekauft hat oder auch Kleidung und Kosmetik, die genauso gut schmecken oder aussehen, aber für die niemand gequält oder getötet wurde.
Vielen Dank für das Gespräch!
Lesung „Ab heute vegan“
11. April 2014 , 19 Uhr
Veganz, Schützenstr. 21, 22761 Hamburg
Eintritt: 3,50 Euro, inklusive Pizza und Tiramisu