Rohstoffe auf dem Prüftisch
Mit dem Frühling kommen die Festivals, mit ihnen Unmengen an Flyern, Plakaten, Papierkram. Die Druckerei Grasl in Bad Vöslau ist aufgrund ihrer besonderen Produktionsstätte und dem speziellen Angebot eine der nachhaltigsten Druckereien Europas. Sie druckt unter anderem Flyer aus Bio-Papier mit Maschinen, die mit erneuerbarer Energie aus der Umgebung laufen.
Das Biorama-Team hat vor ein paar Wochen gemeinsam mit den Veranstaltern und Verantwortlichen des Soundframe Festivals, das vom 12. bis 22. April in Wien stattfindet, eine Roundtable-Diskussion veranstaltet, in der es um Nachhaltigkeit bei Festivals ging. Das heurige Soundframe Festival trägt den Titel „Substructions“ und setzt dieses Jahr in vielen Bereichen seinen Fokus auf Nachhaltigkeit und Umwelt. Biorama-Herausgeber Thomas Weber hat für den Festivalkatalog einen Text über die Möglichkeiten und Herausforderungen von Nachhaltigkeit bei Großevents und Festivals geschrieben. In diesem Rahmen haben wir Walter Grasl, dem Inhaber von Grasl FairPrint, einer der nachhaltigsten Druckereien Europas, ein paar Fragen gestellt. Denn ohne Flyer, Plakate, Kataloge funktionieren Festivals nicht, oder?
BIORAMA: Sind ihrer Meinung nach nachhaltig gedruckte Flyer oder Plakate schon ein Anfang für Nachhaltigkeit bei Festivals?
Walter Grasl: Auf alle Fälle. Nachhaltiges Denken und Handeln hat keinen Anfang und kein Ende. Man darf also nicht sagen, in dem einen Bereich handle ich nachhaltig, aber die Printprodukte z.B. sind mir egal. Das betrifft natürlich alle Lebensbereiche, sowohl die privaten als auch die geschäftlichen. Jeder kann und soll bei sich im Kleinen beginnen, nachhaltig zu handeln. Auch unser Unternehmen kann nicht die Welt retten, aber für uns ist es keine Frage, nachhaltig, ökologisch und sozial verantwortlich zu handeln. Wir wollen Beispiel geben und mit unserer Außenwirkung möglichst viele Menschen und Unternehmen motivieren, ähnlich zu handeln. Gemeinsam können wir die Welt verbessern!
Vermeiden sie in ihrer Firma grundsätzlich Produkte, für die beispielsweise Kunststoff verwendet werden muss?
Bei uns kamen und kommen sämtliche Rohstoffe auf den Prüftisch. Gemeinsam mit unseren Lieferanten und Partnern diskutieren wir immer, welche Rohstoffe wir verbessern müssen. Aber ich versuche das pragmatisch zu sehen. Eine Folienkaschierung kann auch ihren Nutzen haben, wenn das Produkt dadurch langlebiger wird und dadurch seine Ökobilanz verbessert. Entscheidend ist, dass die gesamte Herstellungskette ausschließlich ökologisch unbedenkliche Roh- und Hilfsstoffe verwendet. Aber prinzipiell arbeiten wir nur mit den Rohstoffen Papier und Karton und ich kann Ihnen sagen, das ist eine Arbeit, die Freude macht.
Können Sie als Druckerei neben großen Online Druckerei-Konkurrenten wie Flyeralarm oder Flyerwire bestehen?
Ja, das schaffen wir ganz gut. Natürlich hat das Internet die Welt verändert und damit auch das Einkaufsverhalten unserer Kunden. Was aber vielfach geblieben ist, ist der Bedarf an Beratung und Sicherheit. Das bieten wir in hohem Maße. Unser Unternehmen besteht seit 107 Jahren, was an sich noch kein USP ist, aber wir sind heute innovativer und dynamischer denn je. Das schafft Vertrauen und Sicherheit bei unseren Kunden, die sich ja auf ihren Druckpartner verlassen müssen, weil ihr eigener Verkaufserfolg davon abhängt. Wir bieten unseren Kunden, die unsere Beratungsleistungen und unser Know-How nicht benötigen, ein Online-Shop unter www.fairprint.at an.
Ihre Druckerei wird komplett mit erneuerbarer Energie versorgt, die Maschinen damit betrieben. Woher beziehen Sie die Energie?
Wir nutzen Strom aus 100% Wasserkraft. Das ist ein Projekt, das wir gemeinsam mit Wien Energie umgesetzt und vertraglich fixiert haben. Unsere Wärme-Energie beziehen wir aus dem Fernheizwerk Bad Vöslau, ein Projekt der EVN. Dieses Fernheizwerk wird großteils mit lokaler Biomasse beheizt. Das hat doppelten Nutzen: einerseits ist unsere Wärme CO2-neutral und andererseits stärken wir die lokale Land- und Forstwirtschaft, die Biomasse ohne lange Transportwege an das Fernheizwerk liefert. Auch das gehört für uns zu Nachhaltigkeit. Insgesamt entstehen bei uns aus dem Bereich Energie daher nahezu keine Emissionen mehr
Ist es schwer, bei einem Produktionsprozess von Produkten die Nachhaltigkeit auf die gesamte Produktionsstätte anzuwenden?
Wenn die Voraussetzungen stimmen, ist es eine schöne Aufgabe. Man braucht MitarbeiterInnen, die diese Vision verstehen und sich nicht entmutigen lassen und vor allem muss das Management hinter diesen Veränderungen stehen. Nur wenn man im Betrieb ein ganzheitliches Umweltmanagement-System einführt, das von allen getragen und von allen verstanden wird, ist eine langfristige nachhaltige Ökologisierung eines Unternehmens möglich. Das ist uns gelungen und darauf sind wir sehr stolz. Aber der Prozess ist auch nie abgeschlossen, weil es immer neue Anforderungen und Erkenntnisse gibt, die es umzusetzen gilt.
Wie schaffen Sie es, ein gutes Preis/Leistungsverhältnis zu schaffen? Materialien, wie auch Herstellungskosten sind teuer, das Produkt soll aber günstig und hochwertig sein.
Sie haben Recht, Rohstoffe, Energie und andere Hilfsstoffe, die eine bessere Ökobilanz haben, sind teurer. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass das Endprodukt auch teurer wird. Wir reduzieren durch unser ökologisches Verhalten auch interne Kosten und gleichen das damit aus. Einige Beispiele: wir haben seit 2007 unsere Energie-Effizienz um 40 % gesteigert. Wir haben Anlaufmakulatur, die man im Druckprozess benötigt, dramatisch reduziert und sparen damit Rohstoffe. Wir reduzieren durch intelligente Prozesse Chemikalien und sparen damit doppelt: beim Einkauf und bei der Entsorgung. Wir haben erfolgreich das Projekt „Green IT“ umgesetzt: Server wurden virtualisiert, das erhöht die Effizienz von Serversystemen um ein Vielfaches und spart Strom und Ressourcen. Wir setzen „Thin Clients“ ein, die um über 90% weniger Strom als herkömmliche PCs benötigen und wesentlich langlebiger sind und in der Herstellung Ressourcen sparen. Wir nutzen Energie durch intelligente Rückgewinnungssysteme mehrfach und reduzieren damit den Energieeinsatz. Und wir achten in allen Prozessen auf Vermeidung von Verschwendung: alles was nicht benötigt wird, spart Ressourcen und Kosten. So gleichen wir die höheren Rohstoff- und Energiekosten aus.