Flashiges Gadget für mehr Sicherheit
Aus Graz kommt demnächst ein Wearable für mehr Sicherheit auf Fahrrad und E-Scooter.
Die höchste Zahl an Fahrradunfällen seit 30 Jahren vermeldete die Statistik Austria im vergangenen Jahr. Wie viele es genau waren, ist nicht bekannt, denn die Statistik Austria unterscheidet bei
Mikromobilitätsunfällen nicht zwischen Fahrrädern, E-Bikes und den inzwischen trotz aller Kritik beliebten E-Scootern.
Mikromobilität bezeichnet den Individualverkehr mit kleinen, leichten Fahrzeugen wie etwa Fahrrädern, Scootern oder Segways, die mit oder ohne Elektroantrieb unterwegs sind.
Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) gab es 2019 1200 verletzte E-Scooter-FahrerInnen in Österreich, Beobachtungen des KFV zeigten, dass nur 0,5 Prozent der bei Abbiegemanövern beobachteten E-Scooter-FahrerInnen ein Handzeichen gaben. Dieses ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, allerdings auch gefährlich, denn ein Scooter kann noch leichter als ein Fahrrad kippen, wenn eine Hand vom Lenker genommen wird und mit der anderen Hand gelenkt und gebremst werden muss. Der ÖAMTC forderte daher seit 2021 fest verbaute Blinksysteme in E-Scootern, ein Grazer Start-up entwickelte eine externe Lösung: einen gestengesteuerten Blinker, der nicht nur das Abbiegen erleichtern, sondern auch mit 360-Grad-Beleuchtung für bessere Sichtbarkeit von FahrradfahrerInnen und E-Scooter-FahrerInnen sorgen soll.
9617 Unfälle, bei denen sich RadfahrerInnen verletzten, gab es 2021 auf Österreichs Straßen. 83.000 waren es im gleichen Zeitraum in Deutschland. 2020 nannte Destatis als einen der Hauptgründe von Fahrradunfällen Fehler der LenkerInnen beim Abbiegen.
Das Team um Alexander Rech und Ines Wöckl arbeitet seit 2019 an Armreifen als Abbiegeassistenten – um anderen VerkehrsteilnehmerInnen gestengesteuerte Signale zu geben, ohne dabei die Hände vom Lenker nehmen zu müssen. Durch eine kleine Bewegung des Ellenbogens nach oben ausgelöst, blinkt das Wearable. Bremst man, erkennt das System die negative Beschleunigung, die Armreifen leuchten rot auf und fungieren als Bremslicht, das Auffahrunfälle verhindern soll. Zudem kann bei Unfällen ein Notlicht aktiviert werden, das rot blinkend eine Warnblinkanlage simuliert – und so andere VerkehrsteilnehmerInnen auf eine mögliche Gefahrensituation hinweist. Die Schnapparmbänder aus Kunststoff haben einen Durchmesser von 83 Millimetern, wiegen nur 140 Gramm und sind gerollt leicht verstaubar.
Crowdfunding erfolgreich
Das Tech-Gadget reagiert aber nicht nur auf Gesten und Verkehrssituationen, sondern sorgt auch für bis zu neun Stunden konstante Beleuchtung mit einem weißen nach vorn strahlenden Lichtsignal und einem roten nach hinten. Der aufladbare Armreif ist zusätzlich zu Fahrradlichtern einzusetzen und verbessert die Sichtbarkeit im Straßenverkehr. Das gilt auch für JoggerInnen, FußgängerInnen und allenfalls auch für deren Hunde – in diesen Modi leuchten die Armreifen konstant gelb. Das Finanzierungsziel von 20.000 Euro wurde in der Crowdfunding-Kampagne im Mai binnen 24 Stunden erreicht. Die Kickstarter-UnterstützerInnen bekommen das Set, bestehend aus zwei Armreifen, das – laut Herstellerangaben erstmals – gestengesteuerte Signale, ein Brems- und Notlicht und permanente Beleuchtung vereint, im November ausgeliefert. Dann soll es regulär um 219 Euro erhältlich sein.
Abbiegeassistent auf dem Kopf oder am Ärmel
Die größte Konkurrenz für den Flasher sind smarte Helme, die ebenfalls für zusätzliche Beleuchtung sorgen, Fahrtrichtungswechsel anzeigen können und auch ein Bremslicht integriert haben. Die meisten smarten Helme liegen in einem ähnlichen Preissegment, haben allerdings einen kleineren Funktionsumfang, benötigen eine Fernsteuerung und sind zudem nicht so handlich wie das in Graz entwickelte Wearable. Gefördert wird Flasher unter anderem vom Science Park Graz, dem Austria Wirtschaftsservice und der Steirischen Wirtschaftsförderung.
Macht der Flasher Handzeichen obsolet?
Das Gadget darf im Straßenverkehr in Österreich und Deutschland am Körper getragen werden. Es werde am Oberarm befestigt und sei sowohl für Fahrräder als auch E-Scooter zulässig, erklärt Ines Wöckl, Mitgründerin und Finanzchefin. Ob das Wearable Handzeichen fürs Abbiegen mit Fahrrädern und E-Scootern ersetzen darf, ist Monate vor dem regulären Verkaufsstart noch nicht klar, denn die österreichische Straßenverkehrsordnung sieht ein Handzeichen vor, die deutsche spricht laut Wöckl nur von einem »rechtzeitigen und deutlichen Zeichen«, das, so ist Wöckl überzeugt, durch das Heben des Ellenbogens und das Lichtsignal des Flashers gegeben ist. Derzeit ist das Wearable in Österreich daher eher nur ein Zusatz, aber kein Ersatz für Handzeichen. »In Österreich ist dies gesetzlich allerdings eine Grauzone«, sagt Wöckl, die daran glaubt, dass sich diese Situation bald ändert, denn sowohl der ÖAMTC als auch das KFV hätten mittlerweile erkannt, dass Handzeichen auf E-Scootern nur schwer möglich sind und von E-Scooter-FahrerInnen auch nur selten praktiziert werden.