Forscherin fordert Verbot von Honigbienenhaltung in Naturschutzgebieten

Dominique Zimmermann, Insektenforscherin am Naturhistorischen Museum in Wien, plädiert für ein Verbot der Honigbienenhaltung in Naturschutzgebiete und Pufferzonen rundum.

(Bild: Thomas Weber)

Alle Welt will die Honigbiene schützen. Profitieren davon auch Wildbienen?
Dominique Zimmermann: Ja und nein. Sie können davon profitieren, es kann aber auch schaden. Manche Maßnahmen, die der Honigbiene helfen, helfen auch Wildbienen; vor allem die Reduktion von Insektiziden. Mehr Brachflächen oder eine strukturreichere Landschaft mit Hecken sind natürlich auch von Vorteil. Die Honigbienendiskussion ist nicht grundsätzlich schlecht. Mittlerweile wird das Hauptaugenmerk aber auf die Wichtigkeit der Bestäubung gelegt. Und es ist ein grobes Missverständnis vieler Medien, das für Naturschutz zu halten! Die Honigbiene ist ein Nutztier – wie Kuh oder Schwein. Sie ist natürlich enorm wichtig für die Landwirtschaft und unserer Ernährung. Aber mit Naturschutz hat das Engagement für Honigbienen nichts zu tun.

Mit Naturschutz hat das Engagement für Honigbienen nichts zu tun.

– Dominique Zimmermann (NHM Wien)

Inwiefern kann der Einsatz für Honigbienen Wildbienen schaden?
Imkerei ist ja die einzige Form der Landnutzung, in der fremde Flächen für den eigenen Ertrag genutzt werden dürfen. Besonders problematisch sind deshalb Honigbienenvölker in der Nähe von Naturschutzflächen und dort, wo es bedrohte Wildbienen gibt. Viele Wildbienenarten besuchen die gleichen Blumen wie die Honigbiene. Teilweise weichen Wildbienen aus. Aber bei begrenzten Ressourcen geht das nicht. Teilweise braucht man mobile Honigbienenvölker, um etwa ein ganzes Rapsfeld bestäuben zu lassen. Ist der Raps verblüht, dann weichen zigtausende Honigbienen auf andere Blühpflanzen aus. Das kann eine massive Konkurrenz zu Wildbienen ergeben und deshalb sehe ich kritisch, dass es keinerlei Regelungen zur Dichte an Honigbienenvölkern in der Landschaft gibt. Das Problem ist auch vielen ImkerInnen nicht bewusst. Es bräuchte in der Ausbildung ein Modul für Wildbienen.

Ist diese Konkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen erforscht?
Nein. Honigbienenvölker sind, wie gesagt, oft auch mobil im Einsatz, und es gibt keinerlei Daten zur Honigbienendichte pro Fläche. Wir haben in Österreich auch keine Rote Liste der gefährdeten Wildbienen, weil die Daten und Geld für die Forschung fehlen. Wir wissen also gar nicht wie gefährdet manche Arten wirklich sind. Verhältnismäßig fließen Unsummen in die Erforschung des Honigbienensterbens. In Deutschland gibt es aber eine Rote Liste der Wildbienen und etwas mehr Geld für Forschung, weshalb wir zum Beispiel wissen, dass Wildbienen für die Bestäubung früh blühender Pflanzen sehr wichtig sind.

Dominique Zimmermann,
Kuratorin für Hautflügler am Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien und Wildbienen-Expertin, engagiert sich auch im Österreichischen Wildbienenrat (Bild: NHM Wien)

Was kann jede/r einzelne tun, um Wildbienen zu schützen? Bringen Insektenhotels etwas?
Nur zum Teil. Die weit verbreiteten Bambusstängel fördern nur wenige Arten. Viele Arten sind außerdem Bodennister. Sandige Stellen, etwas ungepflegtere Ecken im Garten sind da viel wichtiger. Und Totholz liegen zu lassen hilft vielen Insekten, nicht nur Wildbienen. Ganz einfach ist es auch, im Garten und am Balkon nicht nur hübsche Zierpflanzen zu setzen, sondern z. B. auch Salbei oder verschiedene Glockenblumenarten anzubauen.

Und was kann ich als Imker tun, um wilde Bienen vor den eigenen Nutztieren zu schützen?
Gute Frage. Bei der Imkerei bestimme ich ja den Ort, an dem die Bienenvölker fliegen. Es ist schon sehr hilfreich wenn das nicht in der Nähe von geschützten Trockenrasen passiert. Dort gibt es viele seltene Pflanzen, auf die sich dementsprechend ebenso seltene Wildbienen spezialisiert haben. Gut wäre es, darauf zu achten, dass die Honigbienendichte nicht zu hoch ist und man nicht zu viele Völker an einem Standort hält. Wieviele das sind, lässt sich pauschal aber schwer sagen, weil es vom Blütenreichtum in der Umgebung abhängt. Aber das ist eine spannende Frage, die eigentlich erforscht gehört: Was eine nachhaltige Imkerei ausmacht, die keine negativen Auswirkungen auf andere Insekten hat.

Braucht es ein Verbot von Imkerei in Naturschutzgebieten?
Das würde schon Sinn ergeben und wäre sehr gut zu rechtfertigen. ImkerInnen haben ja die Möglichkeit, diverse Flächen für ihren Ertrag zu nutzen. Gerade Naturschutzflächen sollten deshalb ausgenommen werden. Und da viele Naturschutzgebiete klein sind, bräuchte es wahrscheinlich sogar eine Pufferzone von einem Kilometer rundum, weil die Honigbiene zu den Arten gehört, die weite Flugdistanzen zurücklegen.

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