CO2-Fußabdruck verkleinern – ISO 14067 soll helfen!

Alleine im Jahr 2010 wurden 30,6 Milliarden Tonnen Kohlenmonoxid weltweit verursacht und haben die Klimaerwärmung vorangetrieben. Eine CO2-Lebenszyklusanalyse soll dem Verbraucher mehr Transparenz bringen.

Wie Treibhausgase verringert werden können, zeigt der derzeit vorliegende Entwurf der ISO 14067-Norm. Dieser bietet objektive Anhaltspunkte zur Einsparung von Kohlenmonoxid und soll neues Problembewusstsein schaffen. Produkte und Dienstleistungen werden von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung unter die Lupe genommen und anhand eines nachvollziehbaren Klassifikationssystems miteinander vergleichbar gemacht. Wir haben Dr. Klaus Radunsky, Abteilungsleiter im Umweltbundesamt, österreichischer Vertreter im Weltklimarat, Friedensnobelpreisträger und Vorsitzender der verantwortlichen Arbeitsgruppe im ISO-Komitee dazu befragt.

Wofür genau steht ISO 14067 und was sagt diese Norm aus?

ISO 14067 legt Prinzipien, Anforderungen und Richtlinien bezüglich der Quantifizierung und Kommunikation des Kohlenstoff-Fußabdrucks von Produkten und Dienstleistungen fest. ISO 14067 baut dabei auf den bestehenden ISO Standards zur Durchführung der Lebenszyklusanalyse auf.

Können Sie uns anhand eines konkreten Beispiels die Errechnung dieses Index von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung des Produkts veranschaulichen?

Bei ISO 14067 handelt es sich um eine Rahmennorm. Das heißt, bei der Umsetzung müssen  bereits vorliegende produktspezifische Bestimmungen beachtet werden.

Für die Berechnung gibt es schon zahlreiche praktische Beispiele aus verschiedensten Staaten bzw. von verschiedensten Firmen und Produkten. ISO 14067 selbst beinhaltet allerdings keine Beispiele für die Berechnung des Kohlenstoff-Fußabdrucks oder eine Norm-konforme Kommunikation. Die normgerechte Berechnung und Kommunikation setzt gemäß ISO 14067 eine Verifizierung voraus.

Zu welchen Ergebnissen kommt die nun als Entwurf vorliegende ISO 14067? In welchem Stadium des Produkt-Lebenszyklus findet tendenziell der höchste CO2-Ausstoß statt? Welche Einsparungspotentiale bestehen in den verschiedenen Phasen?

Das hängt ganz vom Produkt und den spezifischen Rahmenbedingungen des Produktsystems bzw. der Prozesskette ab. Berechnungen des Kohlenstoff-Fußabdrucks für ein handelsübliches Getränk in einer Dose, das überwiegend gekühlt  angeboten wird, erbrachte beispielsweise, dass die Art und Dauer der Kühlung einen sehr wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis haben.

Inwieweit werden dabei Unterschiede in der Produktion, wie zum Beispiel erneuerbare Energie im Vergleich zu fossiler Energie berücksichtigt?

Unterschiede in der Produktion sowie der Art der Bereitstellung von Strom sollten jedenfalls berücksichtigt werden, je nach Berechnung kann sich der Grad der Genauigkeit unterscheiden. Entsprechend  ISO 14067 müssen Unsicherheiten so weit wie praktikabel verringert werden.

Wie genau sieht die Klassifikation z.B. bei landwirtschaftlichen Produkten, die von Ernte und Jahreszeit abhängig sind aus?

ISO 14067 enthält keine produktspezifischen Anforderungen. Bei zeitlich schwankenden Emissionen sind repräsentative Mittelwerte zu bestimmen, um zu einer vergleichbaren Berechnung zu kommen.

Liegt die Hauptverantwortung für die CO2-Reduktion Ihrer Ansicht nach bei den Produzenten oder bei den Konsumenten? Sollten Unternehmen mit zu hohem Ausstoß sanktioniert werden, bzw. sollte für Produkte mit zu hohem Index eine CO2-Steuer erlassen werden?

ISO stellt ein Werkzeug zur Berechnung zur Verfügung und versteht sich nicht als Regulator. Die Anwendung des Standards erfolgt in der Regel auf freiwilliger Grundlage. Dies schließt natürlich nicht aus, dass zukünftig gesetzlich verpflichtende Regelungen eingeführt werden. In den letzten Jahren ist der Trend zu beobachten,  dass zunehmend große, multinationale Unternehmen systematisch den Kohlenstoff-Fußabdruck ihrer Produkte erheben und sich auch Unternehmensziele zur Absenkung desselben setzen. Das hat auch unter Umständen Einfluss auf Zulieferer und ihre Produkte.

Für die Konsumenten erfordert die Anwendung von ISO 14067 eine Information über die Möglichkeiten zur Beeinflussung des Kohlenstoff-Fußabdrucks in der Nutzphase sowie bezüglich Recycling und Entsorgung.

Eine vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Bio-Produkte einen erheblich geringeren CO 2-Ausstoß verursachen als vergleichbare Produkte aus nicht-biologischem Anbau (bei Weizenbrot etwa um 25% weniger). Die Studie wurde allerdings vom Produzenten des besagten Produktes in Auftrag gegeben. Ist Bio generell vorteilhafter für die Klimabilanz? Wo liegen in der Landwirtschaft die größten Belastungsfaktoren bzw. Möglichkeiten zur Verbesserung?

Diese Fragen sind nicht generell zu beantworten. Dazu unterscheiden sich die einzelnen Produktsysteme zu sehr. Zieht man nur den Transport heran, können sich  je nach Schiff und Infrastruktur die spezifischen Emissionen für dieselbe Transportleistung deutlich voneinander unterscheiden.

Inwieweit wird ISO 14067 eine größere Transparenz für den Konsumenten mit sich bringen? Wird es in Zukunft eine schlüssige Etikettierung von Produkten geben, die dem Käufer einen besseren Vergleich der durch das Produkt verursachten CO 2-Belastung ermöglichen?

ISO 14067 wird ohne Zweifel zu einer verbesserten Vergleichbarkeit und erhöhten Transparenz der Berechnungen führen. Und durch die Verwendung bzw. Entwicklung von speziellen Richtlinien für einzelne Produktkategorien kann noch einmal eine weitere Verbesserung der Vergleichbarkeit erzielt werden. Vergleiche des Kohlenstoff-Fußabdrucks unterschiedlicher Produktkategorien werden jedoch immer speziellen Studien bzw. dem Fachmann vorbehalten bleiben.

Denken Sie, dass die ISO-Norm nachhaltige Auswirkungen auf das Konsumverhalten bzw. den Markt haben könnte? Etwa durch Sensibilisierung der Menschen durch mediale Präsenz?

Ich bin überzeugt, dass ISO 14067 – genauso wie vergleichbare Standards –  einen signifikanten Einfluss auf das Konsumverhalten haben. Dies ist schon jetzt daran zu erkennen, dass große Unternehmen Produkte mit entsprechenden Informationen versehen. Dies würde nicht geschehen, wenn der Markt nicht auf solche Informationen reagieren würde.

Wo liegen die größten Einsparungspotentiale für den Endverbraucher, wo im Alltag?

Die großen Einsparungspotentiale liegen in den Bereichen Wohnen (Niedrigenergiehaus, erneuerbare Energieträger benutzen), Mobilität  (Fahrrad, öffentlicher Verkehr, erneuerbare Energieträger), Konsum- und Essensgewohnheiten (regionale, saisonale Produkte, Verringerung des Fleischkonsums), Freizeitverhalten (bewusstes Reisen).

TEXT & INTERVIEW Anna Hoffer

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