Urlaub ohne NachbarInnen

Im Urlaub einen Baum retten: Sanfter Tourismus kann WaldbesitzerInnen ermöglichen, die Baumentnahme zu reduzieren.

Die Zelt- und Hüttenwaldcamps versprechen Ruhe und ein ungestörtes Naturerlebnis. Foto: Friedrich Hardegg

»Gelebter Umweltschutz«, so sieht Friedrich Hardegg sein Waldurlaub-Angebot. Und er meint das ganz konkret: »Wir wollen langfristig die forstwirtschaftliche Nutzung reduzieren und dabei hilft uns der sanfte Tourismus. Für jeden Gast, der bei uns bucht, müssen wir einen Baum weniger umschneiden, um unsere Fixkosten abzudecken.« Soweit die Motivation hinter dem Konzept, das sanften Tourismus mit »Rewilding«, also dem Wiederherstellen naturüberlassener Gebiete verbinden soll. Den Zugang seiner Gäste zur Natur kann er nur vermuten. Da diese in erster Linie wegen der Abgeschiedenheit und Ruhe in seinen Wald kommen, will er sie auch nicht mit Fragen belästigen. Er hat bisher aber die Erfahrung gemacht, dass sie sehr rücksichtsvoll mit der Natur umgehen: »Wir versprechen unseren WaldurlauberInnen völlige Ruhe vor der Zivilisation. Durch einen Mindestabstand von zwei bis drei Kilometern zwischen jedem Waldcamp kommt es kaum zu einer Beeinträchtigung der Natur und seltener Tierarten. Es gibt nur drei Zelt-Waldcamps und zwei Hütten. Darüber hinaus gibt es Ruhezonen in den felsigen Höhenlagen, die unsere Gäste auch nicht alleine betreten sollten. Dies wird respektiert«, so Hardegg.

Eine Holzhütte steht auf einem sonnenbeschienen Plateau im Wald. Sie ist von hohen Nadelbäumen umringt.
Die Melkstatt Hütte liegt auf 950 Metern Höhe und diente früher der Baronenfamilie als Jagdhütte. Foto: Friedrich Hardegg

Angrenzend an den Naturpark Ötscher-Tormäuer liegt sein Isbary Bioland Naturresort nördlich von Mariazell im Pielachtal. Mit 2.500 Hektar ist es eines der größten Öko-Resorts Österreichs. In den letzten Jahren hat Hardegg neben der Bewirtschaftung der Wälder und seiner Tätigkeit im Immobilienbereich begonnen den Wald für UrlauberInnen zu öffnen. Die Idee dazu hat er sich von Angeboten in Großbritannien abgeschaut und importiert. Und während der Urlaub in aller Abgeschiedenheit im Wald für manche geradezu naheliegend ist, brauchen andere eine schrittweise Annäherung an diese Form der Erholung und Auszeit. So kommt es, dass Friedrich Hardegg gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Reini Rossmann verschiedene Stufen der Naturnähe anbietet.

Reichtum und Nutzbarkeit der Natur

Rossman ist unter anderem Bushcraft- und Survival-Trainer, der es mit seinen Videos auf Youtube zu einer beachtlichen Fanschar gebracht hat. Unter Survival versteht er das Überleben in der Natur mit möglichst wenig Ausrüstung und Gerätschaft. Bushcraft ist die etwas bequemere Variante: Hier geht es darum »Kochen, Trinkwasseraufbreitung oder auch den Bau von Unterkünften« in der Natur und aus der Natur unter der Verwendung spezieller Ausrüstung zu bestreiten. Kaffee mit einem Gaskocher zu kochen, ist damit nicht gemeint. Zumindest im Survival steckt mehr als nur sprachlich der Aspekt, dass die Natur feindlich gesinnt und letztlich – und sei es durch Kälte – tödlich sein kann. Er ist aber überzeugt, dass die Zeit, die in der Natur verbracht wird, zu mehr Nähe und Rücksicht führt. Wer mehr über die Natur und das, was sie bereithält, weiß, gibt auf sie acht. Wobei Bushcraft für ihn nur ein möglicher Zugang ist und er etwa eine Verwandtschaft zu Kräuterwanderungen und anderen Angeboten sieht, die ebenfalls Wissen über Reichtum und Nutzbarkeit der Natur vermitteln.

Die TeilnehmerInnen an seinen Survirval- und Bushcraftkursen sind zu rund 70 Prozent Männer sowie Männer mit ihren – teilweise auch noch recht kleinen – Kindern. In seiner Erzählung gibt es die aktuelle Erweiterung in Richtung Waldurlaub, der auch in Häusern und Hütten verbracht werden kann, um vermehrt Frauen und ganze Familien anzusprechen. Diese Hütten sind bei Friedrich Hardegg keine Neubauten, sondern renovierter Bestand, wie die rund 200 Jahre alte Melkstatt Hütte. Anfängliche Befürchtungen die temporären Gäste würden zu wenig Rücksicht nehmen, haben sich nicht bewahrheitet: Der Müll wird wieder mitgenommen, Feuer nur an passenden Plätzen gemacht und Wildschutzgebiete werden berücksichtigt. Außerhalb der Kurse sind die UrlauberInnen hier auf sich allein gestellt – bisher gab es wenig Grund, sie dabei zu kontrollieren.

Ein Mann kniet vor einem kleinen Holzofen im Zelt und entfacht ein Feuer.
Das Zelt wird durch einen kleinen Holzofen geheizt – Feuerholz kann man vor der Haustüre sammeln. Foto: Friedrich Hardegg

Neigung zur Selbstversorgung

Rein rechtlich ist es in Österreich übrigens so, dass Wildcampen oder das freie Stehen mit einem Wohnmobil grundsätzlich nicht erlaubt sind, auch wenn einzelne Regionen hier dezidiert Ausnahmen schaffen. Noch weniger ist es natürlich gestattet, in einem Wald – der sich oft im Privatbesitz befindet – einfach Bäume umzuschneiden oder ein Lager zu bauen. Im Bioland von Friedrich Hardegg ist dies dezidiert erlaubt und erwünscht. Die Kurse von Reini Rossmann lehren das nötige Wissen darüber, wie man die Natur achtet. Das Gebiet ist attraktiv gelegen: abseits, in größtmöglicher Ruhe; wobei es – zumindest mit dem Auto – gut erreichbar ist. Es gibt Wald und Lichtungen, Hänge und Bäche mit frischem Wasser zur Wasserversorgung oder auch zur Abkühlung und als Spielplatz im Sommer. BushcrafterInnen und WaldurlauberInnen neigen naheliegenderweise zur Selbstversorgung. Es gibt auf dem Gelände aber auch einen Shop – in erster Linie mit Biolebensmitteln – und eine Almhütte mit gastronomischem Angebot.

Das Isbary Bioland ist als eine von vier österreichischen Ländereien Mitglied der privaten Wildlife Estates, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihre Tätigkeit in Einklang mit den Biodiversitätszielen der EU zu bringen. »Die Idee zu dem Ganzen hatte ich nach dem Besuch des englischen Knepp Estates. Auf diesem Gut, 70 Kilometer von London entfernt, gibt es ein beeindruckendes Rewilding-Projekt. Das Buch dazu, ›Wilding: The Return of Nature to a British Farm‹ (Picador, 2018), geschrieben von Eigentümerin Isabella Tree, kann ich nur empfehlen. Bei uns in Österreich gibt es kaum Vergleichbares, dadurch ist unser Konzept auch so ein großer Erfolg. Es lässt sich nicht immer alles, was man woanders sieht, genau so umsetzen, außerdem sind oft Grundvoraussetzungen, Gesetze, Finanzierungsmöglichkeiten und vieles mehr unterschiedlich. Jedoch kann die Rewilding-Idee, wie ich meine, sofern die Entscheidung darüber den EigentümerInnen vorbehalten bleibt, für manchen Forstbetrieb auch in Österreich durchaus interessant sein.«

Aktuell kann im Aufbau des Waldurlaub-Angebots durchaus eine Idylle gesehen werden, die für alle funktioniert. Friedrich Hardegg weiß aber schon heute, dass Wachstum hier nur bis zu schnell erreichten Grenzen möglich ist, um der Natur und dem Grundgedanken seines Angebots nicht zu schaden. Und auch für Reini Rossmann ist eine Skalierung nicht das Ziel. Für ihn sind »Landwirtschaft, Freizeitbeschäftigungen im Wald, Fischen oder auch Jagenalles Beschäftigungen auf Basis einer Nutzung der Natur. Und so müssen alle bedenken, welche Auswirkungen ihr Handeln auf andere NutzerInnen und die Natur selbst hat.«

Alle Infos zu den verschiedenen Angeboten des Isbary Bioland auf waldurlaub.at. Eine Übersicht über die Kurse von Reini Rossmann gibt es auf ueberlebenskunst.at.

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