Hühnerhaltung: 5 Buchtipps

Fünf herausragende Ratgeber über Henne und Hahn im Garten, am Balkon und in der Suppe.

Kein Monat, in dem nicht ein neues Buch die Hühnerhaltung und die Selbstversorgung mit Eiern anpreist. Fünf herausragende Titel über Henne und Hahn im Garten, am Balkon und in der Suppe.


»Hühnerglück in meinem Garten« von Élise Rousseau.
Ulmer Verlag, 2018.

»Hühnerglück in meinem Garten«

Farbenfroh, kurzweilig und familientauglich: Ja, man kann sich regelrecht vorstellen, wie die Familie gemeinsam über diesem Buch zusammensitzt und – noch unsicher, ob das mit den eigenen Hühnern wirklich eine gute Idee wäre – einander vorliest und über den Seiten mit dem »Hühner-Casting« diskutiert, ob das Seidenhuhn nicht vielleicht doch besser passen würde als ein Niederrheiner oder das Nackthalshuhn mit seinem »Geier-Look«. Dass am Einband nicht nur eine Henne und ein Küken, sondern auch ein gezeichnetes Huhn und ein Transparent mit der Aufschrift »Haltet Hühner!« zu sehen sind und dass bereits der Titel»Hühnerglück« verspricht, vertreibt die letzten Zweifel. Wer unter den vielen Büchern, die mittlerweile zur Hühnerhaltung erschienen sind, zu genau diesem greift, weiß vermutlich noch nicht, dass er oder sie sich insgeheim längst für »Dickmadam« entschieden hat. Ja, die Hauptdarstellerin in diesem Buch heißt »Dickmadam«. Alles an diesem Buch macht  Lust auf Hühner und liefert die richtigen Argumente, andere Familienmitglieder zu überzeugen. Unterhaltsam jubelt einem Élise Rousseau alles Wissenswerte über Anschaffung und Haltung des Geflügels unter – von der Vergesellschaftung mit einer Katze über den richtigen Umgang mit Hühnerkacke bis zur Transsexualität alter Hennen. Ein Buch wie ein Verbündeter.

»Alles Huhn. Altes Wissen, neu gelebt. Mit über 60 köstlichen Rezepten« von Gabriele Halper und Irena Rosc, fotografiert von Luzia Ellert.
Löwenzahn Verlag, 2019.

»Alles Huhn. Altes Wissen, neu gelebt.«

Wer Hühner nur streicheln möchte, ist mit anderen Ratgebern besser bedient. »Alles Huhn« bietet auch keinen Leitfaden dazu, wie die eigene Hühnerschar am besten gefüttert und gesund gehalten wird. Dieses Wissen wird vorausgesetzt. Und auch, dass man – die eine früher, der andere später – zur Überzeugung gelangt ist, vom Huhn nicht nur die Eier zu nutzen. So ist auch die einzige richtige Anleitung im Buch – inmitten von opulenten Rezeptbildern und glücklichen, naturnah gehaltenen Rassehühnern – jene zum Schlachten und Ausnehmen eines Huhns.

Die Rezepte sind nicht nach vegetarischen und nicht-vegetarischen gegliedert. Hier geht alles wie selbstverständlich ineinander über: traditionelle Rezepte wie das Wiener Backhuhn, der Coq au Vin oder das Paprikahuhn, wir bekommen Lust auf Chicken Bagel und ein Wasabi-Huhn, ein Gläschen Eierlikör als Dessert. Ein Anliegen ist den Autorinnen auch die Wertschätzung für Innereien. Denn wer Hühner achtet und trotzdem isst, wird es nicht übers Herz bringen, irgendetwas davon /nicht/ zu verwerten, gar wegzuwerfen. Was also spricht gegen gebackene Hahnenkämme, gegen Hühnerleberpastete oder geschmorte Hühnerherzen? Genau. Nichts.

»Hühner. Eine Liebeserklärung« von Matteo Tranchellini und Moreno Monti.
TeNeues, 2020.

»Hühner. Eine Liebeserklärung«

In diesem Prachtband finden wir nicht nur anbetungswürdige Fotografien von »Models aus dem Hühnerstall«, sondern auch bedeutungsvolle Sätze wie »Die Hühnerzucht ist ein Punkt, in dem unsere Größenfantasie und Ohnmacht zusammentreffen«. Untertitel mit dem Hinweis auf die Liebeserklärung bräuchte dieses Druckwerk also keinen. Wer, wenn nicht Hühnerfreaks, käme überhaupt auf die Idee, ein 1,5 Kilogramm schweres Fotobuch über Hühner (Hähne mitgemeint) zu kaufen? Was, wenn nicht eine Hommage an das inszenierte Tier, würden einem zwei Mailänder Fotografen schon auftischen? Wir lesen, blättern, bestaunen: den tiefschwarzen Kosovokräher, prächtige Bentam-Hühner, einen zierlichen Sebright-Hahn mit zitron-schwarzgesäumtem Gefieder, und, und, und. Was die sieben Jahrtausende währende Co-Evolution von Mensch und Huhn hervorgebracht hat, ist wahrhaft erstaunlich – und droht in der Welt des Hybridgeflügels verloren zu gehen. 200 Rassen mit über 1000 Farbvarianten gäbe es allein in Deutschland; zu viel für jedes noch so ambitionierte Buchprojekt. Der Inszenierung des Huhns als Sehnsuchtstier – oder, banaler gesprochen: vom Huhn als Modetier – kann Michael Freiherr von Lüttwitz in seinem Vorwort naturgemäß einiges abgewinnen. Als Biologe, Journalist und Preisrichter für Rassegeflügel bekennt er auch, worum es ihm geht: um Werbung für Hühnerhaltung, um die Erhaltung alter Rassen, um Biodiversität. Bereits dem Huhn verfallen scheint auch Anne Jacoby, von der die Texte stammen. »Es tut uns gut, das Huhn«, schreibt sie. »In seiner zufriedenen Jetztbezogenheit erdet es uns, es beruhigt uns. Denn anders als wir lässt es sich nicht von tausenderlei Zerstreuungen ablenken. Es tut, was getan werden muss: picken und verdauen, Eier legen und brüten, Küken beglucken und im Staub baden, Chef- und andere Hähne managen, am Abend auf die Stange flattern, Augen zu und fertig. Die Hühnerwelt ist eine übersichtliche Welt.« Das mag so sein. Dass die Vielfalt gleichzeitig unüberschaubar ist und erhalten gehört, davon begeistert uns dieses Buch. Denn vor uns liegt, 200 Seiten stark und zweisprachig (Deutsch-Englisch), die Ästhetik des Widerstands gegen industrielle Hühnerhaltung.

»Ideenbuch Hühnerställe. 12 Modelle Schritt für Schritt selbstgebaut« von Hervé Husson.
Ulmer Verlag, 2019.

»Ideenbuch Hühnerställe«

Inspirierend wie Pinterest, aber fachmännisch fundiert und zigtausendfach bewährt sind alle zwölf Bauanleitungen für Hühnerställe, denen sich der französische Autor und »Chez Ysengrin«-Blogger Hervé Husson in seinem Ideenbuch widmet. Denn Husson beruft sich dabei nicht nur auf die in seiner Heimat bis in die 1970er-Jahre weitverbreitete Tradition der Kleintierhaltung und Selbstversorgung mit Eiern und Geflügel. Er beschränkt sich auch ausschließlich auf erprobte Poulailler-Modelle. »Die in diesem Buch vorgestellten zwölf Stallmodelle sind allesamt in ganz Frankreich, der Bretagne und auf Korsika zu finden«, heißt es im Vorwort. Damit sind die Ställe – ob klein und mobil, stationär und multifunktionell, teilbar für Zuchtgruppen, mit Voliere oder achteckig und auf Stelzen, für zwei oder für zwanzig Hühner – zwangsläufig auch günstig, mit haushaltsüblichem Werkzeug bewältigbar und ökologisch vertretbar.

Holz und Scharniere, Draht, Gitter und Teerpappe, mehr braucht es in der Regel nicht. Husson listet jeweils den Materialbedarf auf, er liefert zu allen Bauideen 3D-Pläne, genaue Maße und Zeichnungen. Auch sehr brauchbar: das allerletzte Kapitel voller praktischer Tipps zu Bau und Einrichtungen – über Nester, Sitzstangen, Manschetten zur Rattenabwehr und mit handfesten Antworten auf die Frage »Wie schütze ich mein Geflügel vor Beutegreifern?«. Denn auch Igel, Möwe und Eichelhäher lieben Eier und Küken, von oben haben es Habicht und Sperber, vom Boden Katze, Fuchs, Marder und neuerdings auch der Waschbär auf die Hühner abgesehen.

»Wachteln im Garten. Artgerechte Haltung Japanischer Legewachteln« von Nina Dittmann.
Pala Verlag, 2019.

»Wachteln im Garten«

Vieles spricht für die Wachtel. Vor allem: der Geschmack ihrer Eier. Diese werden nicht zufällig als Delikatesse gehandelt. Im Supermarkt gekauft stammen sie allerdings fast durchwegs aus nicht artgerechter Intensivtierhaltung. Zwar gibt es seit Kurzem eine Biorichtlinie für die Produktion von Wachteleiern: Es dürfen Wachteleier, die von biozertfiizierten Höfen stammen, auch als Biowachteleier vermarktet werden. Doch in Bioqualität bleiben diese bislang schwer verfügbar. Was wiederum dafür spricht, sich einfach selbst ein paar Japanische Legewachteln anzuschaffen. Zumal für die Haltung der robusten Hühnervögel keine Ländereien erforderlich sind. Es reicht ein weitläufiger Balkon oder Hinterhof. Und auch in engen Reihenhaussiedlungen wird sich niemand in der Nachbarschaft an ihrer Anwesenheit stören. Nina Dittmann, die Autorin dieses liebevollen Ratgebers, lebt selbst im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet. Ihr praxisnahes Buch bietet nicht zuletzt deshalb wertvolle Hilfe, weil es den wichtigen Fragen einen großen Teil vorab einräumt: Bin ich bereit, mich regelmäßig und über einen längeren Zeitraum mit der Pflege meiner Tiere zu binden? Ist es sinnvoll, mit Küken zu beginnen? Und so weiter. Auch darüber hinaus werden alle relevanten Fragen beantwortet. Dass sie das Thema Fleisch und Schlachtung ausspart, ist allerdings stimmig. Zwar schwärmen Feinspitze von der saftigen »Blutwachtel«. Doch das Buch richtet sich an HobbyhalterInnen, die vielleicht über eine Handvoll Wachteln verfügen. Dafür werden die 21 Wachteleirezepte des letzten Kapitels reichen.

Auch nicht schlecht:

»Hühner Basics. Hühnerhaltung für Anfänger« von Esther Schmidt. Gräfe & Unzer, 2019.

»Chicks In The City. Hühner halten in der Stadt« von Marlies Busch. Ulmer, 2017.

»Ach du dickes Ei! Meine Kinder, die Hühner und ich«, eine Familiengeschichte von Katrin Sewerin. Knaur, 2019.

»Hühner. Alles zur artgerechten Haltung, Pflege und Nachzucht« von Jakob Eggenhofer. EMF Edition Michael Fischer, 2018.

»Happy Hühnergarten. Von dem Vergnügen, mit glücklichen Hühnern gärtnern zu dürfen« von Robert Höck, bekannt von seinem YouTube-Kanal »Happy Huhn«. AV Buch, 2020.

BIORAMA #67

Dieser Artikel ist im BIORAMA #67 erschienen

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