Wie schafft man es, als Kleinstadt attraktiv zu bleiben?
Waidhofen an der Ybbs setzt auf mutige neue Ideen und eine Stärkung der Innenstadt. Die Stärkung der Ortskerne ist auch Thema der neuen blau-gelben Wohnbaustrategie.
Im Südwesten des Mostviertels, eingebettet in eine Landschaft aus grünen Wiesen und satten Wäldern, überzeugt die Waidhofen an der Ybbs durch den historischen Ortskern, der zum Verweilen einlädt. Eine schöne Innenstadt alleine hilft allerdings nicht gegen strukturelle Probleme, mit denen gerade Kleinstädte und Gemeinden am Land zunehmend zu kämpfen haben. Menschen weltweit zieht es zunehmend in Großstädte, die Bewohner von Waidhofen an der Ybbs sind keine Ausnahme, wie von der Rechercherplattform Addendum veröffentlichte Zahlen zeigen. 2003 wohnten hier 11.752 Einwohner, heute sind es 11.333. Die meisten Abwanderer ziehen nach Wien. „Wir stehen als Kleinstadt heute in einem großen Wettbewerb, die Regionen stehen insgesamt im Wettbewerb, bei der Bevölkerung, bei den Betrieben, bei den Gästen. Ein wichtiger Lösungsansatz ist für uns Kooperation. Die Herausforderung liegt auch darin, andere immer wieder von mutigen Ideen zu überzeugen und zusammenzuarbeiten“, so Bürgermeister Werner Krammer.
Belebung durch Koordination und Zusammenarbeit
An Ideen und Initiative mangelt es in der Stadt nicht. Im Rahmen der Gründerinitiative Eisenstraße fördert man in Kooperation mit den Gemeinden Scheibbs, Wieselburg und Purgstall Gründungen in den Ortszentren. Insgesamt 20 potenzielle Unternehmerinnen und Unternehmer werden mit finanzieller Unterstützung und Mentorenprogrammen bewusst dazu animiert, sich vor Ort niederzulassen und sich zu etablieren. Um den Stadtkern zu stärken, hat man sich zudem schon vor Jahren gegen ein Einkaufszentrum vor den Toren und für eine Belebung der Innenstadt entschlossen. Seit 2005 arbeitet man an einer Verbesserung der Bausubstanz, ein Innenstadtkoordinator vermittelt zwischen verschiedenen Stakeholdern und führt potentielle Vermieter und Mieter zusammen. Von 2.400 Quadratmetern leerer Verkaufsfläche blieben bis 2013 nur 500 Quadratmeter übrig. „Die vielen Fachgeschäfte und der historische Stadtraum sind unsere Stärke. Das Zusammenspiel aller Kräfte wie Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Hausbesitzer die Voraussetzung für eine nachhaltige Veränderung. Wir leben die Kooperation mit allen Organisationen und der Stadtverwaltung. Das bringt eine enorme Umsetzungskraft – auch durch die Stabstelle Standortentwicklung, die eng mit dem Innenstadtkoordinator Hans Stixenberger zusammenarbeitet“, so Bürgermeister Werner Krammer weiter.
Wohnbauförderung stärkt Ortskerne
Damit folgt Waidhofen an der Ybbs einem gesamt-niederösterreichischem Trend. Auch auf Landesebene ist die Stärkung der Ortskerne ein Thema. Im Rahmen der neuen blau-gelben Wohnbaustrategie wurde für den Neubau und für die Sanierung ein finanzieller Bonus eingeführt, um ländliche Regionen als Wohnraum attraktiv zu halten. Im Durchschnitt soll es künftig bis zu 20 Prozent mehr Förderung seitens des Landes geben. Gewerbliche Bauträger haben zudem zukünftig die Möglichkeiten, Förderungen zu beantragen, wenn sie leerstehende Gebäude in Ortszentren als Mietwohnungen sanieren. Für Häuslbauer gibt es für einen Neubau im Ortskern zusätzlich zur regulären Wohnbauförderung je nach Projekt und Lage bis zu 12.000 Euro an Förderungen, wenn sowohl die Ortskernbelebung als auch der regionsbezogene Ausgleichsbonus beantragt werden kann. Wer sein Haus im Ortskern sanieren möchte, kann sich zukünftig einen Teil der Sanierungskosten mit Energieausweis mittels Einmalzuschuss des Landes fördern lassen.
Fachkräfte vor Ort halten
Um dem mit der Abwanderung einhergehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt Waidhofen an der Ybbs auch auf kreative Maßnahmen. In Kooperation mit der ARGE Ybbstal können heimische Betriebe etwa beim Fachkräfte-Clubbing im Schloss Rothschild ihre Ausbildungsplätze präsentieren. Einen langfristigen Standortvorteil erhofft sich Bürgermeister Werner Krammer zudem durch den neu initiierten Beta-Campus. Auf dem Gelände des ehemaligen Bene-Werks soll bis 2022 ein Hub entstehen, der die Bereiche Wohnen, Arbeiten, Forschen und Vernetzen künftig verbindet. Das Projekt entsteht organisch und soll in den nächsten Monaten und Jahren Schritt für Schritt wachsen.
Experimentierfeld Beta-Campus
„Der Beta-Campus ist ein Experimentierfeld, das auch unseren Blick auf die Zukunft unterstreicht. Wir sehen sie als Möglichkeit, als Chance, die wir aktiv mitgestalten können. In sieben Leistungsbereichen denken wir über mutige Wege nach – und das soll uns langfristig auch einen Standortvorteil bringen. Der Beta-Campus ist quasi die F&E-Abteilung unserer Stadt“, erklärt Bürgermeister Werner Krammer. Ziel ist ein Ort der Begegnung und der Innovationskraft, direkt in Waidhofen an der Ybbs. Ein Co-Working-Space, sowie das sogenannte Idea-Lab, in dem Workshops stattfinden können, stehen bereits jetzt schon zur Verfügung.
Bis 2023 soll das Polytechnikum am Beta-Campus einziehen und eine Vernetzung zwischen Schülern, Lehrlingen und Firmen ermöglichen. Eigens eingerichtete Labore und Werkstätten bilden das kreative Herzstück zum Forschen und Experimentieren. Zudem soll der Campus auch jungen Menschen, die für Ausbildung oder Job in die Region kommen, einen passenden Wohnraum bieten. Die Bandbreite reicht von Zimmern innerhalb eines betreuten Wohnraums bis zu Kleinwohnungen für Singles und Paare. Ein solcher Hub soll helfen, gerade junge Leute in der Region zu halten – oder wieder zurückzugewinnen, so Krammer weiter: „Gerade diese Hubs brauchen wir, um attraktiv zu bleiben, auch damit junge Menschen vielleicht für eine Zeit auswandern, aber bestausgebildet wieder nach Waidhofen zurückkehren.“
Dieser Artikel ist Teil einer entgeltlichen Kooperation. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit haben wir uns auch mit den Themen Alarmanlagen, Tipps der Polizei gegen Einbrüche und Genossenschaftswohnungen als Eigentumoption beschäftigt.