»Yoga – die Kraft des Lebens« – ein Film von Stéphane Haskell

"Yoga – die Kraft des Lebens" vermittelt die Kraft einer Lebensanschauung, die mehr ist als ein Fitnesstrend. Eine Rezension von Yogalehrer Helmut Kirchner

Stéphane Haskells Yoga-Film zelebriert eine Lebensweise, die weit mehr ist als ein Fitnesstrend. (Foto: Polyfilm)

»Yoga teaches us to cure what need not be endured and endure what cannot be cured.« – B.K.S. Iyengar (1918 -2014)

Nach seinem Weg aus Alkoholsucht und Immobilität in Folge eines Bandscheibenvorfalls macht sich der Filmemacher Stéphane Haskell auf, um einerseits seine persönliche Auseinandersetzung mit Yoga, »die ihn ins Leben zurückgeholt hat«, zu dokumentieren, als auch weltweit nach positiven Spuren von Yoga zu suchen.

Rund um den Globus lässt er YogalehrerInnen zu Wort kommen, die an den ungewöhnlichsten Orten Menschen mit außergewöhnlichem Schicksal unterrichten. Gefängnisinsassen, Patienten mit Multipler Sklerose, ein orthodoxer Rabbi, ein Massaistamm u.a. erzählen von ihren Begegnungen und ihrem Weg mit Yoga.

Stéphane Haskell hat einen Massai-Stamm besucht, der Yoga praktiziert. (Foto: Polyfilm)

Auch der eingangs zitierte Iyengar, der maßgeblich an der Verbreitung von Yoga im Westen beteiligt war, darf zu Wort kommen. Er prägte einen Stil, der oft wegen seiner starken physischen Ausrichtung kritisiert wird, ohne den es jedoch keine yogatherapeutischen Ansätze gäbe.

Der französische Filmtitel »Debout« lässt noch mehr von Haskells Weg aus Schmerz und Verzweiflung erahnen. Auch die Interviewten lässt er von den physischen Herausforderungen berichten, aber Haskell vermag es überdies, die in deren Yogapraktik auftauchenden mentalen, psychischen Auseinandersetzungen und die daraus gewonnene positive Lebensveränderung präsent werden zu lassen.

Die Kraft, die von Yoga ausgeht
Allerdings könnte man beim Betrachten des Films auch den Eindruck gewinnen, dass Medizin, Psychotherapie, Resozialisation oder sogar Diplomatie durch Yoga obsolet werden könnten – Haskell relativiert dies nur im Nebensatz. Denn um hier auch die Kehrseite zu beleuchten: Es gibt eine dokumentierte, erkleckliche Anzahl an Wirbelsäulen- und Knieverletzungen durch Asanas – auch unter YogalehrerInnen. Es gibt Mißbrauchsfälle durch Yogalehrer und (selbst)erkorene Gurus. Und angesicht des Business um Yoga fragt man sich, wo das ursprüngliche metaphysische, mystische Yoga zu finden ist.

(Foto: Polyfilm)

Doch hört man die Hoffnung induzierenden Erzählungen der im Film Interviewten, dann spürt man die Kraft einer Lebensanschauung, die auch im Westen über einen Fitnesstrend hinausgewachsen ist. 

Der zu Beginn beruhigende französische Monolog (deutsch untertitelt) mutet nach der Hälfte des Films etwas monoton an, aber die Bilder sind schön und kräftig und machen den Film durchaus sehenswert. 

Filmstart: 5. Juli 2019

Helmut Kirchner ist Yogalehrer in Niederösterreich.

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