Green Festival Guide 2019

Der Start der Festivalsaison liegt in nicht mehr allzu weiter Ferne – auch diesen Sommer setzen viele Veranstalter bei der Eventplanung auf ein nachhaltiges Konzept. Was ein Green Festival überhaupt ist und wo die diesjährigen Highlights zu finden sind, zeigt euch der BIORAMA Green Festival Guide:

Titelbild: Meeresrausch Festival.

Mit dem ersten Bierzischen unter freiem Himmel startet in den nächsten Wochen auch offiziell die Vorbereitung auf die diesjährige Festivalsaison. Egal ob gemütliche Wohnzimmeratmosphäre oder gigantische Bühnen, akustische Sounds oder laute Bässe – wer diesen Sommer feiern will, wird sicher nicht vom Angebot enttäuscht werden. Was allerdings bei vielen Festivals irgendwo zwischen Mainstage und Campingplatz verloren geht, ist der Gedanke an die Umwelt. Diese wird bei den meisten Veranstaltungen durch riesige Mengen Müll, extremen Energieverbrauch und hohe Treibhausemissionen stark belastet. Mittlerweile gibt es aber immer mehr Veranstalter und Musikbegeisterte, die Umweltverschmutzung nicht mehr als unvermeidbare Begleiterscheinung akzeptieren und sich aktiv für einen ökologischen Festivalsommer einsetzen. 

Festivals können in vielerlei Hinsicht zur Umweltbelastung werden – einige Veranstalter bemühen sich allerdings um nachhaltige Konzepte. Bild: Stephan Flag/Melt! Festival.

Nachhaltige Eventkonzepte 

In Deutschland engagiert sich die Green Music Initiative gemeinsam mit verschiedenen Akteuren aus dem Musik- und Entertainmentbereich für die Förderung von klimaverträglichen Veranstaltungen. Die Entwicklung und praktische Umsetzung von CO2-Reduktionsstrategien stehen dabei im Vordergrund, aber auch die Minderung anderer Belastungsfaktoren werden in die ökologischen Festivalstrategien miteingebunden. In Österreich arbeitet Green Events Austria an der Verbesserung von Umweltstandards auf Festivals. Die von der Initiative des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus angestrebte „nachhaltige Veranstaltungsorganisation“ orientiert sich an unterschiedlichen ökologischen und sozialen Themenfeldern und hat zum Ziel, einheitliche Umweltstandards für Festivals und andere Events in ganz Österreich zu etablieren. 

Auf internationaler Ebene setzen sich außerdem Green Operations Europe (GO) und A Greener Festival für die Entwicklung und Beachtung von Klima- und Umweltaspekten im Eventbereich ein. Viele Initiativen verleihen zudem jährlich Auszeichnungen für beispielhafte Umsetzungen, die Festivalbegeisterten bei der nächsten Sommerplanung als Orientierungshilfe dienen können. 

Was macht ein Festival green?

Wer sich schon einmal auf einem großen Festival durch ein Meer aus Dosen gekämpft hat, ahnt bereits, dass ein „grünes“ Event in erster Linie dort beginnt, wo Müllproduktion weitgehend vermieden wird. Der Verzicht von Wegwerfgeschirr und Einwegverpackungen (insbesondere jenen aus Kunststoff) ist der erste Schritt zu einem umweltfreundlichen Festivalwochenende. Zudem kann ein gut organisiertes Abfallsystem, der Einsatz von Pfandbechern oder eine zusätzliche Tauschmöglichkeit für gesammelten Müll einen großen Unterschied machen. 

Eine entspannte Atmosphäre entsteht auf Green Festivals auch ohne unnötige Belastung der Umwelt. Bild: Matthias Rhomberg/Poolbar.

Ein Green Event wird allerdings nicht allein durch die Reduktion sichtbarer Folgen wie Müll definiert, sondern auch durch einen möglichst niedrigen Ausstoß von CO2. Durch die Bildung von Fahrgemeinschaften und Angebote von Kombitickets für öffentliche Verkehrsmittel kann die Klimabelastung reduziert werden, die normalerweise durch die An- und Abreise entsteht. Ein Green Event bietet außerdem ein Angebot an Biogastronomie bzw. regionalen Speisen, stellt wassersparende Sanitäreinrichtungen zu Verfügung, und betreibt das gesamte Festival im Idealfall mit Ökostrom. Doch nicht nur ökologische, sondern vor allem auch soziale Faktoren machen ein Festival erst richtig grün. Um beispielsweise in Österreich als Green Event ausgezeichnet zu werden, müssen Kriterien wie ein barrierefreier Zugang, oder die aktive Einbindung von NGOs erfüllt werden.

Get your glitter together

Auch wenn Veranstalter einen gewissen Rahmen vorgeben können, liegt die ökologische Verantwortung letztendlich vor allem bei den Menschen, die am Festival teilnehmen. Egal ob Feiervolk, Personal oder Artists – ein Festival ist nur so green, wie das Engagement jeder einzelnen Person. Durch Mülltrennung, Verwendung von Pocket-Aschenbechern, Wiederverwendung von Campingequipment und generelle Achtsamkeit kann jeder Festivalnomade einen Teil dazu beitragen, die negativen Begleiterscheinungen der Veranstaltung zu minimieren. Ein umweltbelastender Faktor der häufig unterschätzt wird ist außerdem das Feiern mit Glitzer, Konfetti und Co. – glücklicherweise gibt es mittlerweile Alternativen zu den herkömmlichen Plastikpartikeln und Schnipseln, die ökologisch sind und dabei trotzdem wahnsinnig gut aussehen. (Mehr Infos dazu gibt es übrigens in diesem BIORAMA Artikel zum Thema Glitzer).

Für Viele ist Glitzer ein Must-Have auf Festivals – mittlerweile gibt es auch ökologische Alternativen zum Plastikstaub. Bild: Michael Hametner/Acoustic Lakeside.

Green Festivals 2019

Das Festivalprogramm lässt diesem Sommer kaum einen Wunsch offen – nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern in ganz Europa gibt es ein immer größer werdendes Angebot an Green Events in unterschiedlichsten Ausführungen und Genres. Als internationaler Pionier im Bereich der umweltfreundlichen Festivals sticht das Boom in Portugal ganz besonders heraus. Mit einer Teilnahme von über 80.000 Menschen im letzten Jahr ist das Boom definitiv kein Wohnzimmerfestival – trotzdem funktioniert das Nachhaltigkeitskonzept des Events so gut wie aktuell kaum ein anderes. Wer eine längere Anreise in Kauf nimmt und früh genug ein Ticket ergattert, wird bestimmt nicht enttäuscht.

Im Normalfall sind Green Festivals allerdings vergleichsweise kleine Veranstaltungen mit unter 10.000 BesucherInnen – Megaevents nachhaltig zu konzipieren ist eine deutlich schwierigere Aufgabe, auch wenn Einzelfälle wie das Boom zeigen, dass es keine unmögliche ist. Festivalgiganten wie Hurricane und Southside in Deutschland, oder Frequency und Nova Rock in Österreich gehen mit eigenen Green Camping Bereichen bereits einen kleinen Schritt in die richtige Richtung – auch wenn die starke Umweltbelastung der Mainstreamevents dadurch nicht entscheidend reduziert werden kann.  

Beim Durchforsten des diesjährigen Programms fällt auf, dass ein paar der bekannten Green Festivals in Österreich nicht im diesjährigen Programm aufscheinen. Das Acoustic Lakeside und das Free Tree Open Air, sowie auch das Seewiesenfest legen diesen Sommer eine Pause ein – alle drei Festivals sollen aber zum Glück im kommenden Jahr wieder starten. Welche Green Festivals 2019 wann, wie und wo stattfinden, hat BIORAMA in einem Guide zusammengefasst: 

Wilde Möhre

Seit 2013 findet das Wilde Möhre Festival jeden Sommer in der Lausitz statt – Neben den unterschiedlichsten Musikgenres stehen hier vor allem Kunst und Entspannung im Vordergrund. Die Veranstalter der Wilden Möhre verzichten auf große Headliner und setzen den Fokus auf Diversität, Toleranz und nachhaltigen Lebensstil. Die Gastronomie ist vegetarisch und vegan und wird von ausgewählten Herstellern bereitgestellt. Zudem ist der Campingplatz ist mit Ökotoiletten ausgestattet, die aus Holz gebaut sind und durch den Einsatz von Sägespänen geruchsneutral bleiben.
9.–12. August, Lausitz

Das Wilde Möhre Festival legt nicht nur Wert auf guten Sound, sondern auch auf nachhaltige Aspekte. Bild: Flo Force/Wilde Möhre.

Art Lake 

„Shape, create, participate“ – das Motto des Art Lake lässt die Philosophie, die hinter dem Festival steht, bereits erahnen. Vier Tage lang wird direkt am Bergheider See in der Lausitz ein musikalisch und künstlerisch vielseitig gestaltetes Programm geboten. Alle Campingplätze des Art Lake sind als Green Camping Areas zu betrachten und ein Konfetti-Verbot schützt die Umwelt vor unnötiger Zusatzbelastung (Keine Sorge – das Festival ist auch ohne schädliche Materialien bunt und glitzernd genug!). In diesem Jahr wird im Rahmen des Festivals erstmals das Format LABS* vorgestellt, bei dem Kunstschaffende, Kollektive und Initiativen die Möglichkeit haben, sich über relevante gesellschaftliche Themen austauschen. Das Line-up für diesen Sommer wird demnächst online bekanntgegeben.
8.–11. August, Bergheider See

Rock im Dorf

Rock im Dorf ist in Oberösterreich zuhause und wurde vom Klimabündnis Österreich als Green Event ausgezeichnet. Von Mülltrennung, über Shuttlebusse und regionale Gastronomie, bis hin zur Verwendung von Mehrwegbechern und der aktiven Einbindung von NGOs wie beispielsweise Viva Con Agua – das Rock im Dorf ist ressourcen- und umweltschonend konzipiert. Richtig gefeiert wird natürlich auch: Bis jetzt wurden Acts wie Lola Marsh, Cari Cari und Leonieden für Rock im Dorf 2019 angekündigt.
5.–6. Juli, Stausee Klaus

Das Rock im Dorf wurde mehrmals als Green Event ausgezeichnet und findet diesen Sommer bereits zum 14. Mal statt. Bild: Christoph Weier/Rock im Dorf.

Poolbar Festival 

Das Poolbar ist mit sechs Wochen Festivalprogramm definitiv einzigartig in seiner Umsetzung. Zum fantastischen Auftakt geben Bilderbuch in Woche Zwei am 11. Juli ein Open-Air-Konzert vor dem alten Hallenbad in Feldkirch, das Jahr für Jahr als Festivalzentrum dient. Die geografische Schnittstelle Österreich-Deutschland-Lichtenstein-Schweiz wird auch diesen Sommer wieder zum Zentrum für insgesamt knapp 25.000 Teilnehmende, die sich nicht nur auf Konzerte, sondern auch auf Clubnächte, Workshops, Kunst und Diskussionen freuen können. Die gesamte Kulisse des Festivals wird jährlich mithilfe von Designbegeisterten im Rahmen des Poolbar-Generator-Projekts neugestaltet – nach dem Festival werden diese nicht entsorgt, sondern weiterverkauft oder recycelt. Außerdem setzt das Poolbar auf Mülltrennung, Mehrwegbecher, regionale und biologische Gastronomie und sogar einen fahrradbetriebenen Stromgenerator für das Freiluftkino.
5. Juli–11. August, Feldkirch

Das Poolbar ist zwar nicht mehr offiziell als Green Festival zertifiziert, zählt in Sachen Nachhaltigkeit aber trotzdem zu den Vorreitern in Österreich. Bild: Matthias Rhomberg/Poolbar.

Tollwood

Seit über 30 Jahren findet das Tollwood Festival in München statt und zeichnet sich von Beginn an durch ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept aus – das ökologische und kulturelle Engagement wurde unter anderem 2016 mit dem Green Operations Award ausgezeichnet. Neben biozertifizierter Biogastronomie, Ökostrom und klimafreundlicher Anreise stellt das Tollwood eine große Standfläche für Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen gratis zur Verfügung. Musikalisch bietet das Line-Up dieses Jahr einen Genremix: Nena, Yung Hurn, Samy Deluxe, Toto und Walk Off The Earth wurden bereits angekündigt. 
26. Juni–21.Juli, München

Meeresrausch

Diesen Sommer findet das Meeresrauschzum vierten Mal unter dem Motto »deep sea trifft auf deep space« direkt an der Küste der Ostseeinsel Usedom statt. Mit einem Blick auf das Line-Up der vergangenen Jahre ist sicher, dass Fans elektronischer Musik auf ihre Kosten kommen – die diesjährigen Acts werden demnächst bekanntgegeben. Eine der Bühnen wird von der Meeresrausch Crew selbst aus recycelten Materialien gestaltet und Festivalgäste haben an einer »ShareBar« die Möglichkeit, Lebensmittel und Kleidung untereinander zu tauschen. Die Veranstalter empfehlen außerdem eine öffentliche Anreise, achten auf die Erhaltung der Natur des Campinggeländes und stellen Ökotoiletten und Naturduschen kostenfrei zur Verfügung.
13.–16. Juni, Peenemünde

Sharing is caring: Die „ShareBar“ auf dem Meeresrausch Festival an der Ostsee. Bild: Meeresrausch Festival.

Rostfest

Das kleine Festival in Eisenerz findet auch diesen Sommer wieder mit gewohntem Rostfest-Flair statt. Auf dem Programm steht nicht nur Musik, sondern auch Kunst, Performance und Diskussion. Das Festival ist kinderfreundlich und bietet neben einem Campingplatz im Wald auch die Möglichkeit des Urban Camping – BesucherInnen können in ehemaligen Wohnhäusern im Münichtal übernachten und vermeiden so die Umweltbelastung durch Müll und andere Campingrückstände in der Natur. Die diesjährigen Acts werden demnächst online bekanntgegeben. 
16.–18. August, Eisenerz

Melt!

Das Melt! und seine Location Ferropolis sind mittlerweile regelrecht zu einer Pilgerstätte für Fans des Pop und Elektro geworden. Seit 1999 kann sich das Line-up Jahr für Jahr sehen lassen – für die 20. Ausgabe des Festivals sind hochkarätige Acts wie Bon Iver, Asap Rocky, Bilderbuch und Jorja Smith angekündigt. Techno-Headliner wie unter anderem Ben Ufo, Helena Hauff, Ellen Allien und Fjaak runden das Programm ab. Die Wiederbelebung des gigantischen Industriegeländes und die M!eco Umweltinitiative, die in Zusammenarbeit mit der Green Music Initiative ins Leben gerufen wurde, machen das Melt! zu einem der wenigen großen Festivals mit einem ökologischen Teilkonzept.
19.–21. Juli, Ferroplis

Grüne Ideen auf grauem Beton: das Melt! in Ferropolis. Bild: Christian Hedel/Melt!.

Schrammel.Klang

Wiener Volksmusik, die normalerweise im Heurigen gespielt wird, kommt beim Schrammel.Klang auf die Bühne – auch dieses Jahr feiern berühmte Interpreten des Genres und Fans der Schammelmusik mehrere Tage zusammen in Litschau. Das Festival wurde aufgrund regionaler und saisonaler Biogastronomie, ressourcenschonendem Materialmanagement, Abfallvermeidung und Angebote der klimafreundlichen An- und Abreise als Green Event ausgezeichnet. Musikalisch liegt der Fokus in diesem Jahr auf Schrammelmusik und ähnlichen Genres aus dem Norden Europas. 
5.–7. Juli, Litschau

Hai in den Mai

Das Psytrance Festival Hai in den Mai findet zu Beginn der Festivalsaison in Waldfrieden statt, einem grünen Veranstaltungsort in Stemwede (NRW). Neben mehreren Outdoor Bühnen werden auch Chill-Out-Areas und Workshops geboten – erreichen kann man das Festivalgelände mit Zug und Gratis-Shuttle, oder mit günstigen Reisebussen bzw. Fahrgemeinschaften. Um die Zahl der Autos und der damit einhergehenden Belastung so gering wie möglich zu halten, wird eine Maut von zehn Euro für jeden mobilen Untersatz eingefordert. Mit vegetarischer Biogastronomie, Ökostrom und umweltschonenden Regeln auf dem gesamten Campingplatz zählt das Hai in den Mai auf jeden Fall zu den diesjährigen Green Festivals. 
2.–5. Mai, Stemwede

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