Samin Nosrat gelang ein innovatives Kochbuch, das neben Rezepten vor allem Grundlagen des Kochens vermittelt.

Die meisten Kochbücher – selbst die besten – arbeiten sehr klassisch mit Rezepten und vermitteln mal detaillierter und mal grober, wie in einzelnen Schritten ein Gericht gekocht und zubereitet wird. Warum bestimmte Schritte wie ausgeführt werden fehlt hier meistens und damit wird manchmal auch nicht klar, warum etwas ge- oder misslingt oder auch wie es abgewandelt werden kann.

Samin Nosrat geht in ihrem – so viel kann man sagen – wohl bald Standardwerk zumindest in der ersten Hälfte des Buches anders vor. Ohne in physikalische Spitzfindigkeiten und Wettbewerbsmetaphern zu geraten – Ja, Werner Gruber, das gilt Dir – erklärt sie einige grundlegende Funktionsweisen und Vorgänge beim Kochen und ermöglicht auch Hobbyköchen so einen ganz neuen Spielraum.

Samin Nosrat © Peden & Munk

1979 im Iran geboren, floh sie mit ihrem Eltern noch im Jahr ihrer Geburt kurz vor der Revolution aus dem Iran in die USA, wo sie in San Diego aufwuchs. Und obwohl gemeinsame Essen im erweiterten Familienkreis in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielten, beschäftigte sie sich quasi gar nicht mit dem Thema Kochen. Erst mit ungefähr 20 besuchte sie mit ihrem damaligen Freund, da es ein großer Traum vom ihm war, das angesagte Restaurant „Chez Panisse“ in San Francisco / Berkeley. Sie war von den dort servierten Speisen begeistert – und suchte kurz darauf einen Job in dem Betrieb. Vom Service kam sie der Küche immer näher und lernte dort vom Wissen der Köche in der gut organisierten Küche.

Salzquellen in Salz. Fett. Säure. Hitze. © Kunstmann

Ihre eigene Fama erzählt, ihr fielen dort schnell selten ausgesprochene Grundlagen des Kochens auf, die immer mitschwangen, aber nie dezidiert formuliert wurden. Jede Speise, jedes Kochen, Braten und Backen hänge vom richtigen Einsatz von Salz, Fett, Säure und Hitze ab. Salz ist unter anderem ein Geschmacksverstärker- und intensivierer, Fett braucht es um mit hohen Temperaturen zu arbeiten und auch als Geschmacksträger, Säure kann andere starke Geschmäcker abfedern und leichter machen oder auch Komplexität hinzufügen und der richtige Einsatz von Hitze kommt nicht nur zu Geltung, wenn man versucht Zwiebel auf viele verschiedene Arten für verschiedene Speisen zu erhitzen. Von glasig, leicht angeschwitzt bis zur karamellisierten Heftigkeit. Jedes dieser vier Themen will je nach Gericht richtig angewendet werden, weil sie das Gelingen grundsätzlich möglich – oder unmöglich – machen.

Salz. Fett. Säure. Hitze. © Kunstmann

Ihr wachsendes Wissen vertiefte sie mit längeren Aufenthalten in verschiedenen Teilen der Welt, wo sie deren Kochdetails und – kniffe kennen lernte. Auch dieses Kochbuch kommt nicht ohne Verweis auf Marcella Hazan aus. Keine Sekunde lässt Samin Nosrat in ihrem Buch dabei einen Zweifel daran, dass das Lesen ihres Kochbuches alleine nicht reicht: Die Grundlagen und Einblicke wollen geübt und ausprobiert werden, bis sie nach Wunsch gelingen und im Idealfall zu Fertigkeiten werden. Und jede einzelne Speise muss bei jedem einzelnen Kochen permanent abgeschmeckt werden, um zum richtigen Ergebnis zu führen. Mit ihrem Buch eröffnet sie aber auch Hobbyköchen den Spielraum, bekannte Rezepte nach persönlichen Vorlieben noch besser nachzukochen und in individuellen Abwandlungen neu zu interpretieren.

Salz. Fett. Säure. Hitze. © Kunstmann

Kein Wunder, dass ihr Buch international gefeiert wurde – und nun ergänzt um entsprechende Reisen in verschiedene Länder und Küchen dieser Welt zur Netflix-Serie gemacht wurde, die seit Kurzem online ist. Ob man das alles so lustig findet wie sie? Statt vieler Bilder kommt das Buch mit liebevollen Zeichnungen und Illustrationen aus, die das Geschriebene ergänzen. Die Eigenart amerikanischer Koch- und Sachbücher, das erste Drittel erst einmal für Eigenlob zu verwenden, findet sich hier angenehmerweise nur mehr in verkürzter Form wieder. „Salz. Fett. Säure. Hitze.“ liefert leicht verständliches Grundlagenwissen – und zwar auf eine Weise, die immer wieder zum nachschlagen einlädt. Tatsächlich eine willkommene Ergänzung unter den Kochbüchern.

Salz. Fett. Säure. Hitze.“ ist Ende August 2018 auf Deutsch bei Kunstmann erschienen.

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