Wie kommt das Wissen in den Wald?
Wo erfahren Kleinwaldbesitzer, was im Wald zu tun ist? Welche Fehler lassen sich vermeiden? Welche Bücher helfen weiter? Ein Bericht in Theorie wie Praxis.
„Jeder muss sich am Baummord beteiligen“ – das sitzt bei einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern erst mal, gleich in Minute 3 der Praxiswoche zum Lehrgang Waldbau im Landschloss Ort an der gleichnamigen Forstlichen Ausbildungsstätte. Wobei der gleiche Kurs auch ein Modul für die Ausbildung zum Waldpädagogen ist, und eine nicht ganz so Baummord-willige angehende Waldpädagogin die entsprechende Frage gestellt hat.
Der Vortragende junge Förster, für den ersten Kurstag der Woche fesch in forstlicher Tracht gekleidet, hatte natürlich vollkommen Recht. Wenn man Kindern und Jugendlichen unseren Wald erklären möchte, geht das ohne Holznutzung kaum. Man mache sich einfach mal bewusst wie viel Holz wir in unserer Umgebung haben, im Alltag benutzen – ja, dafür mussten mal Bäume sterben, aber für viele Leute ist das so wenig präsent, wie das Schwein, das für das Schnitzel am Teller geschlachtet worden ist.
Waldpädagoginnen und Waldpädagogen sind ein wesentlicher Eckpfeiler zur Verbreitung von Waldwissen. Bereits jungen Menschen erklären sie die Zusammenhänge im und mit dem Wald, sie bringen uns den Wald näher und tragen damit zum ökologischen Bewusstsein bei.
Die Forstlichen Ausbildungsstätten
Die Ausbildung der Waldpädagogen erfolgt in Österreich an den Forstlichen Ausbildungsstätten (FAST), wie die oben erwähnte in Ort / Gmunden, die so wie jene in Ossiach vom Bundesforschungszentrum für Wald betrieben wird. Es gibt eine Reihe weiterer forstlicher Ausbildungsstätten, z. B. in Pichl in der Steiermark oder Rotholz in Tirol, das Thema ist eben Ländersache. Neben der Waldpädagogen-Ausbildung sind die FAST auch für die Ausbildung zum Forstfacharbeiter und Forstwirtschaftsmeister zuständig.
Ihre größte Zielgruppe ist allerdings die Vielzahl der Kleinwaldbesitzer, schließlich sind 40% des österreichischen Waldes Kleinwald mit einer Fläche kleiner als 50 Hektar. Auch wenn im bäuerlichen Besitz das Wissen über die Generationen weitergegeben wird, gibt es waldbauliche Entwicklungen, mit denen sich die elterlichen Generationen noch nicht beschäftigen mussten (Klimawandel, Eschentriebsterben). Zusätzlich gibt es ja auch noch viele Kleinwaldbesitzer außerhalb der bäuerlichen Generationenfolge.
Eine Zielgruppe, die für die FAST nicht immer einfach zu erreichen ist, obwohl das Angebot maßgeschneidert ist. Oft werden diese Kleinwälder nach dem Motto „haben wir immer schon so gemacht“ oder sehr laienhaft bewirtschaftet – obwohl es ohne viel Mehraufwand auch besser ginge. „Wir können unseren Bildungsauftrag nicht mit Zwang erfüllen, wir wollen insbesondere in den Einsteigerkursen Begeisterung auslösen, sodass die Leute wiederkommen“ sagt Professor Wolfgang Jirikowski, Leiter der FAST Ort, „wir wollen den Wissenstransfer mit Gemütlichkeit kombinieren“. Das Haus ist authentisch. Man merkt die Philosophie bereits am ersten Tag. Es hat einen Wohlfühlcharakter, der genauso durch die Lehrer vermittelt wird, wie das Know-how.
„Wir bringen Wissen in den Wald“
„Wir bringen Wissen in den Wald“ ist das Motto der FAST. Schauplatz FAST Ossiach, ein paar Monate vor der Praxis, die Theoriewoche: Bereits am ersten Nachmittag wird einem eine Motorsäge in die Hand gedrückt, werden gleich mal unterschiedliche Schnitte geübt. In Folge geht es in den Wald zu einer Erstdurchforstung – so viel zu „Theoriewoche“. Man verbringt dabei schon grob die Hälfte der Zeit draußen. In der Praxiswoche geht es dann weiter in der Natur mit Pflanzung, Zaunbau, Jungwaldpflege im Laub- und Nadelwald, Forstschutz, Brennholzaufarbeitung, Holzernte, Exkursion ins Sägewerk, etc. Man hat nach insgesamt zwei Wochen einen guten Überblick und die meisten relevanten Dinge selbst ausprobiert. Wer einen noch kürzen Einstieg möchte: Es gibt auch eine 2-Tages-Intensivkurvariante. Zur weiterfolgenden Ausbildung und Spezialisierung ist das Angebot groß, ohne gleich Forstwirtschaft an der BOKU studieren zu müssen.
Bezüglich der unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen wird grundsätzlich auf Vielfalt gesetzt. Wolfgang Jirikowski meint, „das Schlimmste wäre eine rein staatliche Forstwirtschaft, dann gäbe es nur eine Methode. Wenn da ein Fehler drin ist, ist gleich sämtlicher Wald betroffen“. In der Realität beziehen sich die meisten gelehrten Inhalte dann doch eher auf den klassischen Altersklassenwald, der Plenterbetrieb wird eher nur am Rande erwähnt.
Online, Bücher, Waldbauernvereine & Co
Wer nicht gleich in einen Kurs gehen oder sich einfach nur am Laufenden halten möchte, wird natürlich auch online fündig oder kann entsprechend Bücher lesen. Die Plattform waldwissen.net ist zum Beispiel in Zusammenarbeit des BFW mit Partnern aus Deutschland und der Schweiz entstanden. Klassische Einsteiger-Bücher wären „Zeitgemäße Waldwirtschaft“, „Mein erstes Waldstück“ (hier geht’s zur BIORAMA-Buchbesprechung) oder – wer es genauer wissen will – „Der Forstwirt“. Daneben stehen natürlich die örtlichen Forstämter, die Waldbauernvereine wie auch eine Vielzahl an Forstdienstleistern bereit um zu beraten und zu helfen.
Aktuell entsteht in Traunkirchen, das neue österreichische Forstliche Bildungszentrum (FBZ) in das neben der FAST Ort auch die Forstfachschule wie einige Partner im Sommer 2018 einziehen werden. Eine Gratwanderung zwischen neuen Chancen und Altbewährtem für Professor Jirikowski: „Die größte Herausforderung wird es, unsere Kultur an den neuen Standort mitzunehmen.“ Wer sie bei der Ausbildung selbst erlebt und kennengelernt hat, kann nur wünschen: Viel Erfolg dabei!