Pur-Seminar: Nose-To-Tail bei Gemüse
In ihren gemeinsamen Pur-Seminaren feiern Winzer Gottfried Lamprecht und Slow Food-Botschafter Johann Reisinger den Genuss und wollen die Natur schmeckbar machen.
Hört man sie über ihr Handwerk und ihre Künste reden, gibt es zwischen Winzer Gottfried Lamprecht und der Koch Johann Reisinger durchaus Parallen. Lamprecht – heuer ausgezeichnet als Ausnahmewinzer des Jahres von Guilt Millau (Biorama-Interview) – setzt seit Jahren auf Bio und arbeitet mit seinen Weinen nicht zuletzt daran den Boden, das so genannte Terroir, herauszuarbeiten. Seine Weine sind deswegen auch nicht besonders klassische Sortenweine, die in erster Linie nach der Traubenart schmecken sollen, sondern spannende Variationen. Einer der für mich besten Weißweine ist sein Buchertberg Weiss. Ein gemischter Satz, der über hundert Traubensorten, die auf dem Hang gemeinsam wachsen und die es teilweise schon sehr lange in der Steiermark gibt, mischt. Wenn auch teilweise nur in sehr geringen Mengen. Das Ergebnis ist ungewöhnlich komplex und überzeugt gleichermaßen mit Druck und ordentlich Frucht, aber auch einer feinen, säuerlichen Struktur.
Johann Reisinger kommt ebenfalls aus der Steiermark, wurde bereits 1988 mit zwei Hauben ausgezeichnet und ist seit den 1990-Jahren Pionier und Botschafter einer möglichst natürlichen Küche, die bewusst das Gemüse betont. Er ist Mitglied von Arche Noah Österreich und Slow Food und hatte oft seine Finger im Spiel, wenn Spitzenköche, wie etwa Heinz Reitbauer vom Steirereck, sich darum bemühen dem Gemüse mehr Platz und Aufmerksamkeit zu gönnen, oder auch alte, mittlerweile seltene Sorten wieder zu kultivieren. Seine Art zu kochen lädt ein, sich intensiver mit dem Gemüse auseinander zu setzen und es ist ein Vergnügen im zuzuhören, wenn er etwa erzählt, was sich aus dem Grün oder der Schale von Karotten alles machen lässt. Auch wenn man dann selbst nicht immer die Zeit oder Gelegenheit hat diese 1,5 Tage bei 60 Grad zu trocken oder aus dem Grün eine Suppe zu machen, die eingefroren und dann gefiltert wird.
Gemeinsam veranstalten die beiden rund viermal im Jahr ihre Pur Seminare auf dem Herrenhof Lamprecht, wo Reisinger mit sehr wenig Materialaufwand, teilweise vorbereitete Speisen auf die Teller bringt. Die Events sind limitiert auf 24 Teilnehmer, als Begleitung gibt es den Wein von Lamprecht, teilweise aus mittlerweile raren Jahrgängen. Mit 69 Euro sind die Seminare darüber hinaus äußerst fair kalkuliert und wer Glück hat lernt unter den Teilnehmern unter anderem Produzenten und Lieferanten der heimischen (Bio-)Gastronie kennen.
Wir waren im März 2018 zu Gast. Dein Einstieg bildete damals eine Variation zum Thema „Milchsäurevergorenes“ mit unter anderem weißem Spargel, verschiedenem Sauerkraut, Rotkraut oder auch Kim Chi. Es folgte eine gelbe Rübe mit Schafrischkäse und als weiteres frühes Highlight ein Sulmtaler Ei – paniert in einer Brösel-Nussmischung. Danach eine weiße Rübe mit Mungobohnen und Sellerie mit Saibling. Mit Flowersprouts und Herbsttrompeten noch einmal Gemüse vor dem zarten Kalb mit Winterheckenzwiebeln und einem schlicht Zitrone betitelten Dessert.
Ein Pur-Seminar dauert 4 bis 5 Stunden und lädt zur gemeinsamen Beschäftigung mit dem Gemüse und den Zutaten. Wer selbst mitmachen will, lauscht nicht nur Koch und Winzer bei ihren Erläuterungen, sondern greift etwa auch beim Anrichten mit an.
Am Freitag 1. Juni 2018 hat der Herrenhof Lamprecht „Open Kellertür“ mit einem Fokus auf die frischen Weine. Am 30. Juni 2018 findet das nächste, bereits 23. Pur-Seminar statt. Zur Anmeldung geht es hier.
Disclaimer: Der Besuch des Pur-Seminars fand auf Einladung statt.