Grenzgänger – Als Quereinsteiger in die Landwirtschaft

Bild: Johannes Hloch

Ein junges Paar hat sich im Südburgenland einen Bioschafbetrieb aufgebaut. Vom Leben zwischen ungarischer Grenze, blökenden Schafen und Aktienverkauf. 

Es sind viele Kilometer, die der Schafbauer Alex im Jahr zu Fuß zurücklegt. Und dennoch kommt auch er ein wenig außer Atem, als er den steilen Abschnitt der Wiese hinauf geht. »Platz«, ruft er zu seiner Border Collie-Hündin Chica, die bereits vorstürmen will. Und dann im Dialekt »weida«, was »rechts« bedeutet. Am frühen Morgen haben er und seine Frau Julia 80 Mutterschafe und 40 Lämmer auf den schmalen Streifen Wiese gebracht. Natürlich zu Fuß. Jetzt, am Nachmittag, will er nochmals nach den schwarz-weiß gescheckten Tieren sehen und seinem Helfer beim Abbau des mobilen Elektrozauns am zuvor beweideten Wiesenstück helfen.

Die Krainer Steinschafe – eine widerstandsfähige alte Rasse – mussten nicht weit umziehen. Die beiden Wiesenflächen befinden sich auf einem Weinberg bei Moschendorf im Südburgenland – getrennt nur durch acht Reihen Weinreben. Auch sie waren einst mit Weinreben bepflanzt. »Bei jedem Weingarten, der da ausgerissen wird, ruft mich der Bauer an: ‚Meinen kannst haben’«, sagt der 39-Jährige und erklärt, dass ihre fünf Wanderschafherden heiß begehrte Landschaftspfleger geworden sind. Denn würde auf den Wiesen zwischen den Weingärten der Wald beginnen zu wachsen, wären nicht nur die artenreichen Wiesen weg, auch das für die Weintrauben optimale Mikroklima würde sich aufgrund der Bäume verschlechtern. »Der Naturschutz ist mein Zugang zur Landwirtschaft«, sagt er und blickt auf die oben am Weinberg grasende Schafherde, welcher der grandiose Ausblick einerlei ist: hier trifft das burgenländische Riedelland auf die ungarische Ebene.

„Wir haben fünf Krainer gekauft. Und dann ist alles recht schnell gegangen“, erklärt Schafbauer Alex Elpons. (Bild: Bernadette Strohmaier)

Als Quereinsteiger in die Landwirtschaft

Alle zwei bis fünf Tage treiben Alex und Julia die insgesamt 360 Schafe und Lämmer auf eine neue Fläche, stecken die Zäune neu, mähen die Flächen nach. Das meiste zu Fuß. Keiner der beiden wuchs auf einem Bauernhof auf und doch interessierte beide die Landwirtschaft. Alex studierte deshalb Ökologische Landwirtschaft, Julia Landschaftsplanung. Vor zehn Jahren trauten sie sich, von Wien wegzugehen, um in den hintersten Winkel Österreichs zu ziehen und Neo-Bauern zu werden. »Wir haben fünf Krainer gekauft. Und dann ist alles recht schnell gegangen«, erzählt Alex. Das Paar hatte das Glück, dass Alex‘ Eltern sich in Bildein im Alter niedergelassen haben und sie – ohne zu Beginn Unsummen in den Aufbau eines Hofes zu investieren – nach und nach Ihre Herde für die Zucht und die Bio-Fleischerzeugung aufbauen konnten. Sie improvisierten zu Beginn viel, »bis ein bisserl ein Geld da ist, dass man sich was G‘scheites leisten kann«, sagt Alex. In dieser Zeit vermehrte sich die Herde stetig.

Und dann kam die goldrichtige Idee. Gemeinsam mit dem Naturschutzverein BERTA und dem Naturpark Südburgenländische Weinidylle brachten sie die Schaf-Aktie auf den Markt. 60 Euro kostet der Anteilsschein und man erhält in drei aufeinanderfolgenden Jahren je 1,7 Kilo Bio-Weidelammfleisch zurück. Abholen kann man das Fleischpaket am Hof oder beim Weidelammfest in Moschendorf. Offenbar ein Erfolg: Für das Jahr 2017 ist die Schaf-Aktie bereits ausverkauft.

„Wir haben eine große Freude mit den Endkunden, die selbst auf den Hof kommen oder von uns beliefert werden. Beim Supermarkt kriege ich keine E-Mail mit dem Feedback vom Kunden.“ (Bild: Bernadette Strohmaier)

Kein leichtes Geschäft

Doch wer denkt, dass die Jungbauern vom Aktienverkauf leben können, liegt falsch. Vielmehr ist die Aktie ein charmantes Werbemittel zum Zweck: vor allem Leute aus Wien sind Stammkunden geworden. Ohne die landwirtschaftliche Förderung wäre nicht genug Geld zum Leben da. Alex hatte vor einiger Zeit Besuch von einem australischen Schafbauern: »Der braucht keinen Stall, braucht keinen Traktor, hat keinerlei Auflagen, schlachtet in einer Wellblechhütte und vergräbt seine Schlachtabfälle hinterm Haus. Der hat den gleichen Preis in der Direktvermarktung wie wir«. Würden Alex und Julia unabhängig von der Förderung arbeiten wollen, müssten sie das Dreifache verlangen. Für eine große österreichische Supermarktkette könnten sie zwar auch produzieren, haben das Angebot jedoch ausgeschlagen. Das Paar ist überzeugt von seinem Weg der Direktvermarktung: »Wir haben eine große Freude mit den Endkunden, die selbst auf den Hof kommen oder von uns beliefert werden. Beim Supermarkt kriege ich keine Email mit dem Feedback vom Kunden.«


Mehr Infos zu den Krainer Steinschafen im Burgenland gibt es unter www.bioschaf.at.

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