Der Coffee to go der Zukunft kommt aus dem Mehrwegbecher
An unser liebes Gewissen. Die Coffee-to-go-Becher aus der Bäckerei nebenan sind nicht nur aus Pappe, sondern auch beschichtet und somit verdammt schwierig zu entsorgen.
Wien ist das Zentrum der Kaffeehäuser und eines der Zentren der Liebe zum mehr oder weniger starken schwarzen Gebräu. 92 Prozent aller Österreicher trinken ihn gelegentlich, drei Viertel sogar täglich. Kein Wunder, dass sich der Kaffeekonsum nicht nur auf das Frühstück und die Kaffeepause am Nachmittag beschränkt. Auch unterwegs klammern wir uns an einen To-go-Becher, sei es wegen des Koffeinkicks, den viele brauchen, oder einfach wegen der wärmespendenden Funktion im Winter. Aber dieser Trend hat in den letzten zwei Jahrzehnten – solange gibt es den Coffee to go schon fast – auch umweltschädliche Auswirkungen angenommen.
Wenn man die, laut der Umwelthilfe, 320.000 stündlich verbrauchten Becher in Deutschland auf Österreich herunterrechnet, kommt man hierzulande auf 34.000 Häferl pro Stunde. Dadurch entstehen Tonnen von Müll, der, wie einem das Gewissen vielleicht einreden möchte, nicht so schnell recycelbar ist. Obwohl das Häferl aus Pappe besteht, ist es beschichtet und mit dem Plastikdeckel und -rührstäbchen hat es nichts im Papiermüll verloren. Der Restmüll wird verbrannt – und so gehen alle vorher in den Becher gesteckten Rohstoffe verloren. Auch eine geringe Abgabe auf die Papphäferl wird wohl eher nicht geben, denn so müsste man jedes andere Verpackungsmaterial wie Pizzakartons oder Imbissschälchen ebenfalls entgeltlich herausgeben.
Initiative gegen Müllmengen in vielen Städten
In Deutschland hat das Thema in den letzten Monaten bereits eine Debatte losgetreten, denn vor allem in Großstädten ist es ein Problem. Deshalb gibt es jetzt in Freiburg, Hamburg, München, Tübingen und Rosenheim verschiedene Start-ups und Initiativen, die sich einer Problemlösung widmen. Was in Freiburg die FreiburgCups sind, sind in Rosenheim die reCups. Diese aus Polypropylen bestehenden grauen Becher können immer wieder gespült und so bis zu 500 mal wiederverwendet werden. Sie sind genauso leicht stapelbar wie normale Einwegbecher und deshalb ist auch der Transport leicht und vor allem CO2 einsparend. In zwei Größen wird der Becher angeboten, 250 und 400 Milliliter. „Seit Anfang November läuft die Testphase in 26 Rosenheimer Cafés. Es wollen auch noch mehr Partner von reCup werden, doch im Moment reichen unsere 4000 Becher nicht aus, da müssen erst die Neuen kommen.“, so Fabian Eckert, CO-Founder von reCup. Er und sein Geschäftspartner, Florian Pachaly, sind aktiv auf die Café- Besitzer zugegangen und haben gefragt, ob sie Interesse haben, die reCups in ihren Cafés anzubieten. Die Stadt findet die Idee der beiden Jungunternehmer offenbar sehr gut, denn auf dem Fair-Trade-Markt durften sie die Einwegbecher durch die Becher ersetzen. Auch so gut wie alle Kunden sind begeistert vom müllfreien Kaffeetrinken. Anne Amberger, Studentin aus Rosenheim, sagt zur Initiative, dass die Idee durchaus Potenzial habe und sie sich sehr gut vorstellen könne, dass sie auch in anderen Städten befürwortet werden würde, denn das Kaufen und Zurückgeben sei sehr einfach und das Pfand von einem Euro durchaus angemessen. Den Kaffee gibt es als Anreiz in den reCups ein wenig billiger als in normalen Bechern.
Doch für Cafés, in die man sich eher hinein setzt und gemütlich Zeit nimmt für seinen Kaffee, lohnt es sich eher weniger, da der Bestand an den PP-Bechern selbst gekauft werden muss. Ein Mitarbeiter im Rosenheimer Kaffä sagt, es lohnt sich wohl eher für große Bäckereien, in die man sich nicht wegen des Kaffees Willen setzt, sondern ihn mitnimmt. Die Süddeutsche Zeitung spricht vom größten Pilotprojekt für Mehrweg-Kaffeebecher in ganz Deutschland, da die in anderen Städten nur klein und nicht genug unterstützt würden. Von den reCups dürfte man in und um Rosenheim also in Zukunft noch so einiges hören.
Ob sich Ähnliches auch in Wien oder anderen Städten Österreichs durchsetzt, bleibt abzuwarten. Bisher gibt es noch keinerlei Projekte oder Initiativen, doch viele würden es sicher unterstützen.
Sind Wiener Kaffeehäuser etwa doch nicht mehr, was sie mal waren?