HIV: Noch immer gefährlich, aber gut behandelbar
Noch immer sind HIV und Aids nicht heilbar, aber die Medizin macht große Fortschritte und hat bereits Medikamente entwickelt, die ein normales und langes Leben ermöglichen.
Täglich infizieren sich um die 7000 Menschen weltweit mit dem Human Immunodeficiency Virus, der ohne Behandlung zu Aids und später zum Tod führt. Weltweit leben 36,9 Millionen Menschen mit dem Virus, 70 Prozent davon im Afrika südlich der Sahara. Viele Betroffene wissen nichts vom Risiko, das von ihnen ausgeht. Auch hier in Österreich sind ein Viertel bis ein Drittel der Infektionen noch nicht entdeckt, was für Dritte ebenfalls gefährlich enden kann. Der Welt-Aids-Tag am 01. Dezember soll daran erinnern und ein Mahntag sein, aufzupassen und sich vor der unheilbaren Krankheit zu schützen. Biorama hat bei Florian Friedrich, Mitarbeiter bei der Aids Hilfe Salzburg, nachgehakt und wollte wissen, wie es an HIV- oder Aids-erkrankten Menschen auf der ganzen Welt und vor allem in Österreich geht.
Biorama: Man sieht einen Rückgang der weltweit an Aids sterbenden Menschen in den letzten Jahren (circa 100.000 Personen pro Jahr weniger). Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Florian Friedrich: Bei den fast 37 Millionen an HIV-erkrankten Menschen bekommen bereits 18 Millionen davon eine HIV-Therapie und haben damit sehr gute Chancen, nicht an Aids zu sterben. Bei Kürzungen der Hilfsorganisationen können es aber in Afrika beispielsweise durchaus wieder mehr tödliche Fälle werden. Sehr wichtig sind bei der weltweiten Bekämpfung des HI-Virus die Medikamente, die bereits jeder Zweite bekommt. In Europa natürlich prozentual viel mehr Erkrankte als in anderen Regionen.
Das Ziel der UNAIDS bis 2030 ist klar definiert. Der Virus soll bis dahin besiegt sein. Dafür gibt es das 90-90-90 Programm, welches besagt, dass sich 90 Prozent aller Infizierten im Klaren über ihren HIV-Status sein sollen, davon 90 Prozent behandelt werden sollen und wiederum 90 Prozent der behandelten Patienten eine derartig niedrige Virusbelastung im Blut haben, dass sie nicht mehr infektiös sind. Damit sollen 73 Prozent aller HIV-Infizierten nicht mehr ansteckend und somit ungefährlich für Partner und andere Risikopatienten sein.
Biorama: Die Neudiagnosen sind im Salzburger Land in den letzten Jahren eher gestiegen als gesunken (2008: 14, 2015: 34). Heißt das, es machen heute mehr Menschen einen Test oder wird einfach zu wenig Aufklärungsarbeit geleistet?
Florian Friedrich: Es gibt keine Zahlen, ob heute mehr Leute Tests machen. Wir haben nur zu den Neudiagnosen Zahlen und die stiegen in den letzten Jahren an. Viele machen erst Jahre nach der Infektion einen Test. Vor allem bei homo- und bisexuellen Männern ist der Anteil an HIV-Erkrankungen in den letzten Jahren stark gestiegen, hier sollte man auch mehr aufklären. Es gab eine Stagnation der Diagnosen in den 2000ern, seitdem ist ein leichter Anstieg zu vermerken. In den Schulen wird bereits sehr viel aufgeklärt, man müsste dies auch in der Schwulenszene tun. Und zuletzt nehmen auch manche bewusst das Risiko einer Infektion auf sich und haben Sex mit infizierten Partnern. Dies kommt häufig bei Personen mit psychischen Störungen vor.
Biorama: Immer wieder liest man, wenn HIV rechtzeitig erkannt wird, kann man mit einer Therapie ein normales und langes Leben führen. Wann ist rechtzeitig bzw. wie viel Zeit darf zwischen der Infektion und der Diagnose liegen?
Florian Friedrich: Die Medizin ist so weit, dass man auch bei bereits ausgebrochenem Aids in das HIV-Stadium zurückkommen kann, wenn man denn therapiert. Bei zu später Entdeckung sind auch Hirnstörungen oder Erblinden als Spätschäden möglich, welche nicht mehr reversibel sind.
Es gibt bereits viele mögliche Therapien bzw. Präventionen. Eine davon ist die präexpositionelle Prophylaxe, kurz PrEP. Bei dieser, erst Mitte des Jahres zugelassene Methode der Vorbeugung nimmt eine HIV-negative Person Medikamente, um sich erst gar nicht zu infizieren. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn der Partner oder die Partnerin HIV-positiv ist. Aber auch kurz nach einem Risikokontakt kann man noch vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Die PEP, postexpositionelle Prophylaxe, kann eine Infektion ebenfalls noch mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern. Hier gilt jedoch, je früher man die Medikamente einnimmt, desto höher die Erfolgschancen.
Biorama: Die Lebenserwartung eines HIV-Patienten muss nicht rapide sinken. Wie lange kann man mit der Infektion ein normales Leben führen?
Florian Friedrich: Die meisten Erkrankten haben eine normale Lebenserwartung, bei jahrelanger Medikamenteneinnahme können aber unter Umständen Nieren- und Leberschäden auftreten. Auch Herz- und Kreislauferkrankungen können infolge der HIV-Therapie als mögliche Langzeitschäden auftreten, das Risiko an einer Herz- Kreislauferkrankung zu sterben, ist aber deutlich geringer als wenn ein HIV-positiver Mensch keine Therapie einnimmt.
Aber auch hier hat die Forschung gute Arbeit geleistet und so hat jemand, der heute therapiert wird auch viel weniger Spätschäden zu befürchten, als es noch vor zehn Jahren der Fall war. Die meisten HIV-Patienten sterben an „normalen“ Ursachen wie Herz-Kreislauferkrankungen, die nichts mit der HIV-Infektion zu tun haben. Allerdings gibt es auch Menschen wie Alkohol- oder Drogensüchtige, die ihre Medikamente nicht regelmäßig einnehmen und so steigt das Risiko an Aids zu sterben natürlich an.
Einige HIV-Positive müssen nach ihrer Offenheit, sich der Familie und dem Freundeskreis anvertraut zu haben, auch mit Diskriminierung kämpfen. Dann kann die Aids Hilfe eine gute Unterstützung sein, denn sich über die Probleme eines Patienten zu unterhalten und Lösungen zu finden ist eine der zentralen Aufgaben der Psychologen und Sozialarbeiter vor Ort. Auch das Arbeitsumfeld und -klima kann unter einem Coming-Out leiden, denn viele Menschen haben irrationale Ängste vor dem Virus und Kollegen distanzieren sich. Auch Zwangsversetzungen und Kündigungen haben einige erlebt. Hierzu gibt es – solange der Patient therapiert wird und voll arbeitsfähig ist – jedoch keine Gründe. Auch rechtlichen Beistand gibt die Aids Hilfe in solchen Fällen.
Am 01. Dezember wird der Welt-Aids-Tag gefeiert, bei dem sich auch die Öffentlichkeit und Unternehmen beteiligen. Am 30. November wurde die rote Aids-Schleife, Red Ribbon genannt, am Wiener Rathaus gehisst und die Wiener Straßenbahnen fahren um diese Zeit drei Wochen lang mit einem Aids Fähnchen durch die Stadt. Ihre Botschaft ist klar: Bekämpft Aids, nicht die Menschen mit Aids!
Es gibt viele Wege, die Aids-Epidemie zu stoppen und betroffenen Menschen zu helfen. Hiermit zum Beispiel: