Nachhaltig leben mit Kindern

(c) Verein für Konsumenteninformation (VKI)

(c) Verein für Konsumenteninformation (VKI)

Wie lässt sich ein Kinderzimmer möglichst schadstofffrei gestalten? Gibt es Alternativen zum Lebensmitteleinkauf, die sich mühelos in den Alltag integrieren lassen? Wo findet man ökologische Schulartikel? Kann man Umweltaspekte auch beim Kauf von Spielzeug und elektronischen Geräten berücksichtigen? Und wohin kann man noch guten Gewissens auf Urlaub fahren?

Diese und viele andere Themen, die Eltern tagtäglich beschäftigen, behandelt die freie Journalistin und Autorin Susanne Wolf in ihrem Ratgeber „Nachhaltig leben mit Kindern“. Laut Umfragen ist mehr als die Hälfte der österreichischen Verbraucher an nachhaltigem Konsum interessiert, nur etwa zehn Prozent setzen dieses Anliegen auch in die Praxis um. Zahlreiche alltagstaugliche Empfehlungen, wie sie Susanne Wolf in ihrem Buch auflistet, könnten Eltern dazu ermutigen, einen verantwortungsvolleren und bewussteren Lebensstil zu pflegen. Susanne Wolf sprach mit BIORAMA unter anderem über die zum Teil sehr konstruktiven Diskussionen, die in ihrer Familie über Nachhaltigkeit geführt werden, über kritischen Konsum und die Vorteile einer Sharing Economy.

Nach Ihrem erfolgreichen ersten Band „Nachhaltig leben“ ist nun das Buch für Eltern erschienen. Was motiviert Sie, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen?
Seit ich begonnen habe, mich mit Themen wie Umweltzerstörung oder Klimawandel zu beschäftigen, ist für mich klar, dass sich nur etwas ändern kann, wenn so viele Menschen wie möglich einen Beitrag leisten. Daher meine Arbeit, bei der ich mich auf konstruktiven Journalismus konzentriere: ich möchte meine Leser zur Eigeninitiative ermutigen.

Wie stark hat die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit Ihr Leben verändert?
Sehr, da ich versuche, möglichst viel von dem, worüber ich schreibe, auch selbst umzusetzen: wir besitzen kein Auto, ich fliege so wenig wie möglich, esse kein Fleisch mehr, kaufe vieles gebraucht oder lasse kaputte Dinge reparieren, kaufe vermehrt Bio- und Fairtrade-Produkte (auch Kleidung).

Wie verhält sich Ihre Familie, wenn es um Nachhaltigkeit geht? Gibt es diesbezüglich Diskussionen am Familientisch?
Ja, die gibt es immer wieder, da meine Kinder natürlich nicht alles mittragen möchten (sie essen z. B. sehr gerne Fleisch); mein Sohn ist gerade 18 geworden und entscheidet großteils für sich selbst. Beide haben aber schon einiges von mir und meinem Mann übernommen, da wir viel über dieses Thema reden. Mein Sohn kann sich ein Leben ohne Auto vorstellen und meine Tochter (12) hat erst vor kurzem den Wunsch geäußert, später Umweltschützerin zu werden.

Die Hauptkonsumenten sind wir, die Erwachsenen, nicht unsere Kinder. Wir entscheiden, was unsere Familie kauft, isst, wie sie lebt und reist. Wie können wir unsere Kinder für einen nachhaltigen Lebensstil sensibilisieren?
Indem wir immer wieder mit ihnen darüber reden, ihnen erklären, weshalb wir gewisse Produkte kaufen und andere nicht, auch Filme mit ihnen ansehen, die das thematisieren. Meine Kinder gehen zudem in eine Schule mit Umweltzeichen, wo Nachhaltigkeit Teil des Lehrplans ist. Je älter die Kinder werden, desto mehr können sie auch mitentscheiden.

Kinder wollen zumeist genau das, was alle anderen Kinder auch haben. Wie erkläre ich meinem Kind, dass wir das Überraschungsei nicht kaufen werden oder dass die lustige Knabberwurst nichts mehr mit natürlichem, gesunden Fleischkonsum zu tun hat?
Ich merke, dass in unserem Freundes- und Bekanntenkreis immer mehr Menschen bewusst leben und konsumieren möchten, das vereinfacht die Sache natürlich. Gerade beim Essen war das bei uns nie ein großes Thema – bei anderen Dingen wie z. B. Handy schon eher. Darüber haben wir immer wieder mit den Kindern diskutiert.

Kann man auch Jugendliche noch von der Sinnhaftigkeit eines nachhaltigeren Lebensstils überzeugen? Mithilfe von zielgruppengerechter Werbung schaffen es Konzerne, dass viele Jugendliche die neuesten Laptops, Konsolen oder Smartphones haben wollen. Sie zu kritischen Konsumenten zu erziehen ist für die Eltern vermutlich keine leichte Aufgabe.
Sie haben recht, das ist nicht einfach, aber wenn man früh genug mit dem Reden beginnt, zeigt das später hoffentlich Auswirkungen. Ich merke es daran, dass meine jüngere Tochter eher bereit ist, auf gewisse Dinge zu verzichten als mein Sohn, der schon etwas älter war, als wir begonnen haben, das zu thematisieren.

Eine andere Frage, die mich als dreifache Mutter beschäftigt: Zahlt sich die Investition in waschbare Windeln und Feuchttücher aus Stoff schon ab dem ersten Kind aus? Wird durch das häufige Waschen die Umwelt nicht noch mehr belastet?
Es gibt Studien, die zeigen, dass Mehrwegwindeln unterm Strich kostengünstiger und umweltfreundlicher sind als Wegwerfwindeln. Darüber kann man auch in meinem Buch nachlesen.

Was ich – unter vielen anderen Dingen – aus Ihrem Buch gelernt habe, ist, dass Gütesiegel, die beispielsweise auf Kleidungsstücken zu finden sind, irreführend sein können. Umweltfreundlichkeit und fairer Handel sind keineswegs garantiert, auch wenn das Siegel noch so vertrauenserweckend ist. Worauf sollte man beim Kleiderkauf besonders achten?
Man sollte sich genau über Gütesiegel informieren: Bei Kleidern ist die Kombination aus Bio, Fairtrade und GOTS optimal (z. B. Göttin des Glücks, Anukoo). Diese Kleidung ist natürlich auch teurer, aber garantiert z. B. bessere Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern. Wenn man insgesamt bewusster und dadurch weniger einkauft, gleicht sich das wieder aus. Es gibt auch viele kleine nachhaltige Modelabels, die nicht immer ein Gütesiegel haben, weil die Zertifzierung sehr teuer ist. Hier zahlt es sich aus, die Geschäfte zu besuchen oder z.B. die WearFair in Linz, wo viele solche Modemacher ausstellen.

Wie sieht der ideale nachhaltige Familienurlaub aus?
Ideal wäre, nicht zu fliegen, sondern mit der Bahn und/oder Bus zu fahren und im Urlaubsland auf Hotels mit Gütesiegel zu achten (z. B. Umweltzeichen) bzw. landestypische Unterkünfte großen Hotelketten vorzuziehen.

Sie widmen sich ein ganzes Kapitel lang dem wichtigen Thema der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen. Die Möglichkeiten gehen weit über die Ausleihe von Büchern in Bibliotheken oder die Nutzung einer Waschküche hinaus. Immer beliebter wird etwa das Kaufen und Verkaufen gebrauchter Babykleidung. Was sind die Vorteile einer Sharing Economy? Es sind ja trotzdem Dinge im Umlauf, die nicht nachhaltig produziert wurden – wird nicht vielleicht noch mehr eingekauft, weil man weiß, dass man alles sowieso leicht wieder verkaufen kann?
Die Sharing Economy setzt einen bewussten Umgang und ein Mitdenken voraus. Wie Niko Paech, der bekannte Wachstumskritiker, gesagt hat: Carsharing, vor allem in Städten, kann dazu führen, dass Autos für Fahrten ausgeborgt werden, die auch leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden könnten. Auf der anderen Seite werden Dinge, die herkömmlich produziert wurden und geteilt werden, öfters wieder verwendet.

Wollen Sie Eltern, die gerne einen nachhaltigeren Lebensstil pflegen würden, vielleicht einen Tipp geben, wo sie am besten und einfachsten damit beginnen könnten?
Der erste Schritt ist, sich zu überlegen und Informationen einzuholen, was wirklich gebraucht wird und sich nicht zu sehr von der Werbung beeinflussen zu lassen. Gerade bei Babyprodukten wie Kosmetik oder die sogenannten Lauflernwagerl ist vieles dabei, was schlicht und einfach nicht notwendig ist. Dabei kann helfen, sich mit anderen Eltern auszutauschen, die ähnlich denken.

„Nachhaltig leben mit Kindern“ von Susanne Wolf wurde vom Verein für Konsumenteninformation Wien (VKI) herausgegeben. 164 Seiten.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: keine Angabe
Druck:

Holzhausen Druck GmbH, Wolkersdorf (Österreich)

 

Susanne Wolf, geboren in Wien, ist freie Journalistin und Autorin mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, Ethik und Gesellschaft. Seit 2011 ist sie Mitarbeiterin beim Testmagazin KONSUMENT. Susanne Wolfs Website, die noch im September relauncht wird, steht für konstruktiven Journalismus. Wolf betrachtet aktuelle Nachrichten unter einem lösungsorientierten Aspekt, besucht Unternehmen und Initiativen, die durch einen nachhaltigen oder sozialen Zugang überzeugen, und berichtet über Projekte, die sich vom Mainstream abheben und alternative Lösungen bieten.

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