Stangen-Ware: Fakten zum Spargel
Die Spargelsaison hat begonnen. Hier findest du alles, was du über das elitäre Gemüse wissen musst.
Wo in der Welt wird Spargel angebaut? Was bedeuten die römischen Zahlen auf den Handelsverpackungen von Spargel? Warum stinkt der Urin nach dem Spargelgenuss – und warum merken das manche Menschen gar nicht? Was man über Spargel wissen muss, um als guter Stecher mitreden zu können.
Der Spargel ist ein elitärer Hund. Königs- oder Kaisergemüse wird er auch heute noch gern gerufen. Das bemerkt man dann am Preis. Das war eigentlich schon immer so. Bereits im Altertum erzielte das ein wenig obszön anmutende Gemüse Höchstpreise. Erstens, weil die Teile nur unter bestimmten Bedingungen wachsen, zweitens weil es mühsam ist sie zu pflanzen und zu ernten (stechen) und drittens weil ihnen der Ruf des Gaumenschmeichlers vorauseilt. Und alles was gut schmeckt und als Delikatesse gilt ist eben etwas kostenintensiver. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Die ursprüngliche Spargelheimat war übrigens aller Wahrscheinlichkeit nach Vorderasien. Dort gedieh die Feldfrucht in feuchten, sandigen Flusstälern prächtig. Ein weites Verbreitungsgebiet fand er aber auch in Eurasien, am südafrikanischen Kap und vor allem in China. Dort kennt man übrigens heute noch gut dreißig, zum Verzehr geeignete, unterschiedliche Sorten. In Europa sind gut 15 davon heimisch. 0,7 Kilogramm Spargel isst der Österreicher übrigens im Jahr. Deutschland ist da etwas weiter vorn, hier werden im Schnitt 1,5 Kilogramm Spargel pro Kopf und Jahr verdrückt.
Die liebe Familie
Der Spargel (Asparagus officinialis L.) ist eine mehrjährige Staude und auf Grund seiner botanischen Merkmale eng mit Porree, Zwiebel, Knoblauch und Schnittlauch verwandt. Er gehört in die Gruppe der Liliengewächse. Damit er gut gedeiht, braucht er sandige, lockere, steinfreie Böden mit einem Humusanteil von einem bis maximal fünf Prozent. Auch der Grundwasserpegel darf nicht zu hoch sein. Zudem hat es Kollege Spargel gerne warm. Kälte im Frühjahr und zu viel Regen vermindern Ernteerträge.
Am häufigsten kommen einem folgende Sorten unter:
Gijnlim: Er kann früh gestochen werden (ab Mitte April) und zeichnet sich durch Kälteresistenz aus.
Backlim: Sie wird später gestochen und ist nicht ganz so ertragreich
Thielim: Kann sehr früh gestochen werden und man kann die Pflanzen dichter aneinander setzen (drei Pflanzen pro Laufmeter).
Andere Sorten tragen so lustige Namen wie “Huchels Schneewittchen”, “Cumulus”, “Raffaelo”, “Xenolim” oder “Burgundine”.
Weiß, Grün oder Violett?
Eigentlich ganz einfach: Wächst der Spargel über der Erde, wird er – Chlorophyl sei Dank – grün und schmeckt intensiver. Da der Grünspargel oberirdisch wächst, ist er weniger aufwändig zu pflegen und zu ernten und auch ein wenig günstiger im Preis. Extrabonus: Er hat auch mehr Mineralstoffe und Vitamine.
Deckt man den Spargel mit Erde zu bleibt er weiß. Sobald das Köpfchen aus dem Erdwall oder Erddamm bricht wird dieser geerntet. Kriegt er dabei zuviel Sonne ab, verfärbt sich die Spitze lila. Das ist für die Hardcore-Spargelfraktion ein Makel.
Lässt man es darauf ankommen, wird sogar die ganze Stange lila. Der Farbstoff Anthozyan ist dafür verantwortlich. Er schützt die Pflanze vor UV-Licht. Minderwertig ist der Spargel dann trotzdem nicht. Mittlerweile gibt es eigene Purpur-Züchtungen. Wichtig: Kochen sollte man ihn nicht unbedingt, weil er dadurch seine Farbe verliert und grün wird. In Olivenöl anrösten geht aber.
Prinzipiell kann man Spargel also als Grün- oder Bleichspargel stechen. Es gibt aber Sorten, die besser fürs eine oder andere geeignet sind. Eigene Purpurspargel-Züchtung gibt es mittlerweile ebenfalls.
Woraus besteht der Spargel?
In erster Linie besteht der Spargel aus Wasser. 92 Prozent macht dieser Anteil aus. Zum Vergleich: Der Mensch besteht aus 70-80 Prozent Wasser, ist aber natürlich auch kein Gemüse. So gesehen hinkt dieser Vergleich natürlich. Ansonsten sind im Spargel noch so wertvolle Dinge wie Kalium, Phosphate, Kalzium und die Vitamine A, B1, B2, C, E und Folsäure enthalten. 100 Gramm Spargel haben übrigens nur 20 Kalorien. Im Vergleich dazu: 100 Milliliter Souce Hollandaise hat ungefähr 465 Kalorien. Dieser Vergleich hinkt diesmal nicht, denn in Hollandaise wird der liebe Spargel mitunter auch aus Traditionen heraus ertränkt, wenn er zu Tische kommt. Ebenfalls beliebt als Begleitung zum Spargel: Butter, Schnitzel, Schinken, Rohschinken und Kartoffeln. Auch als Suppe schaut der Spargel gerne mal auf Tafeln vorbei.
Was kann der Spargel?
Dem Spargel eilt auch er Ruf voraus besonders gesund zu sein. Und zwar schon seit der Antike. Die Griechen setzten etwa auf seine entwässernde Wirkung und schrieben dem Gemüse aphrodisierende Eigenschaften zu. Auch die Araber verwendeten ihn als Medizin und Heilmittel. Spargelsaft wurde gegen Diabetes, Schlaflosigkeit, innere Unruhe und sogar gegen Rheuma verschrieben. Und auch die Römer genossen die Stangenware aus der Erde als Delikatesse und Heilmittel. »Asparagus«, so der lateinische Namen für den Spargel, bedeutet übrigens »Stiel« oder »junger Trieb« und auch nicht uninteressant: Cato widmete dem Spargelanbau in seinem Werk »De agricultura« ein eigenes Kapitel.
Im europäischen Mittelalter und in den Jahrhunderten danach blieb der Spargel vorwiegend als Heilpflanze bekannt. Die gesundheitlichen Aspekte des Spargels hat man mittlerweile auch wissenschaftlich bewiesen. Er soll u. a. Nierensteine verhindern, Geburtsfehlern vorbeugen und bei stillenden Frauen die Milchproduktion anregen. Außerdem entgiftet er. Sehr hilfreich, wenn man verkatert ist.
Wie wird Spargel eigentlich angebaut?
Wie bereits erwähnt ist es gar nicht einfach Spargel zu ziehen und zu stechen. Dass die Ernte von Hand gehen muss ist ein Grund warum die Stangenware recht kostspielig ist. Ein anderer, dass man fast 1700 Liter Wasser braucht um ein Kilo Spargel anzubauen. Aber auch sonst ist die Pflege von Spargelkulturen verhältnismäßig mühsam. Egal ob im eigenen Garten oder für den Erwerbsanbau. Das Prinzip ist aber ähnlich. Zudem braucht es eine Vorlaufzeit von zwei Jahren, bis die erste Ernte eingefahren werden kann.
So baut man Bleichspargel an (Natürlich ist die Anleitung stark vereinfacht).
Schritt eins:
Im Herbst des ersten Jahres hebt man ein Loch aus. (Meist 40 cm tief). Füllt Kompost und Humus ein. Darauf kommt eine Schicht Erde auf diese dann eine ein- bis zweijährige Spargelpflanze (Klaue). Darauf kommt dann erneut Erde und Dünger. Dann passiert ein Jahr lang nichts bzw. die Pflanze beginnt im Frühjahr zu wachsen.
Schritt zwei:
Im Herbst des zweiten Jahres wird das Winterkraut, sobald es abgestorben ist abgeschnitten. Das geschieht ungefähr im November. Dann kommt wieder Erde drauf.
Schritt drei:
Im Frühling des dritten Jahres schneidet man die Stengel erneut, dann schüttet man einen Erdwall bzw. Erddamm auf. Das sind die typischen Erkennungszeichen von Spargelfeldern.
Schritt vier:
Die Hügel werden mit einer Folie abgedeckt, die eine weiße und eine schwarze Seite hat. Ist die schwarze Seite oben, wird Sonnenlicht besser absorbiert. Die Erde wärmt sich schneller auf, der Spargel wächst schneller und verholzt nicht so leicht. Das tut er nämlich, bei kühlen Temperaturen. Außerdem wird die Chlorophylproduktion gehemmt. Man will ja weißen Spargel!
Schritt fünf:
Ist die weiße Oberfläche der Folie oben, reflektiert das Sonnenlicht besser. Der Erddamm wird gekühlt und es wird zudem verhindert, dass der Spargel zu blühen beginnt.
Schritt sechs:
Die Erntehelfer rücken aus und stechen den Spargel. Eine mühsame Angelegenheit. Wo sich die Erde wölbt, oder der Spargelspitzen ein wenig hervorlugen wird mit den Händen der Spargel frei gegraben. Dann kommt das Spargelmesser zum Einsatz. In 25-30 cm Tiefe wird der Spargel abgetrennt. Danach das Loch mit einer Maurerkelle wieder zugemacht und geglättet.
Schritt sieben:
Nach der Saison werden die Erddämme abgetragen, das Spargelkraut wächst wieder, im Herbst und im Frühling wird es wieder geschnitten, neue Dämme errichtet und das Spiel beginnt von vorne. Und zwar ca. zehn Jahre lang, dann ist Schluss und die Erde braucht Ruhe. Gestochen wird üblicherweise – je nach Witterung – ab Mitte April bis ungefähr Ende Juni. Oder um es mit einer alten Bauernregel zu sagen: “Kirschen rot, Spargel tot!”
Wo kommt der Spargel her?
Österreichischer Spargel kommt meist aus dem Marchfeld. Das hat auch historische Gründe. Spargel, gerne als “Kaisergemüse” oder “essbares Elfenbein” tituliert, verträgt eigentlich keine langen Transportwege. Da das Gemüse aus Kostengründen vorwiegend Adeligen vorbehalten war, war es für die Spargelbauern der Monarchie praktisch, in der Nähe der Kaiserstadt anzubauen. Die Monarchie ist seit fast 100 Jahren vorbei, das Marchfeld ist aber noch immer das wichtigste Spargelanbaugebiet in Österreich. Weitere Spargelanbaugebiete gibt es um Hollabrunn, Tulln und im Traisental, aber auch in Oberösterreich und im Kärntner Lavanttal.
Und wieviel Spargel wird eigentlich in Österreich angebaut und importiert man auch Spargel?
Natürlich kommt in Österreich nicht nur heimischer Spargel zum Verkauf.
Wo wird sonst noch Spargel angebaut?
Weitere wichtige Spargelproduzenten in Europa sind Spanien, (48.700 t), Italien (26.500 t), Frankreich (18.600 t) und die Niederlande (16.000 t).
Was heißt eigentlich Extra/Solo, Klasse I und Klasse II beim Spargel?
Spargelstangen werden nach dem Stechen auf eine Länge von 17-22 cm geschnitten, danach gewaschen und sortiert. Die EU führte eine Klassifizierung ein, damit Konsumenten den (weißen) Spargel und seine Qualität besser beurteilen können. 2009 wurde diese verpflichtende Klassifizierung aber aufgehoben. Freiwillig kann man seinen Spargel bevor er ab Hof verkauft wird oder in den Handel geht nach wie vor klassifizieren. Das kommt mitunter auch vor.
Extra/Solo: Gerade, gut geformte Stangen mit geschlossenen Köpfen. Verfärbungen (Rost) sollte beim Schälen entfernbar sein. Mindestdicke: 12-16 mm. Manche Solospargel bringen es bei ordentlicher Zucht aber auch auf bis zu 30 mm.
Klasse I: Gut geformte, auch leicht gebogene Stangen mit fest geschlossenen Köpfen. Höchstens leichter Rost, der durch Schälen entfernbar ist. Mindestdicke: 10-16 mm.
Klasse II: Weniger gut geformte Stangen. Leicht geöffnete Köpfe sind erlaubt. Ca. 10 mm Dicke.
Zudem durfte weißer und violetter Spargel nicht länger als 22 cm sein. Spargel Rost ist übrigens kein großes Malheur: Dieser leichte, natürliche Pilzbefall zeigt nur, dass der Spargel nicht unerlaubt gewässert wurde, denn dadurch würde der Rost verschwinden.
Für grüne und grün-lila Spargel-Sorten galten ebenfalls Dicke und Längevorschriften.
Extra/Solo 10 mm Dicke
Klasse I und II: 6 mm Dicke und alles nicht länger als 27 cm, weil es sonst schon ziemlich holzig wird.
Alles köstlich, aber warum stinkt mein Lulu so?
Nach dem Genuss von Spargel kann mitunter der menschliche Urin sehr eigen riechen. Allerdings: Nicht bei jedem. Denn so wie nicht jeder Mensch mit den Ohren wackeln oder mit seiner Zunge die Nasenspitze berühren kann, schafft es nicht jeder den Spargel beim Ausscheiden stinken zu lassen. Mehrere Aromastoffe im Spargel sind schwefelhaltig. Dominierend ist darunter die Asparagusinsäure, die auch Asparagussäure genannt wird. Manche Menschen besitzen ein Enzym, das die Asparagussäure in schwefelhaltige Stoffe m(z. B. S-Methyl-thioacrylat) zersetzen. Die riechen dann unangenehm auf der Toilette. Aber – jetzt heißt es festhalten – es gibt auch Menschen, die haben dieses Enzym, riechen aber dennoch nicht, was der Spargel mit ihrem Urin so angerichtet hat, da sie wegen einer Mutation im Gen eines Geruchsrezeptors den spezifischen schwefeligen Duft nicht riechen können. Das nennt man spezifische Anosmie!
Und wo krieg ich jetzt gute Stangenware?
In guter, Bioqualität üblicherweise ab Hof, auf Bauernmärkten oder natürlich auch im Supermarkt. Vernünftige Menschen kaufen den Sparge übrigens wirklich saisonal. Man kann das begehrte Gemüse übrigens problemlos einfrieren. Einfach schälen und ab ins Gefrierfach, dort hält er sich 6-8 Monate. Beim Kochen dann einfach das noch gefrorene Gemüse ins heiße Wasser.
Weiterführende Lektüre:
Ingrid Haslinger hat im Wiener Mandelbaum Verlag unter dem schlichten Namen „Spargel“ ein prachtvolles Büchlein über die edle Stange geschrieben. Neben Spargelrezepten (Vorspeise, Hauptspeise, Dessert) geht sie gastrosophisch der Geschichte dieses Gemüses nach. Unterhaltsam, wissenswert und gespickt mit Zitaten aus der Weltliteratur. Erschienen im März 2016.
Spargel bekommt man zum Beispiel hier:
Familie Brandenstein (NÖ)
Gut Markhof,
2293 Marchegg
T: 02285/62 47
www.biospargel.at
Malafa – Der Spargelbauer (NÖ)
3464 Goldgeben, Dorfstr. 3
T: 02265/72 45
www.spargel-malafa.at
Magdalena Jöchlinger
2232 Aderklaa 72
02247/2293
office.joechlinger@aon.at
Ennser Spargelhof
Hofmann Maria und Rudolf Hofmann
4470 Enns Samesleitnerstraße 17
www.spargelhofmann.at