Registrierkassenpflicht gefährdet Bauernmärkte
Seit 1. Januar 2016 gilt in Österreich die reformierte Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht. Die Maßnahme soll Schwarzgeldeinnahmen dezimieren und laut Schätzungen der Finanz zu Steuer-Mehreinnahmen von 900 Millionen Euro führen. Doch für Direktanbieter auf Bauernmärkten und Höfen stellt sie eine massive Belastung dar.
Der Laakirchner Bauern- und Schmankerlmarkt in Oberösterreich verwaist. Die Zahl der Marktstände habe seit Beginn des Jahres deutlich abgenommen, heißt es in der formal dafür zuständigen kommunalen Kulturabteilung. Für viele Direktvermarkter ist die Anschaffung einer Registrierkasse zu aufwendig. Ihre Jahres-Umsätze übersteigen die Anfang des Jahres von 150.000 auf 30.000 Euro herabgesetzte Grenze für die Registrierkassenpflicht nur knapp. Also stellen sie den direkten Verkaufsbetrieb lieber ein.
Auch Marc Mößmer, Gründungsmitglied der ARGE Biofisch, sieht das Kombipaket Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht als eine sehr große Herausforderung für Biomärkte. Das Problem: In seinem Fall müssen für 5 Märkte, die gleichzeitig stattfinden, elektronische Registrierkassen angeschafft werden; ab 2017 müssen diese zusätzlich über einen Manipulationsschutz verfügen. Außerdem müssen sie auch im Winter bei Minusgraden funktionieren und dazu kommt noch das Problem, dass die Märkte teilweise über keine gesicherte Stromversorgung verfügen. Mößmer spricht von Anschaffungskosten in einer Höhe von 15 – 20.000 Euro, was die Schätzungen des Finanzministeriums von einigen 100 Euro deutlich übersteigt. Dafür gibt es eine Förderung von 200 Euro und die Möglichkeit, die Kosten von der Steuer abzuschreiben. Dennoch, „das ist eine Überlastung unserer Liquidität“, sagt der Bio-Fischzüchter. Es gibt zwar ein Entgegenkommen des Finanzministeriums, die sogenannte „Kalte-Hände-Regelung“, die vorsieht, dass Unternehmen, die unter freiem Himmel arbeiten nur dann eine elektronische Registrierkasse benötigen, wenn sie einen Jahresumsatz von 30.000 Euro – statt 15.000 für Indoor-Betriebe – übersteigen, doch das ist für Mößmers Vorhaben keine Hilfe. Seine Marktstände betreibt er an 10 Monaten im Jahr und das hauptberuflich. Der Gesamtumsatz des selbstständigen Unternehmers übersteigt die 30.000-Eurogrenze deutlich, doch ein Großteil seiner Einnahmen fließt wiederum in Personalkosten und teure Standmieten in Wien. Für Registrierkassen bleibt da nicht viel übrig. Die „Kalte-Hände-Regelung“ diene vor allem kleinen Nebenerwerbs-Anbietern, meint er.
Gerhard Zoubek vom Biohof Adamah zweifelt die Sinnhaftigkeit der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht an. Schließlich könne man, hypothetisch gesprochen, seine Produkte immer noch verkaufen, ohne eine Rechnung dafür auszustellen. Für die Kunden und Kundinnen mache es keinen Unterschied, sie würden die Zettel ohnehin gleich nach dem Kauf wegschmeißen, sagt er, auch wenn sie eigentlich verpflichtet wären, damit den Verkaufsort zu verlassen. Darüber hinaus stellen die handelsüblichen Thermotransferdrucker, die für elektronische Registrierkassen benötigt werden, aufgrund von diversen Giftstoffen im Papier und in der Druckertinte eine Umweltbelastung dar. Systeme auf Recyclingbasis werden leider derzeit noch nicht angeboten. Wie das alles in der Praxis funktionieren soll, wird sich bei Gerhard Zoubek erst in den nächsten Wochen zeigen, denn der Biohof Adamah befindet sich noch in der Beschaffungsphase der Registrierkassen. Die Kosten der Anschaffung für die 9 Marktstände des Biohofs belaufen sich pro Standort auf mehrere Tausend Euro.
Biobauer Rudi Maierhofer sieht die Registrierkassenpflicht nicht so negativ, allerdings ist er davon auch nicht so stark betroffen wie andere Direktanbieter. Er betreibt zusammen mit seiner Frau seit 2013 einen 24-Stunden-Selbstbedienungs-Bioladen namens „Bioplatzl“ in der Nähe von Karlstetten (Niederösterreich). Sein Geschäft fällt unter das Automatengesetz, das von der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht ausgenommen ist. Für Lieferungen an große Bioläden – die nur etwas mehr als ein Drittel seines Gesamtumsatzes ausmachen – stellt er ohnehin Rechnungen aus. Für ihn hat sich seit Anfang des Jahres also nichts verändert.
Verena Trenkwalder, Vorsitzende des Fachsenats in der Kammer für Wirtschaftstreuhänder in Oberösterreich, beklagt in einem Interview mit dem Wirtschaftsblatt, dass die Reform unklar formuliert sei und dadurch Klein- und Mittelbetriebe besonders belaste: „Es wurde das Pferd von hinten aufgezäumt.“ Das Finanzministerium weist diese Kritik entschieden zurück. Nach eigenen Angaben habe es vor der Reform „kaum so einen eingehender Legistik-Prozess gegeben.“ „Wir haben intensiv mit den Vertretern der Wirtschaft zusammen gearbeitet“, heißt es offiziell. Das Landwirtschaftsministerium gibt an: „ Wir haben sicher unseren Beitrag geleistet, dass das für die Bauern so wenig Impact hat wie möglich.“ Wie dieser Beitrag aussieht, konnte allerdings nicht näher erläutert werde. Im Allgemeinen scheint es als sei man sich noch nicht ganz über die real gerade aufgetretenen Probleme der Direktvermarkter und Vermarkterinnen klar. Um den Unternehmen Zeit zur Anpassung an die Veränderungen zu geben, ist das erste Quartal 2016 straffrei gestellt und in Ausnahmefällen das zweite Quartal auch. Bei Fragen und Beschwerden verweist das BMF auf seine Webseite.