Fokus am Lokus: Frohen Welttoilettentag
Weltspartag, Weltkatzentag, Tag des Schnitzels: Aktionstage gibt es für alles Mögliche. Am 19. November ist Welttoilettentag. So lustig das klingt, der Tag soll Bewusstsein für eine ernstzunehmende Sache schaffen.
Laut WHO haben 2,5 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Sanitäranlagen. Und das ist nicht nur eine Frage der Eitelkeit, sondern hat viele negative sozio-ökonomische und gesundheitliche Konsequenzen. Der Tag wurde von der World Toilet Organization ausgerufen um auf die enorme Bedeutung der Toilette aufmerksam zu machen. Seit 2013 wird er auch offiziell von den Vereinten Nationen anerkannt und global von Regierungen, NGOs und Medien thematisiert. Der Österreicher Markus Gruber bloggt und twittert zum Thema unter dem Motto „die WC Stille durchbrechen“- eine Herzensangelegenheit, denn eigentlich ist er Unternehmensberater – manchmal mehr, manchmal weniger ernst. In der Welt der x-tausenden Lifestyle Blogs eine sehr erfrischende Sache, wie wir finden. Darum haben wir uns mit ihm unterhalten.
BIORAMA: Wie kam es denn dazu, dass du Toilettenblogger wurdest?
Gruber: Die Idee ist aus eigentlich aus einem Spaß heraus entstanden. Ich habe vor ein paar Jahren in einem British Pub eine Toilette mit Union Jack Design gesehen und ein Foto davon gemacht. So hat das mit den Fotos angefangen, mittlerweile hab ich eine Fotosammlung von über 600 Klofotos. Als ich mich mehr und mehr damit zu beschäftigen begann, wurde mir bewusst, dass die Rolle von Toiletten im Alltag eine sehr wesentliche ist und im Mai dieses Jahres begann ich meinen Blog.
Mir ist es ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass weltweit 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu hygienischen Sanitäranlagen haben. Das hat leider viele negative Konsequenzen: Für die Umwelt und für die Menschen, eine hohe Kindersterblichkeit gehört auch dazu. Knapp 600.000 Kinder unter 5 Jahren kostet das jährlich das Leben, weil durch die mangelnde Hygiene tötliche Keime ins Trinkwasser und in die Nahrungskette gelangen. Diese Dinge sind den meisten nicht bewusst. Toiletten können also Leben retten!
„Historisch gesehen ist das wassergespülte Klosett zweifelsohne eine wichtige zivilisatorische Leistung und ein Meilenstein in der Urbanisierung des Menschen. Wahrscheinlich ist sie sogar eines der am meisten unterschätzten Alltagsobjekte schlechthin.“
Mangelt es oft an Ernsthaftigkeit für das Thema in deinem Umfeld?
Gruber: Oft reagieren die Leute natürlich mit Lachen. Aber wenn ich den doch sehr ernsten Hintergrund meiner Arbeit erzähle, sind viele sehr interessiert und überrascht. Humor ist trotzdem ein guter Weg, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das wir Zugang zu sauberen Toiletten haben, ist für uns selbstverständlich, darum redet kaum jemand darüber. Aber es gibt so viele wichtige Fakten die niemandem klar sind. In Indien ist das Toilettenproblem eine große Sache. Defäkation im Freien ist beispielsweise für Frauen richtig gefährlich: Sie gehen dafür nachts oder in den Morgenstunden, vermeintlich unbeobachtet, auf die Felder hinaus. Das ist genau jenes Umfeld, in dem dann leider häufig sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen passieren. Das könnte vermieden werden. Es gibt so viele Tabus in dieser Hinsicht, was die Probleme natürlich noch verstärkt. Auch kulturell gibt das da viele Hindernisse zu überwinden.
Ich erfuhr durch meine Arbeit zum Beispiel, dass in buddhistischen Ländern alles zu dem Thema als unrein gilt und man die Toilette nicht in der Nähe des Wohnraumes haben will. Das führt zu unglaublich vielen Problemen, die aber relativ günstig zu beheben wären. Die Konsequenzen sind weitreichend: Zugang zu Toiletten führt zu höheren Gesundheitsstandards, insbesondere bei den Mädchen, was schließlich ermöglicht, dass Bildung in Anspruch genommen werden kann und so weiter. Da hängt vieles zusammen!
Wie wichtig ist ein Welttoilettentag und was kann mit so einer Aktion erreicht werden?
Gruber: Über das Thema zu informieren und Bewusstsein zu schaffen ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Leute werden aufmerksam und wollen etwas ändern, engagieren sich. Ich will zeigen, dass in diesem Bereich mit wenig Mitteln viel erreicht werden kann, denn einfache Toiletten kosten nicht viel, können aber wirtschaftlich gesehen im Endeffekt Gewinn bringen. Außerdem bin ich Mitglied bei der World Toilet Organization. Die leisten sehr gute Arbeit. Langfristig ist es mir wichtig, das ganze Jahr über ein Bewusstsein zu schaffen, wie entscheidend Hygiene und Toiletten sind und was passiert, wenn diese Dinge nicht gegeben sind. Nicht nur am Welttoilettentag, aber das mediale Interesse ist natürlich eine super Chance.
„Rund drei Jahre seiner Lebenszeit verbringt ein Mensch auf der Toilette. Das sind etwa 2.500 Toilettenbesuche pro Jahr, bei durchschnittlich sechs bis sieben Toilettengängen pro Tag. Dabei werden – zumindest in westlich geprägten Industriestaaten – über 20.000 Blatt Toilettenpapier verbraucht.“
Wie sieht es im Bezug auf die Klos in Österreich aus? Wie steht’s um die Erfüllung von Umweltstandards?
Gruber: Österreich ist diesbezüglich noch in der Steinzeit. Man muss sich nur mal anschauen, wie innovativ Japan in dieser Hinsicht ist! Dort haben sie extrem hygienische und ressourcenschonende Modelle. Ein Faktor ist zum Beispiel die enorme Papierverschwendung. In Zukunft wird aber vor allem das Wasser eine immer wichtigere Rolle spielen: Wie kann man da sparen? Auch in Österreich werden wir nicht ewig die Reserven haben, die uns jetzt zur Verfügung stehen. Man muss sich vortstellen: Bei jeder Spülung werden 30-40 Liter sauberes Trinkwasser verwendet. Dahin gehend wird es neue Entwicklungen geben. Es gibt schon viel Forschung in diese Richtung, aber da muss noch viel passieren.
„Während jeder dritte Mensch auf diesem Planeten keinen Zugang zu Toiletten hat, verfügen neun von zehn Erdbürgern hingegen über ein Handy. Das ist doch paradox.“
Bitte verrate uns noch deine Lieblingsbezeichnung für’s Klo.
Gruber: Häusel! So schön österreichisch und charmant.