Der Tod gehört zum Leben

(c) Atlantis Verlag

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Manchmal werden Kinder schon sehr früh mit dem Tod konfrontiert. Großeltern sind schwer krank oder sterben plötzlich, ein geliebtes Haustier muss für immer verabschiedet werden – in jedem Fall ist ein derartiges Ereignis eine schmerzliche Erfahrung, die eine Krisensituation auslösen kann. Erst ab einem Alter von etwa fünf Jahren wird die Endgültigkeit des Todes fassbar, kleinere Kinder haben begrenzte Vorstellungen und erwarten, dass der Tote wieder zurückkehrt. Erwachsenen fällt es oft nicht leicht, mit Kindern über das Thema zu sprechen. Es gibt einige schöne, einfühlsame Bilderbücher, die Möglichkeiten aufzeigen, mit dem Tod umzugehen. Sie können wirklich hilfreich sein, wenn es notwendig ist, einen Verlust gemeinsam zu bewältigen. Ich stelle hier fünf Titel, die erst kürzlich am Kinderbuchmarkt erschienen sind, vor.

(c) Atlantis Verlag

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Der Tod auf dem Apfelbaum von Kathrin Schärer (ab 4 Jahren)
Die Schweizer Autorin Kathrin Schärer zeigt mit ihrem unaufgeregten, schön illustrierten Buch, dass der Tod ein unbedingter Teil des Lebens ist. „Der Tod auf dem Apfelbaum“ ist ein altes Volksmärchen, das hier neu bearbeitet wurde. Ein Fuchs ist alt geworden und muss verkraften, dass selbst Hasen und Mäuse keine Angst mehr vor ihm haben. Amseln fressen die Äpfel von seinem geliebten Apfelbaum, noch bevor sie abfallen und er sie genießen kann. Zwar schafft er es noch, ein Wiesel zu fangen, doch selbst dieses muss er laufen lassen: Schließlich verspricht es, zaubern zu können. Von nun an werde jeder Apfeldieb am Baum kleben bleiben. Das Wiesel hatte nicht zu viel versprochen, nun kann der Fuchs seine Äpfel ungestört genießen. Er wird älter und eines Tages kommt sein Tod vorbei. Listig bittet der Fuchs den Tod, ihm noch einen letzten Apfel zu pflücken. Natürlich bleibt auch der ausgetrickste Tod kleben, aber er bleibt ungerührt und wartet geduldig. Als seine Füchsin stirbt, ist der Fuchs untröstlich, und in weiterer Folge sterben auch alle Freunde und Familienmitglieder. Der Fuchs fühlt sich nirgends mehr zugehörig und befreit seinen Tod schließlich aus dem Apfelbaum. Er lässt sich in Ruhe umarmen und hat eingesehen, dass der Tod zum Leben gehört.

„Der Tod auf dem Apfelbaum“ von Kathrin Schärer ist im Atlantis Verlag erschienen. 36 Seiten. Für Kinder ab 4 Jahren.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: keine Angabe
Druckfarben: keine Angabe
Druck: Grafisches Centrum Cuno, Calbe (Deutschland)
(c) Ars Edition

(c) Ars Edition

Der Baum der Erinnerung von Britta Teckentrup (ab 4 Jahren)
Auch im wunderschönen Bilderbuch von Britta Teckentrup handelt die Geschichte vom Tod eines Fuchses. Anders als im Buch von Kathrin Schärer beginnt die Handlung bereits mit dem Sterben des Tieres. Es legt sich auf einer Lichtung in den Schnee und schläft für immer ein. Die Tiere des Waldes, die den freundlichen und hilfsbereiten Fuchs sehr gern gehabt hatten, nehmen trauernd Abschied. Sie sind sich gleichzeitig dessen bewusst, dass ihr Freund ein langes, erfülltes Leben hatte. Um den Verlust zu bewältigen, erzählen sich die Tiere ihre Erlebnisse mit dem Fuchs. Dabei wird ihnen warm ums Herz, was auch die Illustrationen gut vermitteln können. Plötzlich wächst dort, wo der Fuchs eingeschlafen war, eine Pflanze aus dem Schnee – der Baum der Erinnerung. Bald hat er die Kronen der Waldbäume übertroffen und es wimmelt nur so in ihm – der kräftige Baum bietet vielen Tieren Schutz und ein Zuhause. Britta Teckentrup erklärt mit ihrem Buch auf einfache Weise, wie es mithilfe unserer Erinnerungen möglich ist, einen geliebten Menschen oder ein Tier im Herzen weiterleben zu lassen.

„Der Baum der Erinnerung“ von Britta Teckentrup ist im Verlag Ars Edition erschienen. 32 Seiten. Für Kinder ab 4 Jahren.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: keine Angabe
Druckfarben: keine Angabe
Gedruckt: in China
(c) Patmos Verlag

(c) Patmos Verlag

Charly von Pimm van Hest und Nynke Mare Talsma (ab 3 Jahren)
Dieses Buch hat den Tod eines Haustieres zum Thema. Tim und sein Hund Charly sind ein eingespieltes Team. Eines Abends, als Tim noch nicht schlafen gehen möchte und sich vor den Eltern versteckt, ist es Charly, der das Versteck des Jungen aufspürt. Und Tim kann ihm natürlich gar nicht böse sein. Als alle schlafen gegangen sind, macht auch Charly seine Augen zu – diesmal aber für immer. Ausgerechnet Tim findet den toten Hund in der Früh in dessen Körbchen liegen. Die heitere gelbe Hintergrundfarbe des Abendgeschehens hat Illustratorin Nynke Mare Talsma mit dunklem Blau getauscht, um den Stimmungswechsel auch auf diesem Weg zum Ausdruck zu bringen. Erst als die Mutter beginnt, den Tod zu erklären, wird der blaue Hintergrund wieder heller. In Tims Vorstellungswelt ist Charly zu seinen Eltern zurückgekehrt und wohnt im Hundehimmel. Das Ende der Geschichte zeigt Charlys Begräbnis im Garten. Der Hintergrund ist gelb, blühende Sonnenblumen und ein zwitschernder Vogel machen den Garten zu einem fast paradiesischen Ort. „Charly, ich werde dich ganz furchtbar vermissen“, sagt Tim zum Abschied. Die Trauer ist nicht verflogen, aber der Tod des Hundes scheint bewältigbar. Alles in allem ist dies ein sehr einfühlsames, schönes Buch.

„Charly“ von Pimm van Hest und Nynke Mare Talsma ist im Patmos Verlag erschienen. 30 Seiten. Für Kinder ab 3 Jahren.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: keine Angabe
Druckfarben: keine Angabe
Hergestellt: in Belgien
(c) Aracari Verlag

(c) Aracari Verlag

Wo gehst du hin, Opa? (ab 4 Jahren)
Neu erschienen ist dieses kindgerechte und doch philosophische Bilderbuch von Brigitte Endres. Emmis Opa ist krank, vielleicht muss er bald sterben. Bei einem Besuch im Krankenhaus spricht das Mädchen mit ihrem Großvater über seine Gedanken und das Ungewisse, das nach dem Tod auf ihn wartet. Geheimnisse und Abenteuer sind es, die Opa erzählt: Vielleicht sieht er an dem Ort, wo er ankommt, alle geliebten Menschen, die schon tot sind, wieder. Möglicherweise geht die Reise auch in einen paradiesischen Garten. Es könnte auch sein, dass der Großvater als Stern am Nachthimmel blinkt. Auch als Baum könnte Opa wachsen – Emmi findet das, wie viele andere Vorstellungen, etwas sonderbar. Emmi fällt der Abschied schwer – aber sie lernt zu verstehen, dass Opa von dieser Welt gehen muss.

„Wo gehst du hin, Opa?“ von Brigitte Endres und Marc-Alexander Schulze ist im Aracari Verlag erschienen. 32 Seiten. Für Kinder ab 4 Jahren.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: Bezug Bilderdruck glänzend 135 g/m²; Inhalt Lessebo Design Smooth white 170 g/m²
Druckfarben: Bezug 4/0 farbig – Euroskala; Inhalt 4/4 farbig – Euroskala / Euroskala
Hergestellt: Grafisches Centrum Cuno (Deutschland)
(c) Patmos Verlag

(c) Patmos Verlag

Der goldene Ball von Kristien Dieltiens und Seppe Van den Berghe (keine Altersangabe)
Dieses feinfühlige, poetische Buch der Niederländerin Kristien Dieltiens handelt vom Tod eines kleinen Kindes, und die Geschichte ist erwartungsgemäß ziemlich komplex. Altersangabe gibt es keine – und das Buch ist tatsächlich nicht nur für Kinder, sondern auch für trauernde Erwachsene gedacht – etwa ab dem Schulalter müsste man Kindern die Geschichte mit ihrer Symbolhaftigkeit jedoch erklären können. Ein Kind verliert mit einem goldenen Ball sein liebstes Spielzeug, und macht sich auf eine Suche, die neun Monate lange dauert. Sonne, Mond und Sterne besucht es auf seiner Reise, und schließlich kommt es bei zwei Menschen, seinen Eltern, an. Auf der Welt erlebt das Kind wunderschöne Dinge, bis es krank und nicht mehr gesund wird. Eines Tages findet es seinen goldenen Ball wieder und wird davongetragen – dorthin, wo es hergekommen war. Die unerträgliche Trauer der Eltern wird parallel zur Reise des Kindes beschrieben, und schließlich wird im Himmel ein Fest gefeiert, bei dem viele Kinder erzählt bekommen, wie schön es bei den Menschen sei. Alle Kinder, die jetzt geboren werden, wollen die Welt der Menschen ebenfalls kennen lernen. Und auch ins Herz der Eltern kehrt die Wärme langsam wieder zurück …

„Der goldene Ball“ von Kristien Dieltiens und Seppe Van den Berghe ist im Patmos Verlag erschienen. 36 Seiten. Keine Altersangabe.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: keine Angabe
Druckfarben: keine Angabe
Hergestellt: in Belgien
(c) Picus Verlag

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Ich habe keinen Fogel! von Christian Futscher und Leonora Leitl (ab 6 Jahren)
Dieses Buch für ErstleserInnen beschäftigt sich nicht ausschließlich mit Rechtschreibfehlern, wie der Titel vermuten lassen könnte, auch nicht alleinig mit dem Thema Tod – vielmehr steckt eine ganze Fülle an verschiedenartigen Gedanken und Erinnerungsfetzen in ihm, sodass die Handlung nicht so leicht zu beschreiben ist. Ungewöhnlich und infolgedessen auch sensationell sind die Sprachspielereien von Christian Futscher, die bunten Illustrationen von Leonora Leitl und das Mädchen namens Amelie, die Hauptperson des Buches. Amelie hat einen Kanarienvogel, den sie Rüdiger nennt und der manchmal, vorzugsweise in der Badewanne, auch ein blauer Affe, ein roter Gorilla oder ein grüner Tiger ist. Während des Badens bringt Rüdiger einen Brief von Amelies kürzlich verstorbener Omi. Fortan taucht die Großmutter immer wieder in der Gedankenwelt des Mädchens auf – sie scheint außer Rüdiger die einzige gewesen zu sein, die Amelie wirklich ernst genommen hat. Sie war selbst eine lustige Frau, die oft absichtlich alles durcheinander gebracht und sich amüsiert hat, wenn sie andere Menschen verwirren konnte. Man erfährt, dass sie viel mit ihrer Enkelin gelesen und gesungen hat. Amelie würde ihre Omi gerne noch vieles fragen. Zum Beispiel, warum ihre Eltern so viel miteinander streiten und ihre Nerven oft blank liegen. Und warum sie fernsehen soll, nur damit sie Ruhe gibt. Viel schlimmer dürfte die Situation in der Familie eines Klassenkollegen sein: Daniels Eltern explodieren wegen jeder Kleinigkeit und schrecken auch vor Schlägen nicht zurück. Rüdigers Eltern hingegen werden in den Erzählungen des Kanarienvogels besonders positiv beschrieben, sie dürften jedoch schon tot sein. „Manchmal, wenn Rüdiger an seine Eltern denkt, turnt er ganz übermütig herum – so wie auch ich manchmal froh werde, wenn ich an meine Omi denke. Eigentlich ist es ja nicht nur traurig, dass sie gestorben ist. Sie war schon ziemlich alt, hatte Schmerzen, weil sie krank war, und irgendwann muss jeder sterben. Schlimm wäre es, wenn ich keine schönen Erinnerungen an sie hätte. Weil sie aber schön sind, ist es nur halb so traurig, dass sie tot ist“, resümiert Amelie.

(c) Picus Verlag

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„Ich habe keinen Fogel!“ von Christian Futscher und Leonora Leitl ist im Picus Verlag erschienen. 64 Seiten. Für Kinder ab 6 Jahren.

Nicht als E-Book erhältlich.

Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:

Papier: Gedruckt auf Papier aus verantwortungsvollen Quellen (FSC-Mix Label) nach der Richtlinie des Österreichischen Umweltzeichens „Druckerzeugnisse“
Druckfarben: keine Angabe
Druck und Verarbeitung: Druckerei Theiss GmbH, St. Stefan im Lavanttal (Österreich)

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