Die Mythologie der Einkaufstüte
Plastik oder doch lieber Papier? Zur Frage nach der richtigen Tüten-Wahl beim Einkauf.
Im Frühjahr 2015 veröffentlichte die EU-Kommission Richtlinien zur Reduktion von Plastikmüll. Darin geht es vor allem Plastik-Tragetaschen an den Henkel. Laut einer Studie aus dem Jahr 2010 verbrauchen EU-BürgerInnen bis zu 100 Milliarden Plastiktüten pro Jahr. 90% davon werden nur einmal verwendet und landen daraufhin direkt im Müll – oder noch schlimmer, irgendwo in der Natur. Welche ökologische Belastung das auch langfristig mit sich bringt, ist kaum vorstellbar. Die EU sieht deshalb eine Dezimierung des allgemeinen Verbrauchs bis 2018 vor. Die kostenlose Plastiktasche wäre in EU-Staaten damit also Geschichte. Die allzu beliebte kleine, transparente Gemüsetüte ist von dieser Verordnung jedoch ausgeschlossen. Gerade deshalb hagelt es von Seiten verschiedener Umweltorganisationen heftige Kritik. In Österreich, wo der Plastiksackerl-Verbrauch für europäische Verhältnisse sehr niedrig liegt, sind die Obst-und Gemüsesackerln durch die einmalige Verwendung im Moment noch das größte Problem. 2020 sollen deshalb auch gegen diese Plastik-Kleinkaliber Vorschläge von der EU vorliegen.
Durch diese Maßnahmen verabschieden sich die EU-Staaten vom All-Time-Favorite Plastiktüte. Konsumenten werden demnächst zur alternativen Papiertüte greifen und somit den immensen Ressourcenverbrauch und die damit verbundene Umweltverschmutzung dauerhaft stoppen. Also alles Friede, Freude, Eierkuchen. Oder?
Die Papiertüte – ein Ökomythos
Als BIORAMA heute morgen im Spar um die Ecke auf Frühstückssuche ging, fanden wir eine auf den ersten Blick angenehme Überraschung. Die transparenten Plastiktüten in der Obst-und Gemüseabteilung wurden durch Papiertüten ergänzt. Unsere Reaktion war positiv: Hey. Hier kann man sich beim Obst zumindest bewusst gegen Plastiktüten entscheiden. Als wir dann aber zu recherchieren begannen, bröckelte der positive Eindruck. Am umweltfreundlichen Image der Papiertüte ist nur wenig Wahrheit dran! Für die Produktion einer solchen Plastikalternative werden extra lange und reißfeste Zellstofffasern mit Chemikalien verwendet. Ein hoher Wasserverbrauch und äußerst kritische CO2-Werte sind die weitere Folge im Produktionsverfahren. Papiertüten sind in der Masse außerdem schwerer als die Plastikvariante, was in Bezug auf den Liefertransport zu höheren Emissionswerten führt. Die Papiertüte kann zwar durch ein mittlerweile gut entwickeltes Recycling-System und das verwendete Material leichter entsorgt und abgebaut werden. Durch den hohen Ressourcenverbrauch in der Herstellung müsste die Papieralternative jedoch dreimal so oft wie ein Plastiksackerl benutzt werden, um diese umweltschädlichen Nachteile auszugleichen.
Summa summarum hat also der Plastikbeutel gegenüber der Papiertüte eine bessere Ökobilanz. Kaum zu glauben. Umweltfreundlich sind Plastiktüten deshalb aber trotzdem nicht, auch nicht in recyclebarer Form.
Auch sogenannte Öko-Plastiktüten, sind nicht der Weisheit letzter Beutel. Zu welcher Tüte kann man nun ohne schlechtes Gewissen greifen? Nicht einmal der Öko-Liebling namens Jutebeutel schneidet im Herstellungstest gut ab. Fakt ist: In Supermärkten findet man zur Zeit fast nur Tragetaschen, die durch ihr Produktionsverfahren, das Material oder die anschließende Entsorgung eine Belastung für die Umwelt darstellen. Um als verantwortungsbewusster Verbraucher nicht noch mehr Schaden mit seinem täglichen Verhalten anzurichten, sollte man daher der Einweg-Nutzung völlig den Rücken zu kehren.
BIORAMA-Tipp: Lieber Jutebeutel, Baumwolltasche oder ähnliches von daheim zum Einkaufen mitnehmen und auf Gemüsesackerln ganz verzichten. Durch Mehrfachnutzung kann die ökologische Bilanz mit jedem Mal verbessert werden und hilft so kontinuierlich der Umwelt.
Eine Alternative zu herkömmlichen Tüten aus Papier hat Biorama neulich mit dem Tütle vorgestellt.