Mit der Kraft der Sonne um die halbe Welt tuk(tuk)ern

Tejas on the Road! Bild: Raoul Kopacka

Tejas on the Road! Bild: Raoul Kopacka

Als wäre es nicht schon anstrengend genug, einfach so von Indien bis nach Großbritannien zu reisen. Nein, Naveen und Raoul legen diese Strecke mit einem selbstgebauten, durch Sonnenlicht und Elektrizität betriebenen Tuk Tuk zurück. Ihrer Reise liegt eine Mission zugrunde: Auf Solarenergie als alternative, erneuerbare und saubere Energiequelle für Fahrzeuge aufmerksam zu machen. Wir haben mit Naveen und Raoul von Tejas: The Solar Tuk Tuk gesprochen und ihnen Fragen zum Projekt gestellt.

Biorama: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Solar Tuk Tuk zu bauen und was ist euer konkretes Vorhaben?

Naveen: Mein Hauptgedanke war ein umweltfreundliches Verkehrsmittel zu bauen, mit dem ich von Indien bis nach England reise.

2010/2011 bin ich mit dem Rucksack von Australien nach Neuseeland und Süd-Ost-Asien gereist. Zurück in Indien plante ich meine nächste Reise nach Großbritannien – mit dem Auto. Bei den Vorbereitungen realisierte ich, wie viel Treibstoff ich bei meinen früheren Reisen verbraucht habe. Dann wurde mir klar: mein nächster Trip muss weniger schädlich für das Klima sein.

In Indien sind Tuk Tuks im Straßenverkehr sehr üblich – aber in der normalen, mit Treibstoff betriebenen Art. Sie verschmutzen aber die Luft stark und sind sehr laut. Deshalb wollte ich ein umweltfreundliches Tuk Tuk bauen und damit reisen. Daraus entstand die Idee, mit einer solar- und strombetriebenem Autorikscha zu reisen. Besonders wichtig ist mir der Aspekt, auf meiner Reise keine Emissionen auszustoßen. Strecken über Wasser bewältige ich aber mit den dort zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln.

Wer steht hinter dem Projekt Tejas: The Solar Tuk Tuk? Und was macht ihr, wenn ihr einmal nicht an Tejas herumschraubt?

Unser Team besteht aus den Ingeneuren Sanketh Kumar und Naveen Rabelli, und Raoul Kopacka, der mit mir gemeinsam die Reise machen wird und sie filmisch dokumentiert. Außerdem sind Manoj Manduva, Hishana Shan, Raoul Kopacka und Tom Burns für Design, Filmmaterial und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Das sind nur die Personen, die derzeit am Projekt arbeiten. Ich bin jedoch sehr dankbar, dass es noch viele andere Menschen gibt, die geholfen haben, die Idee umzusetzen – beispielsweise örtliche Mechaniker und Schweißer, Grafiker und viele mehr.

Ursprünglich war das mein eigenes Projekt, bei dem mir örtliche Mechaniker zur Hilfe gekommen sind. Als unsere Idee Form angenommen hat, interessierten sich immer mehr Menschen für das Projekt.

Ich habe meinen Job als Automobiltechniker auf den Nagel gehängt, um mich zur Gänze dem Solar Tuk Tuk zu widmen. Um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete ich als Badminton-Trainer. Über die sowohl finanzielle als manchmal auch emotionale Unterstützung meiner Eltern und Freunde bin ich sehr dankbar.

Umbauphase Bild: Raoul Kopacka

Umbauphase, Bild: Raoul Kopacka

Tejas war ja ursprünglich ein normales Diesel-Tuk Tuk. Wie hat sich die Umbauphase gestaltet? Wer hat Tejas: The Solar Tuk Tuk eigentlich entworfen?

Genau, früher war das Tuk Tuk ein mit Diesel betriebener Piaggo Ape, das mein Team und ich dann in ein mit Solar und Strom betriebenes umgebaut haben. Es ist sehr simpel aufgebaut, wie auch die vorherigen solarbetriebenen Verkehrsmittel. Auch wenn wir nicht genau gewusst haben, wie wir unsere Ideen realisieren können, haben wir einfach gehofft, dass es funktionieren wird. Auch die örtlichen Mechaniker, die mich von Anfang unterstützt haben, wussten nicht wie der Umbau funktionieren soll. Wir haben aber alle daran geglaubt, dass es klappen wird.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Design hauptsächlich von mir ist, Mechaniker und Personen aus dem Medienbusiness und der Elektrikindustrie aber mitgeholfen haben, das Projekt zu realisieren.

Wie wird die Idee des Solar Tuk Tuks von Menschen, denen ihr begegnet, aufgenommen?

Tejas zieht eindeutig die Blicke auf sich. Auf unserer Teststrecke von Kochi nach Bangalore sind immer wieder Menschen stehen geblieben und haben uns gefragt, warum das Tuk Tuk denn keinen Lärm macht. Sie sind fasziniert, dass ein Tuk Tuk so leise sein kann und auch keine Abgase verursacht. Die können sich das gar nicht vorstellen! Sie schätzen aber unsere Arbeit und wünschen uns viel Glück auf unserer weiteren Reise – auch wenn sie uns für ein bisschen verrückt halten. Ich glaube allein die Zusprüche bringen uns an unser Ziel.

War es schwierig das Projekt zu realisieren?

Ja, für mich war es sehr schwierig, dauerhaft daran zu glauben, dass wir es schaffen werden. Sobald ich aber überzeugt davon war, haben sich die Probleme in Luft aufgelöst.

Bezüglich der Finanzierung und dem Team gab es immer wieder Probleme. Aber Schritt für Schritt hat es funktioniert.

Vor einigen Jahren habe ich den Schweizer Louis Palmer getroffen, er hat 2008 eine Weltreise mit einem solarbetriebenem Auto gemacht hat. Er hat mir damals geraten, eine Idee prinzipiell Stück für Stück umzusetzen. Das war noch lang bevor meine Idee mit Tejas in der heutigen Form bestand.

Was wollt ihr mit eurer Reise erreichen?

Bauen, reisen, inspirieren!                                                                                                                 

Ich hoffe wir können die jüngere Generation inspirieren, sich über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. In einigen Jahrzehnten gibt es hoffentlich immer mehr umweltfreundliche Verkehrsmittel.

Noch wichtiger ist mir aber, auf meiner Reise Menschen zu treffen, die in der Nachhaltigkeitsbranche tätig sind. Ich möchte von ihnen lernen und Kontakte knüpfen.

Es sieht so aus, als hättet ihr ein bisschen Anlaufschwierigkeiten. Worin liegt das Problem?

Das größte Problem war, dass unsere Bauteile 90 Tage zu spät ankamen! Wir haben alles versucht, um rechzeitig zu starten, haben stundenlang durchgearbeitet, manchmal sogar jeden Tag, aber irgendwie haben wir es immer noch nicht geschafft.

Das Tuk Tuk ist jetzt zwar fertig, aber wir müssen noch Geld für Ersatzteile auftreiben – und für die Logistik.

Habt ihr schon Pläne für die Zeit nach der großen Reise?

Nein, da wir den ganzen Sommer verloren haben. Das ist sehr schade! Aber vielleicht können wir die Reise auch im Winter machen, das würde dann vielleicht die Vorstellung der Menschen von Solar ändern. Währenddessen wir auf weitere finanzielle Unterstützung warten, freuen wir uns über Ratschläge von Menschen, die über ähnliche Routen gereist sind.

Raoul, der gemeinsam mit Naveen die Reise bestreiten wird und all das mit seiner Kamera dokumentiert, erzählte uns über das Projekt Tejas folgendes:

Grundsätzlich versuchen wir mit unserem Projekt Aufmerksamkeit für erneuerbare Energien und E-Mobilitätslösungen zu schaffen. Mit dem Gefährt, an dem Naveen die letzten 3 Jahre gearbeitet hat, wollen wir zeigen, wie praktikabel und strapazierfähig E-Fahrzeuge sind und ihre Technologie vor allem für ein Nahverkehrsmittel wie die Autorikscha ideal geeignet sind. Tejas ist ein Prototyp und soll zeigen, wie man erfolgreich benzinbetriebene Tuk Tuks zu elektrischen umbauen kann, um auf lange Sicht das Stadtbild in den indischen Metropolen nachhaltig zu ändern und Emissionen im großen Stil einzusparen.

Ich war letztes Jahr und heuer jeweils drei Monate in Indien und hab Filmmaterial gesammelt, bzw. heuer hauptsächlich selbst am Fahrzeug herumgeschraubt. Meine Aufgabe bei dem Projekt ist es, alles filmisch festzuhalten und am Ende einen Dokumentarfilm draus zu machen. Es soll aber nicht eine reine Reise-Roadtrip-Doku werden: Wenn wir dann einmal losfahren ist die Grundidee des Filmes die, dass wir entlang der Route andere Projekte aufspüren und besuchen, die sich nachhaltigen und grünen Lebensweisen widmen und wollen diesen lokalen Projekten durch unseren Film eine Plattform bieten, an eine breite Öffentlichkeit zu gelangen. Nebenbei wollen wir auch an Schulen und Universitäten unser Wissen weitergeben.

Auf der Reise von Indien nach England sammeln wir zudem Daten, die wir via GPS/GPRS an unseren Server schicken und graphisch auf unserer Website aufbereiten – Daten wie durchschnittliche Kilowattstunden pro Tag, die wir durch die Solarmodule generieren, Motor- und Batterieleistungen im Zusammenhang mit den geographischen Daten (Sonneneinstrahlung, Höhe, Neigung der Straße, usw..). Diese Daten wollen wir der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und so unseren Teil zur Forschung im Bereich E-Mobilität beitragen.

Kalapuraparambil Automobiles Bild: Raoul Kopacka

Kalapuraparambil Automobiles, Bild: Raoul Kopacka

Naveen, Raoul und ihr Team freuen sich über BesucherInnen auf ihrer Facebookpage. Auf ihrer Homepage kann man ein animiertes Tuk Tuk von Indien bis nach Großbritannien fahren lassen und das Projekt auch finanziell unterstützen. Und hier gibt’s alle Hintergrundinformationen zu Tejas: The Solar Tuk Tuk.

Solarverkehrsmittel sind im Kommen. Biorama testete vor einiger Zeit das Solartaxi von Heidenreichstein und sprach mit Karl Immervoll, einem der Projektkoordinatoren.

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