#Klamottenkur: Ein Besuch beim 48er Basar

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Bild: Martin Fuchs

Die MA48 – die Wiener Müllabfuhr – entsorgt Dinge, die nicht mehr gebraucht werden. Das gilt natürlich auch für Kleidung. Wir haben uns angesehen, was danach mit ihr passiert. 

Alte Kleidung kann man in einen Sammel-Containter werfen, oder man bringt sie direkt zum Mistplatz. Zum Beispiel ins markante Rinterzelt. Dort, im 22. Wiener Gemeindebezirk, haben wir uns angesehen, wie Kleidung zu Second Hand Kleidung wird. Wir treffen uns um 7.30 Uhr am Morgen mit Frau Zaunbauer von der Öffentlichkeitsarbeit der MA48. Drei komplett orange-gekleidete Herren erwarten uns bei der Sammelstelle . Hier wurde im Laufe der letzten Tage so allerhand abgegeben – Fahrräder, Radios, Schischuhe. Einmal wöchentlich werden diese Sachen abgeholt. Beim Öffnen der Kleidercontainer purzeln uns Säcke – vollgestopft mit Kleidung entgegen. Einer um den anderen wird verladen.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Alles rein in einen LKW. Bei der Menge an Kleidung und Musikinstrumenten, Sportgeräten und Kinderspielsachen dauert das. In der Zwischenzeit sprechen wir über den Ort, an den die abgegebenen und gerade verladenen Sachen gleich gebracht werden. Wir sprechen über den 48er-Basar und erfahren, dass hier nicht alles verkauft wird. Vieles geht auch an soziale und karitative Einrichtungen. Die Einnahmen des Basars bekommt wiederum die Stadt Wien. Mittlerweile ist unsere Mitfahrgelegenheit da. Sie ist orange und von der MA48. Vielen Dank an dieser Stelle.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Vom Rinterzelt geht es weiter in die Stadlauerstraße 41, ebenfalls in Wiens, 22. Bezirk. Der Wagen hält vor einem riesigen Backsteingebäude. Davor wartet schon eine Schlange Menschen, morgens um 8:30 Uhr.

Um Punkt neun Uhr öffnet der Basar – jeden Tag ist das so, nur Sonntag und Montag nicht. Wir nehmen den Seiteneingang und treffen dort Herrn Marihart. Er ist Betriebsleiter des 48er-Basars. Wir haben noch Zeit, in der wir uns in der Halle umschauen können. Herr Marihart führt uns herum. Es ist nicht gerade klein hier. Wir beginnen dort, wo sortiert wird. Mittlerweile ist auch der LKW mit den abgegebenen Sachen vom Mistplatz angekommen. Es wird gerade ausgeladen. Herr Marihart erklärt uns, dass hier auch die Kleidung gesichtet, sortiert und eingeteilt wird.

Nicht nur Kleidung wird hier angenommen. Bis zu 700 Tonnen Ware kommen jedes Jahr hierher, davon werden nur zehn bis 20 Prozent entsorgt – alles andere wird verkauft oder an karitative Einrichtungen, wie die Gruft oder das Integrationshaus übergeben. Jetzt muss „verpreist“ werden. Alles über 7,50 Euro gilt als teure Ware. Außerdem werden die Preise nicht Stück für Stück zugewiesen.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Für T-Shirts z.B. gibt es einheitliche Preise –  ab 1 Euro. Das Auspacken und Sichten der Kleidung sei ein „irrer Job“. Momentan machen das 1 ½ Personen. Gewaschen oder repariert wird nichts. Wenn etwas schmutzig abgegeben wird, muss es weggeworfen werden. Herr Marihart erzählt uns auch, oft seien Fehlwürfe oder Unrat in den Säcken mit dabei. Das sei dann immer schlimm für die Personen, die sortieren. Verständlich.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Mich interessiert, welche Stücke am Basar am beliebtesten sind. Das kann mir Herr Marihart nicht genau sagen, denn das Publikum ist unterschiedlich und die Gründe für einen Kauf sind es auch. Manche Besucher verstehen sich als Händler, die hier am Basar Ware erstehen, um sie dann weiterzuverkaufen. Der Ansturm und das Gerangel am Eingang waren früher so groß, dass ein Drehkreuz eingebaut werden musste. Herr Marihart, der im Übrigen schon seit 23 Jahren beim 48er-Basar ist, erzählt weiter, dass die ersten Kunden oft schon sehr früh am Morgen warten.

Gerade am Dienstag ist der Andrang groß, denn schließlich wurde ja heute die neue Ware geholt. Doch sind nicht nur Händler hier, auch Menschen, die für sich selbst kaufen, sind es. Die angebotenen Sachen sind in gutem Zustand und wirklich sehr günstig.

Für Viele ist es eine der wenigen Möglichkeiten an „Neues“ zu kommen. Es ist klar, dass sie gerne die Ersten sein möchten. Trotzdem läuft es heutzutage ruhiger ab – erzählt Herr Marihart. Die Verhaltensweisen seien andere. Überhaupt hätte sich viel geändert.

Die größte Umstellung war das Internet. Während die Leute früher bei einem Umzug, alles, was nicht mehr gebraucht wurde, hierher gegeben hätten, würde heute das Meiste über das Internet verkauft werden. Und das merkt man natürlich an der Ware.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Bald ist es neun Uhr. Noch ist alles aufgeräumt. Die Ecke mit der Elektronik, den Möbeln, dem Geschirr, den Sportartikeln und natürlich auch der Teil mit der Kleidung – alles ist an seinem Platz. Auch die Mitarbeiter des Basars sind bereit für die Kunden. Die meisten der hier Beschäftigten sind Vertragsbedienstete der Gemeinde Wien, die Hälfte von ihnen sind körperlich oder geistig behinderte Menschen, auch Hilfsarbeiter werden eingesetzt.

Es ist neun Uhr. Das Drehkreuz bewegt sich. Die Käufer kommen herein – und das teilweise sehr zielstrebig. Es scheint, als sind sie nicht zum ersten Mal hier. Andere sind gelassen und wirken vollkommen stressbefreit. Es ist wirklich wie auf einem Basar. Egal welche Motive die Basar-Besucher hierhergeführt haben mögen: Gegenstände, die für Andere wertlos geworden sind, haben eine Wiederverwendung gefunden. Und das ist gut so.

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

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Bild: Martin Fuchs

Mehr Informationen zum 48er-Basar oder der MA48 gibt es hier.

Wer gerne mehr über Themen der Klamottenkur lesen möchte, an dieser Stelle gibt es mehr.

 

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