Wildkräuter und Arzneipflanzen auf hochschulisch
Der Hochschullehrgang „Wildkräuter und Arzneipflanzen“ startet im Mai schon zum dritten Mal. BIORAMA hat mit Lehrgangsleiterin Isabell Vogl über Kräuter, professionelles Sammeln und essbare Wildpflanzen gesprochen.
BIORAMA: Wildkräuter erkennen, professionell sammeln und verarbeiten – Wie genau läuft das ab? Sucht die Gruppe gemeinsam Kräuter oder liegt der Fokus eher auf Einzelarbeit?
Isabell Vogl: Die Lehrveranstaltungen des Hochschullehrganges Wildkräuter und Arzneipflanzen sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Einige Fachinhalte werden theoretisch im Seminarraum, andere direkt in der Natur oder bei Betrieben vermittelt.
Zum Teil werden die Pflanzen gemeinsam in der Gruppe gesammelt, um das richtige Erkennen und Sammeln zu üben, zum Teil findet auch Einzelarbeit statt. In schriftlichen Seminararbeiten vertiefen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer je nach individuellem Interessensgebiet.
Die Teilnehmer bekommen auch einen Überblick über die Anwendungsgebiete der Pflanzen. Werden die Kräuter denn auch praktisch eingesetzt?
Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellen selbst eigene, kreative Lebensmittelkreationen oder eine kleine Natur-Hausapotheke her. Die Philosophie hinter der Nutzung von Wildkräutern ist es, das Bewusstsein für die Heilkraft der Natur zu fördern und bei den Menschen die Fähigkeit zu Eigenständigkeit in Hinblick auf die persönliche Gesundheit zu stärken. Der Respekt und die Wertschätzung gegenüber der Natur aber auch das Wohlbefinden und die eigene Körperwahrnehmung spielen hier eine große Rolle.
Was bedeutet denn eigentlich „professionell sammeln“?
Abgesehen davon, dass es wichtig ist, die Wildpflanzen richtig zu erkennen – Bärlauch zum Beispiel – und dass der Naturschutz unbedingt berücksichtigt werden muss, gibt es die einen oder anderen Tipps und Tricks zum Sammeln: So hilft es, die typischen Standorte, an denen die Wildkräuter in all ihrer Pracht gedeihen, zu kennen.
An Waldsäumen und Wegesrändern sowie auf ökologisch besonders interessanten Flächen findet sich oft die höchste Kräutervielfalt. Um qualitatives Pflanzenmaterial zu erhalten ist auch der Entwicklungsstatus einer Pflanze, die Tageszeit oder die Witterung bei der Ernte zu berücksichtigen.
Apropos Naturschutz: Inwiefern spielt Naturschutz eine Rolle im Zusammenhang mit dem Sammeln von Kräutern? Kann man denn mit dem Sammeln von Kräutern Natur beschädigen?
Ja, sehr sogar. Gerade bei Wildkräutern ist höchste Vorsicht geboten. Es ist zu beachten wo, wann und in welchen Mengen gesammelt werden darf. Dazu sind Kenntnisse über die Landesnaturschutzgesetze, die rote Liste der gefährdeten Pflanzen landes- und österreichweite sowie die Fauna-Flora-Habitat Richtlinie nötig. In Schutzgebieten gibt es Sammlungsverbote.
Ein Sammeln der Wurzel oder vor der Blüte ist bei manchen Beständen oder Arten bedenklich, da so die Vermehrung verhindert wird. Im Grunde genommen geht es darum, zu wissen welche Arten unter Naturschutz stehen beziehungsweise diese auch zu erkennen, und abschätzen zu können, wie viel von einem Bestand geerntet werden darf, um ihn nicht nachhaltig zu schädigen.
Rechtliche Rahmenbedingungen von Zulassungs- und Registrierungsverfahren sind auch im Curriculum des Studiengangs enthalten. Was muss denn ein Laie beim Sammeln von Kräutern beachten?
Bei der Verwendung von Arzneipflanzen, die selbst gesammelt werden, weiß man beispielsweise nicht genau die Menge an gesundheitswirksamen Inhaltsstoffen. Es gibt Pflanzen, wo diese Mengen stark schwanken. Dies macht eine Dosierung schwer. Man sollte sich daher wirklich gründlich informieren.
Auch die Relevanz von essbaren Wildpflanzen für die Ernährung sind Themen des Lehrgangs. Welche Relevanz hat denn Geschmack für Arzneipflanzen?
Mit Wildkräutern und Kräutern lassen sich viele herkömmliche Lebensmittel und Speisen delikat zubereiten und veredeln. Oft wird der biologische Landbau und höhere Qualität damit in Verbindung gebracht. Mit Hilfe von Blüten lassen sich die Speisen zusätzlich optisch aufwerten – und bekanntlich isst das Auge mit. Bei Arzneipflanzen konzentriert man sich eher auf deren Wirkung als auf deren Geschmack.
Werden die Kräuter auch vor Ort verkocht?
Ja, in einem Lehrgangsblock wird gemeinsam gekocht und verkostet!
Die Kurse finden sowohl in Wien als auch in Hirschbach im Mühlkreis (OÖ) statt. Wirkt sich der Stadt-Land-Unterschied auf den Studienplan aus? Werden in Wien andere Themen behandelt als in Oberösterreich?
Ja, natürlich. Die Inhalte des Lehrganges sind an die Örtlichkeiten abgestimmt. So werden die Exkursionen und Übungen an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Überraschenderweise lässt sich in Wien besonders gut der naturschutzfachliche Umgang mit Wildkräutern erörtern.
Die Perchtoldsdorfer Heide als Naturrefugium vor den Toren Wiens bietet sich sehr gut für die Naturschutz-Themen an. Die Verarbeitung und Vermarktung von Produkten mit Wildkräutern wird natürlich bei innovativen Kräuterproduzenten in Oberösterreich besichtigt.
Einen inhaltlich wichtigen Punkt stellen auch Präsentations- und Kommunikationstechniken, Beratung und Kundenbetreuung dar. Warum spielt das Kräuter und Arzneimittel betreffend eine so wichtige Rolle?
Gerade im Bereich der Wildkräuter und Arzneipflanzen sind Informationsquellen unterschiedlicher Qualität vorhanden. Dies reicht von Esoterik und Schamanismus über Märchen, Sagen und Überlieferung von Hausmittelchen bis hin zu – wissenschaftlichen – Studien. Für Laien, die nicht aus dem Fachgebiet sind, ist es schwer abzuwägen, welche Informationen „richtig“ sind.
Gerade beim Thema Gesundheit sind verlässliche und leicht verständliche Informationen wichtig. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Lehrganges lernen, das im Laufe der Lehrveranstaltungen erworbene Wissen an Interessierte weiterzugeben bzw. nachhaltige Beratungsprozesse anzubieten.
Der Lehrgang richtet sich an Personen, die beruflich mit Wildkräutern und Arzneipflanzen zu tun haben. Wird jemand, der diesen beruflichen Background nicht hat, abgelehnt?
Personen ohne beruflichen Background können ebenfalls am Lehrgang teilnehmen, sofern sie die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Es sind alle Personen willkommen, die großes Interesse an Kräutern haben und ihre Kompetenzen im Bezug auf Kräuterwissen entwickeln und weiterentwickeln möchten.
Mitte April finden die verpflichtenden Aufnahmegespräche statt. Haben Sie zum Abschluss Tipps, die dabei ganz nützlich wären?
Beim Aufnahmegespräch ist es uns wichtig, die gegenseitigen Erwartungen an den Hochschullehrgang abzustecken. Die Anforderungen und Ziele sollten von Anfang an klar sein. Ein großes Interesse am Thema ist natürlich für eine Teilnahme Voraussetzung. Da der Hochschullehrgang eine sehr intensive Weiterbildung ist, muss die Motivation, mit der der Lehrgang verfolgt wird, einfach stimmen.
Mehr Informationen zum Hochschullehrgang „Wildkräuter und Arzneipflanzen“ gibt es hier. Die Anmeldefrist läuft bis 27. März 2015.