Neue Studie: Biolandbau ist so produktiv wie konventionelle Landwirtschaft

2_Bild: flickr.com/skoeber – CC BY-NC-SA 2.0

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Hauptargument für konventionelle Landwirtschaft sind höhere Erträge im Vergleich zum Biolandbau. Eine aktuelle Meta-Studie kommt nun zu einem überraschenden Ergebnis: Die Behauptung ist falsch – das Problem liegt an der gerechten Verteilung und am Zugang zu den Gütern.

Biolandbau kann unter bestimmten Bedingungen ähnlich produktiv sein wie die konventionelle Landwirtschaft. Zurzeit werden weltweit etwa 0,9 Prozent der Agrarflächen biologisch bewirtschaftet. Eine Erhöhung dieses Anteils ist nur dann wahrscheinlich, wenn sich eine vergleichbare Produktivität und Kosteneffektivität erreichen lässt.

Die bislang mit Abstand größte Auswertung von Studien zu diesem Thema kommt zu dem Schluss, dass die Ertragsunterschiede zwischen beiden Systemen stark überschätzt werden. Demnach liegt die Ausbeute bei biologischem Landbau zwar durchschnittlich um rund 19 Prozent niedriger, je nach Anbauverfahren schrumpfe der Unterschied aber auf acht bis neun Prozent, schreiben die Forscher von der University of California in Berkeley im Fachblatt »Proceedings B« der britischen Royal Society.

Fruchtwechsel und gemischter Anbau

Werden Anbaumethoden wie Fruchtwechsel und der gemischte Anbau mehrerer Pflanzenarten konsequent umgesetzt, schrumpft die Lücke zwischen den Systemen auf unter zehn Prozent, da die Pflanzenkombinationen Synergieeffekte bei der Nährstoffversorgung und Abwehr von Schädlingen ergeben. Bei Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen oder Linsen waren die Erträge sogar direkt vergleichbar. Größere Differenzen zeigen sich beim Blick aufs Detail: Besonders stark schwanken die Ergebnisse zum Ertragsvergleich bei Obst und mehrjährigen Pflanzen. Im Schnitt sind es für diese beiden Pflanzenarten nur drei bis elf Prozent weniger, hier können die Erträge des Biolandbaus aber auch über jenen des konventionellen liegen.

Keine Option, sondern eine Notwendigkeit

Die Forscher berücksichtigten 115 Studien mit 1.071 direkten Vergleichen für den Anbau von 52 Feldfrüchten in 38 Ländern, eine dreimal größere Datengrundlage als frühere Studien. Im Gegensatz zu anderen Metaanalysen schlossen sie Ergebnisse aus einfacher Subsistenzwirtschaft in Entwicklungsländern aus und verglichen Anbaumethoden mit vergleichbar hohem Wissens- und Technologiestandard. Den Autoren zufolge verglichen frühere Studien unterschiedliche Regionen, Anbaufrüchte oder Methoden und gewichteten den Anbau von Getreide übermäßig.

Die Unterschiede bei Getreide führen die Wissenschaftler darauf zurück, dass die Züchtung seit Jahrzehnten auf Sorten mit hohen Erträgen im konventionellen Anbau abzielt. »Unsere Studie deutet darauf hin, dass angemessene Investitionen in die agrarökologische Forschung zum besseren Management im Bioanbau und zur Züchtung von Sorten für ökologische Anbausysteme die Ertragslücke für manche Feldfrüchte oder Regionen reduzieren oder gar schließen könnten«, erklärt die Hauptautorin Lauren Ponisio. »Den Anteil der Landwirtschaft zu erhöhen, die nachhaltige, ökologische Anbaumethoden nutzt, ist keine Option sondern eine Notwendigkeit. Wir können nicht weiter Nahrung produzieren, ohne auf Böden, Wasser und Biodiversität zu achten.«

Mit Blick auf die Welternährung fügt sie hinzu: »Unser gegenwärtiges Landwirtschaftssystem produziert weitaus mehr Lebensmittel als nötig wären, um alle Menschen zu ernähren. Die Beseitigung des Welthungers erfordert besseren Zugang zu Nahrung und nicht nur Produktionssteigerung.« Gegenwärtig produziere die intensive konventionelle Landwirtschaft zwar große Mengen Lebensmittel, verursache gleichzeitig aber auch enorme ökologische Probleme. Akute Beispiele seien Bodenerosion, Sauerstoffmangel in Gewässern, Einsatz von Pestiziden und schwindende Artenvielfalt. »Um die Kapazität der Erde zur Nahrungsmittelproduktion zu erhalten, müssen wir möglichst bald nachhaltige und stabile Landwirtschaftspraktiken anwenden«, betont Ponisio.

Bild: flickr.com/thebittenword.com – CC BY 2.0

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Mit den heute vorhandenen weltweiten Ackerflächen könnten bis zu vier Mrd. weitere Menschen ernährt werden. Hierfür müsste lediglich der Anbau von Viehfutter und Biotreibstoffen durch den Anbau menschlicher Nahrungsmittel ersetzt werden. Wenn man dabei bedenkt, dass kaum mehr als die Hälfte der weltweiten Getreideproduktion in unseren Mägen landet, weil der Rest als Futtergetreide in den indirekten Kalorienkreislauf eingeht, ist es eine logische Schlussfolgerung, dass bereits kleine Änderungen der Getreidenutzung die weltweite Nahrungsmittelverfügbarkeit deutlich verbessern könnten, auch für eine ständig wachsende Erdbevölkerung.

Ware Lebensmittel

Ein wesentlicher Grund für die ungleiche Verteilung besteht darin, dass Lebensmittel als Ware gehandelt werden und somit nur für Geld erhältlich sind. Arme Länder, in denen die meisten Unter- und Mangelernährung herrscht, können nicht genügend Nahrung kaufen, um ihre Bevölkerung zu ernähren.

Ein weiteres Problem ist, dass sich arme Länder oft in landwirtschaftlich ungeeigneten Klimazonen befinden. Durch den Versuch, unbrauchbaren Flächen einen Ertrag abzuringen, verschlechtert sich deren Zustand häufig noch, es kommt zu Übersalzung und Erosion. Der Biolandbau könnte auch hier helfen, solche ertragsschwache Flächen wiederherzustellen bzw. ihre Erträge zu steigern.

Faire Handelsverträge sind notwendig

Um das Modell des ökologischen Landbaus weltweit umsetzen zu können, sind jedoch einige weitreichende Veränderungen nötig. Eine wesentliche Grundlage sind faire Handelsverträge, die auf Langfristigkeit und Regionalität ausgelegt sind. Nur so können die Bauern ihre Existenz bei Missernten halten und Risiken überschauen.

Zudem benötigen die Landwirte Zugang zur Bildung und eine angepasste Infrastruktur und müssen sich auf Rechte berufen können. Weiter wie bisher ist keine Alternative mehr: Die rasche Erhöhung des Anteils der nachhaltigen Landwirtschaft, die auf Agrarökosysteme statt industrieller Einzeltechnologien setzt, ist die Zukunft der Welternährung. »Gut, sauber und fair«, wie Slow-Food-Gründer Carlo Petrini es fordert, sind Lebensmittel eben erst dann, wenn sie aus einer anderen als der industriellen Landwirtschaft stammen.

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