Das stille Öko-Örtchen
Die Komposttoiletten von Eco-Toilette benötigen kein Wasser und keine Chemie – und werden damit zur umweltschonenden Klo-Alternative auf Festivals.
Sommer, Sonne, Musik, gute Laune, ausgelassene Stimmung und: schaurige Toilettenhäuschen, die nach einem Gemisch aus Fäkalien und Chemie stinken. Ganz klar, wir befinden uns auf einem Festival. Doch dank Thomas Jakel, Kevin Kuhn und Sven Riesbeck könnten die übel riechenden und umweltbelastenden Chemie-Toiletten vielleicht bald passé sein. Mit ihren Eco-Toiletten stellen die drei Berliner eine nachhaltige, komfortable und saubere Alternative vor. Wir haben mit Thomas über das Konzept und ihre Motivation gesprochen.
BIORAMA: Wie kamt ihr auf die Idee mit den Komposttoiletten?
Thomas Jakel: Das ganze ist aus der Aktion Guts for Change entstanden. Da sind wir mit dem Fahrrad von Berlin nach Indien gefahren und haben Spenden gesammelt, um Toiletten für Menschen in Indien zu bauen, die keinen Zugang zu einer Toilette haben. Schon bald haben wir uns gefragt, wie wir weitere Toiletten in Indien bauen können, ohne die ganze Zeit um Spenden bitten zu müssen. Und da in Deutschland die Toilettensituation auf Festivals auch nicht optimal ist, wollten wir an der Stelle ansetzen. Viele finden Festivaltoiletten abstoßend. Um das Toilettenerlebnis angenehmer zu machen, haben wir uns überlegt, dort Komposttoiletten aufzustellen. Die haben ihren Ursprung in Skandinavien. Aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte, dem harten Granitboden und der Kälte gibt es dort Probleme mit Wasserspültoiletten. Seit etwa 40 Jahren sind moderne Trockentoilettensysteme für Haushalte und öffentliche Toiletten gang und gäbe. Diese sind komplett geruchlos, denn das Streumaterial, das nach jedem Toilettengang nachgeworfen wird, bindet alle unangenehmen Gerüche. Und ersetzt Wasser und Chemie! Es wird also kein Wasser verschmutzt und keine Energie zur aufwändigen Reinigung der Endstoffe benötigt. Stattdessen kompostieren wir das Material.
Könnte man – salopp formuliert – sagen, ihr macht aus Scheiße Gold?
Nein. Wir wünschten, das könnte man sagen, so weit sind wir aber noch nicht. Wir verkaufen den Kompost aus der Scheiße noch nicht. Im Moment geht es uns wirklich nur darum, das Material zu kompostieren und nicht mit Wasser zu vermischen. Natürlich ist langfristig unser Ziel, auch mal Kompost verkaufen zu können und damit wertvollen Rohstoff herzustellen. Aber aktuell ist das nicht der Fall. Aktuell verdienen wir nur etwas Geld mit dem Vermieten von Komposttoiletten. Und ein Anteil dieser Einnahmen gehen eben nach Indien und anderen Ländern, um die sanitäre Lage dort zu verbessern.
Worauf habt ihr beim Design der Eco-Toilette Wert gelegt?
Da wir die Toiletten möglichst angenehm für den Nutzer gestalten wollten, haben wir uns für Kabinen aus Holz und nicht für Plastik entschieden. Sogar die Sitze sind aus Holz. Dabei verwenden wir natürlich möglichst umweltverträgliche Rohstoffe und keine Edelhölzer aus dem Urwald oder ähnliches. Was für uns auch wichtig ist: Die Toiletten müssen einfach auf- und abbaubar sein. Wir vermieten Eco-Toiletten nämlich tage-, wochen- oder monatsweise und kümmern uns um den Transport, die Reinigung und die Leerung der Toiletten. Wir füllen die Kabinen am Veranstaltungsort auch regelmäßig mit Toilettenpapier, Desinfektionsspray und Streumaterial auf.
Was genau passiert mit dem Inhalt der Toiletten?
Das Streumaterial, das die Flüssigkeit bindet und somit verhindert, dass unangenehme Gerüche entstehen, besteht aus Holzspänen und saugfähigen Pellets aus Naturfasern. Diese Materialien sind zu 100 Prozent aus biologisch abbaubaren Stoffen und können problemlos kompostiert werden. Derzeit übernimmt das ein Partnerunternehmen für uns. Die lagert den Reststoff etwa zwei Jahre lang, um sicher zu gehen, dass alle Krankheitserreger abgetötet werden. Anschließend kann der so entstehende Humusboden für Zierpflanzen verwendet werden.
Was war für euch die größte Herausforderung bei der Realisierung eures Projekts?
Überhaupt erstmal einen funktionierenden Ablauf zu schaffen, zwischen Mitarbeitern, dem Aufbau der Toiletten und der Kompostierung. Die Logistik war ein riesiges Thema für uns. Von uns hatte vorher ja noch niemand Toiletten vermietet, deswegen mussten wir uns in das ganze Geschäft erstmal reindenken.
Wie viele Leute sind in euer Projekt involviert?
Dieser Tage ändert sich das ständig. Kevin, Sven und ich sind die Gründer von Eco-Toiletten. Ansonsten sind aber noch viele andere involviert. Zum Teil Studenten, die ihre Masterthesis bei uns schreiben, zum Teil Mitarbeiter, die die Toiletten auf den Veranstaltungen betreuen. Ich würde mal sagen, dass das erweiterte Team gerade acht Leuten umfasst. Wichtig sind auch unsere Kooperationspartner. Die Firma Nowato hat uns beim Start unseres Projekts unterstützt, von ihnen haben wir auch unsere ersten Toiletten gekauft. Nun lassen wir unsere Toiletten von Schettle-Messebau herstellen. Und ansonsten kooperieren wir noch mit dem NABU- Station Berlin-Marienfelde, bei dem wir die Toiletten unterstellen können und die uns auch sonst sehr unterstützt haben.
Was ist eure Motivation mit dem Projekt weiterzumachen?
Im Moment haben etwa 2,6 Milliarden Menschen auf der Welt keinen Zugang zu vernünftigen Sanitäranlagen. Das ist der Hauptgrund, dass jährlich Millionen Menschen durch Erkrankungen wie Durchfall und Cholera sterben. Wir möchten unsere Verantwortung als Social-Business wahrnehmen und setzen uns zusammen mit Non-Water Sanitation e.V. und der German Toilet Organization für den Bau von Trocken-Trenn-Toiletten und die Durchführung von Hygieneaufklärungen in Indien und anderen Ländern ein. Damit soll das dortige Trinkwasser geschützt und Krankheitsübertragung minimiert werden. Zudem finden wir es auch einfach wichtig, dass man auf Festivals und Veranstaltungen angenehm auf die Toilette gehen kann.
Was es neues von den Eco-Toiletten gibt und wie ihr sie mieten könnt, erfahrt ihr hier.