Hilferufe in Primark-Kleidern
In mehreren Etiketten der Billigmodekette Primark haben Kundinnen versteckte Hilferufe gefunden. Echte Botschaften aus dem Sweatshop oder aufrüttelnder Aktionismus?
„Forced to work exhausting hours“ (in etwa: „Zur Arbeit bis zur Erschöpfung gezwungen“) – wenn man statt Waschanleitungen und Materialangaben einen handgeschriebenen Hilferuf auf dem Etikett eines Kleidungsstücks findet, was tut man dann? Twittern.
So wie Rebecca Jones. Schon 2013, wie sie auf Twitter schreibt. Diese Woche hat eine weitere Primark-Kundin einen eingenähten Hilferuf in einem Kleidungsstück gefunden und die Nachricht mit der Öffentlichkeit geteilt.
Shoppers find ’sweatshop cries for help‘ sewn into Primark clothes http://t.co/xmB9OBULlT pic.twitter.com/nNnb1K2FZ1
— ITV News (@itvnews) 25. Juni 2014
Die BBC berichtet außerdem über eine dritte Kundin aus Belfast, die in einer Hose, die sie bereits 2011 gekauft, aber nie getragen hat, eine Botschaft gefunden hat: In asiatischen Schriftzeichen berichtet der Schreiber, dass er und seine Kollegen „wie Ochsen“ arbeiten müssen und ungenießbares Essen bekommen. Darüber steht in lateinischen Buchstaben „SOS! SOS! SOS!“.
Fast-Fashion-Albtraum
Primark, der Shirt-gewordene Fast-Fashion-Albtraum, war unter anderem in die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass das Unternehmen Kleidung in der Fabrik in Bangladesch hatte fertigen lassen, deren Gebäude im April 2013 eingestürzt war. Mehr als 1.100 Billigarbeiter starben.
Jetzt sieht sich der Billigmode-Hersteller mit diesen Vorwürfen innerhalb von wenigen Tagen konfrontiert – und was sagt Primark? Das Unternehmen kündigt eine Untersuchung der Vorfälle an. Und die Unternemens-Theorie ist natürlich, dass hinter den vermeintlich echten Hilferufen eine Kampagne steckt. In einem Statement von Primark, das den schönen Titel „Our Ethics“ trägt, werden allerlei Dinge aufgezählt, die schon very suspicious sind. Bei der Sache geht es aber natürlich nicht darum, ob die Kleider jetzt 2013 oder 2009 oder 2014 verkauft wurden. Es geht auch nicht darum, ob vielleicht etwas faul dran ist, weil die gefundenen Labels ähnlich aussehen. Es geht einzig und allein darum, Verantwortung zu übernehmen und nicht mit rhetorischen Allgemeinplätzen über fragwürdige Preisgestaltungen und damit zwingend einhergehende menschenunwürdige Produktionsbedingungen hinwegzutäuschen.