e-Mobil? Jo, eh!

Der gemeine Öko-Biker stieß bisher spätestens am Bahnhof an die Grenzen seines Gutmenschentums, wie unser Autor Sebastian Rahs im Selbstversuch veranschaulichte. Die ÖBB wollen mit ihrem neuen Pilotprojekt eMoRail jetzt helfend unter die Arme – pardon – Räder greifen.

1 Tonne CO2 pro Person darf maximal in einem Jahr verbraucht werden, um den Klimawandel zu stoppen. Pro Kopf Verbrauch derzeit in Österreich: 11 Tonnen.“ *
Dass Autos eine „hochproblematische Angelegenheit“ sind, wissen wir nicht erst, seit das Nachrichtenmagazin profil das Thema kürzlich unter dem Titel „Die gefährlichste Erfindung der Welt“ aufgegriffen hat. Vielerorts hat sich bereits ein Problembewusstsein für die ambivalente Beziehung zwischen dem Menschen und seinem fahrbaren Untersatz herausgebildet – so auch bei der ÖBB. Die Österreichischen Bundesbahnen wollen es mit ihrem Projekt eMoRail nämlich möglich machen, von A nach B zu kommen und dabei einen nur minimalen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Ein ehrgeiziges, wie auch löbliches Ziel – doch wie steht es um die Verwirklichung?

 

 

75 Prozent Reduktion des CO2-Ausstoßes ist im Verkehr erforderlich, damit dieser seinen notwendigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.“ *

Das „integrierte Mobilitätsservice“ des seit Oktober 2012 laufenden eMoRail-Projekts koppelt 3 Komponenten: Bahn, Fahrrad und Auto. Alles natürlich in E-Ausführung, sprich strombetrieben. Und außerdem nach dem postkapitalistischen „Sharing is Caring“-Prinzip: An verschiedenen Standorten, die in einer Zukunftsvision dereinst flächendeckend über ganz Österreich verteilt sein sollen, kann man sich des jeweils gewünschten Fahrzeuges bedienen. Hierbei merkt man jedoch, dass das Pilotprojekt noch in den Kinderschuhen steckt: Das Konzept der „Mobilität von zuhause bis zum Arbeitsplatz“ geht bislang nämlich insofern nicht auf, als man schon Testuser sein muss, um eine eigene Ladestation zuhause stehen zu haben. Für alle anderen „Tagesnutzer“ stehen bis zum Ende des Pilotversuches im Oktober 2013 lediglich die Ladestationen an den Bahnhöfen zur Verfügung.

Die Hauptzielgruppe ist im Grunde jene der Pendler, für die es auch ein eigenes Mobilitätspaket gibt. Gegen die Zahlung einer monatlichen Pauschale erhält man ein Elektroauto zur persönlichen und alleinigen Nutzung, eine ÖBB-Fahrkarte und ein Smartphone zum „attraktiven Preis“. „Der Kostenbeitrag für die Dauer des Projekts ist sehr niedrig und entspricht ca. einem Drittel der realen Kosten.“, meint Sandra Nettel, Pressesprecherin der ÖBB. Bislang wird noch mit solch schwammigen Begriffen jongliert, weil erst im Laufe des Projekts ein „marktfähiger Preis“ evaluiert werden soll. Derzeit leidet die Nutzbarkeit also noch unter dem schwer durchschaubaren Preissystem im Rahmen der Testphase, in welcher sich eMoRail offenkundig noch befindet.

 


 

95 Prozent der fossilen Energieformen (Öl, Gas, Kohle) sollten bis 2050 durch umweltfreundliche Energieformen ersetzt werden, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen.“ *

Elektroautos wurden zuletzt als die langersehnte Erlösung von der bösen Öllobby gehypt. Doch Experten warnen: Der Weisheit letzter Schluss sind die strombetriebenen Vehikel nach dem heutigen Entwicklungsstand wohl kaum. Denn einerseits lässt die Effektivität, sprich die Kosten-Nutzen-Rechnung solcher E-Autos noch zu wünschen übrig, wenn man bedenkt, dass sie ihren Besitzer wesentlich mehr kosten, während man damit deutlich kürzere Strecken (am Stück) zurücklegen kann. Andererseits ist auch hier – man denke nur an die anfängliche Euphorie bezüglich Biosprit – nicht alles nachhaltig, was „grün“ scheint. Greenwashing wird vor allem vonseiten der Stromlobby betrieben, die als einer der einflussreichsten Befürworter von Elektroautos gilt. Zwar erzeugen Elektroautos während der Fahrt selbst keine Emissionen, doch der CO2-Ausstoß passiert dort, wo Energie gewonnen wird! Würde nämlich jeder Autofahrer in Österreich von heute auf morgen auf Elektroautos umsteigen, wäre es mit den heutigen Kapazitäten so gut wie unmöglich, jedes Fahrzeug tatsächlich mit erneuerbarer Energie zu betanken. „Dass E-Autos irgendwann ‚grünen‘ Strom tanken und dann CO2-neutral sind, ist Zukunftsmusik.“, befindet auch Wolfgang Lohbeck, Verkehrs- und Autoexperte bei Greenpeace. Die ÖBB zeigt immerhin guten Willen: „An den beiden Testbahnhöfen wurden Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Fahrradabstellanlagen installiert. Wir speisen den gewonnenen Strom dann in das Gesamtstromnetz ein.“ Welcher Strom letztlich aber aus der Steckdose kommt, ist eine andere Frage, welche derzeit weder die ÖBB, noch Otto Normalverbraucher beantworten kann.

Trotz der Unfähigkeit der heutigen E-Autos, unser schlechtes Öko-Gewissen zur Gänze zu bereinigen, sind gerade Projekte wie eMoRail, nicht zuletzt wegen ihres Sharing-Systems, ungleich umweltschonender, als wenn Wege mit dem eigenen Auto zurückgelegt werden. Auch wenn die treibende Intention seitens der ÖBB laut Nettel keine gänzlich unkommerzielle ist: „Wir können CO2 Einsparung und Verkehrsentlastung nur erreichen, wenn noch mehr Menschen den öffentlichen Verkehr nutzen.“ Auch Elektrobikes sind, als Langstrecken-Alternative zum klassischen Benzinschlucker genutzt, durchaus sinnvoll. Zwar kann man die Umwelt nur schwer weniger belasten, als wenn man wirklich ohne jegliche Hilfsmittel selbst in die Pedale tritt. Aber der Ansatz der ÖBB, die Leute dazu motivieren zu wollen, einerseits das eigene Auto in der Garage stehen zu lassen, und andererseits die jeweilige Nachhaltigkeit des persönlichen Lebensstils zu reflektieren, ist schon mal ein sehr nachahmenswerter.

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