Nur kläglich grüsst das Murmeltier – zwischen den Saisonen im Bioparadies Salzburg
Im Winter locken den Ski- und Snowboardtouristen zahllose Pistenkilometer. Die Region Leogang ist über den Asitz, auf dem seit letztem Winter sogar ein Braugasthof gipfelt, mit der WM-Region Saalbach Hinterglemm verbunden. In den Sommermonaten tummeln sich in den Wäldern die Mountainbiker, für die ganz Extremen sogar auf wagemutig angelegten Downhillstrecken. In die Landschaft geschlagene Kurse und ein riesiger Bikepark bei der Talstation Leogang locken bereits die Weltelite an, vor wenigen Tagen war der Salzburger Ort Austragungsort der Mountainbike-WM.
All dieser Trubel – wie auch die Flying Fox-Anlage von Jochen Schweitzer – schreckt mich normalerweise bei der Wahl von Urlaubsdestinationen eher ab. Ich mag es da lieber ruhig. Und trotzdem ist Leogang im Herbst genau meines. Zumindest kann ich das nach meinem ersten Schnuraln behaupten!
Schnuraln? Bis zuletzt hab ich über diesen Begriff auch nur den Kopf geschüttelt – oder ihn maximal mit dem bekannten Salzburger Schnürlregen in Verbindung gebracht. Gefehlt! In der Leoganger Mundart steht „Schnuraln“ für das Neugierig sein und Entdecken. Im Bauernherbst, wo der reichen Ernte gedankt wird und die Natur sich in allen Farben ausbreitet, bietet die Region dafür die besten Bedingungen. Einige Leoganger Hotels und traditionelle Gastbetriebe haben für diese Jahreszeit ein Programm geschmiedet, das dem Gast Brauchtum, Kultur und Kulinarik der Region näher bringt.
Die 6-gängige Menüwanderung bezieht sich hier nicht nur auf die Anzahl der Gerichte. Es bedarf in der Tat 6 Gänge, also Gehwege, um das komplette Programm zu absolvieren. Für den Weg zwischen Menühäppchen, Suppe und dem ersten Hauptgang dient die Bergbahn als Aufstiegshilfe. Denn während die meisten teilnehmenden Betriebe im Tal liegen, wird das Hotel Forsthofalm seinem Namen gerecht. Auch hier wird höchste Bedacht auf regionale Gerichte gelegt. Ähnlich wie im Hotel Rupertus an der Talstation wird hier oben auch das Salzburger Biofrühstück angeboten. Dem Seniorchef und Initiator dieser Aktion begegne ich tags darauf bei einem weiteren Schnuraln-Highlight:
Franz Widauer ist der Murmeltierführer. Er führt unsere Gruppe auf den Asitz, wo die Tiere – die hier in der Region eigentlich Mankei genannt werden – gesichtet werden sollten. Mit kurzer Lederhose und Wanderstock führt er uns durch das Gebirge und es wirkt als kenne er jeden Stein und die Almwiesen aus einer Zeit , als hier noch nicht alle paar Meter ein Liftmast herumstand. Doch die Tiere wollen sich nicht blicken lassen. Wir wandern zu anderen Plätzen. Erst gestern will ein Wanderer hier unweit zwei Murmeltiere gesehen haben. Aber die Murmeltiersaison geht halt auch gerade zu Ende, was heissen will: Die Mankeien gehen schlafen und wachen erst wieder im Frühling auf. Doch eine Murmeltierwanderung ohne Murmeltier ist wie das Oktoberfest ohne Bier – wir geben nicht auf und warten. Mit Ferngläsern und Kameras im Anschlag. Ungeduldig, aber ruhig.
Schließlich hat sich die Geduld noch gelohnt. Ferner, als es mein Kameraobjektiv erlaubt, zeigen sich zwei Murmeltiere und innerlich breitet sich Stadionatmosphäre aus. Das lauteste Geräusch in diesem Moment sind aber die Auslöser der Fotoapparate. Später, bei den Gesprächen am Kamin des Holzhotel Forstholfalm, wirkt unser Ausflug wie eine Safari und die Bilder unserer Digitalkameras sind die Trophäen.
18.9.-21.10.2012 Leogang/Slbg. Österreich