„Wenn man Dummheit vermeiden kann, sollte man den Mund aufmachen“

Foto: Philipp Horak

Eva Rossmann ist einer jener Menschen, die man neidlos als Tausendsassa bezeichnen kann. Sie moderiert, kocht, politisiert und schreibt. Dieser Tage ist ihr neuer Kriminalroman „Unter Strom“ erschienen. BIORAMA hat mit der österreichischen Journalistin über aggressive Umweltaktivisten, korrupten Politikern und große Konzerne gesprochen.

 

BIORAMA: In letzter Zeit haben Sie vermehrt Romane und weniger Sachbücher geschrieben. Sie greifen darin kontroverse Themen auf. Glauben Sie, dass man damit komplexe Sachverhalte besser vermitteln kann?

Eva Rossmann: Es ist ein anderer Zugang. In einem Sachbuch recherchiere ich und schreibe Fakten nieder. Ein Roman hat die Chance, eine Geschichte zu erzählen. Da können sich die Menschen ihr eigenes Bild basteln. Abgesehen davon, habe ich es gern, etwas aufs Äußerste zuzuspitzen. Das macht es interessanter und dann kommt noch etwas dazu: Ich lese selbst lieber Romane als Sachbücher.

Sie haben für Ihre Recherche auch Politiker zu Rate gezogen, etwa den Grünen Politiker Peter Pilz. Warum gerade ihn?

Ich kenne Peter Pilz seit ewigen Zeiten, noch von damals als ich Journalistin war. Er ist ein guter Rechercheur und einer, der viel weiß und mit dem ich mich gut verstehe.

Bei der Recherche sind Sie in die österreichische Energiepolitik eingetaucht. Sie haben sich unter anderem mit Mitarbeitern der OMV-Tochter Gas Connect unterhalten. Stößt man auf Fragen, die nicht beantwortet werden wollen?

Bei diesen Mitarbeitern nicht. Das war allerdings schon Stufe zwei. Von denen wollte ich Details wissen: Was ist, wenn eine Gasleitung explodiert? Wie lange brennt das? Technische Fragen eben. Im Vorfeld habe ich auch mit internationalen Leitungsbauern Kontakt gehabt. Es war schwer, an jemanden ranzukommen, der einem erzählt, wie der Bau der Nabucco Line  oder von Southstream wirklich funktioniert. Aber das sind Recherchekontakte, die ich nicht offen legen kann.

Anschläge auf Gasleitungen kennt man aus Ländern wie Ägypten oder Israel. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas in Österreich passiert?

Momentan ist die Stimmung nicht so aufgeheizt, aber ich glaube, dass sich über das Internet Protest schnell formieren kann. Öl wird teurer, die Konzentration auf einige wenige, die international das Sagen haben, wird immer stärker. Es wird Leute geben, die sagen: Das brauchen wir nicht. Ich fände das sehr positiv. Sie müssen ja nicht gleich Gasleitungen sprengen. Es ist vielleicht kein, in jeder Beziehung realistisches, aber ein mögliches Zukunftsszenario.

Sie sind für alternative Energiegewinnung?

Ja. Man muss volkswirtschaftlich immer eine Gesamtbilanz ziehen. Momentan ist es zwar so, dass alternative Energie teurer in der Erzeugung ist, aber bei fossilen Energieträgern oder Atomstrom gibt es viele Folgekosten, die uns allen draufgedrückt werden, nur merkt es keiner. Das ist blödsinnig und wenn man Dummheit vermeiden kann, dann sollte man den Mund aufmachen. Ich will aber, dass sich die Leute das selbst überlegen. Ich erzähle einfach, was möglich wäre.

Ist das der Grund, warum sich Mira, die Protagonistin des Romans, nicht so recht für eine Seite entscheiden kann? Sie ist zwischen den Fronten hin und her gerissen.

Mira sympathisiert schon mit erneuerbarer Energie. Sie ist aber nicht von allen überzeugt, die das machen wollen. Es wäre unrealistisch, wenn man sagt, auf der einen Seite sind die guten Ökos, auf der anderen Seite die Bösen der herkömmlichen Energieversorgung.

Wie sehen Sie die Zukunft der heimischen Energiepolitik?

Die Zukunftsfrage wird sein: Wer hat die Macht über die Leitungen? Deswegen ist es auch nicht so ohne Weiteres gut, wenn man riesige Offshore-Windparks oder Monstersolaranlagen in der Wüste baut. Die großen Konzerne kommen erst dann ins Schwanken, wenn regional erzeugt wird und Leitungen obsolet werden. Da hängen aber viele Politiker und Ex-Politiker mit drinnen, die tolle Konsulentenverträge haben und damit Geld verdienen. Wenn es keine fossilen Energien mehr gibt, dann werden sie auf erneuerbare umsteigen. In dem Buch schafft das ein kleines Dorf für sich alleine.

Welchen Strom beziehen Sie?

Wir haben eine Solaranlage und beziehen Öko-Strom. Außerdem haben wir eine Luftwärmepumpe und unser Haus ist gut gedämmt. Das ging aber nicht alles auf einmal. Früher hätten wir uns das nicht leisten können. Ich bin nicht der Meinung, dass alle das tun müssen. Ich weiß, viele können sich das nicht leisten, vor allem dann nicht, wenn es keine Förderungen gibt.

Foto: Philipp Horak

Glauben Sie, dass es einem die Politik schwer macht, nachhaltig zu leben?

Das Problem ist, dass die Lobbys woanders sitzen. Die Leute, die Einfluss haben, sind ganz bestimmt nicht dort, wo es um erneuerbare Energie geht. Wir haben Wind und Sonne, die für uns Energie machen. Es ist irre, wenn man das nicht nützt. Selbst wenn die Erzeugungskosten höher sind. Danach hat man dafür keine Schadstoffe. Ganz zu Schweigen von der Atomenergie. Ich finde das immer lächerlich, darüber zu reden. Jeder weiß, dass Atomenergie grob fahrläßig und überflüßig ist.

Das ist doch auch die generelle Stimmung in der Bevölkerung?

Das ist die Stimmung im dem Teil der Bevölkerung, der sich sowieso dafür interessiert. Aber es gibt auch genug, denen es egal ist. Hauptsache billig und es kommt was aus der Steckdose. Es ist auch immer eine Frage der Kommunikation. In Deutschland wurden Solaranlagen massiv beworben, dort sieht man oft Dachflächen mit Solarpanelen. In Österreich nicht. Und ich denke nicht, dass die Deutschen aufgeschlossener und ökologisch intelligenter sind als wir. Dort wurde einfach für Bewusstsein gesorgt.

Dieser ist jetzt ihr vierzehnter Krimi. Wollen Sie die Reihe weiterführen?

Ja.

Gibt es schon Ideen?

Es gibt eine Rohfassung. Ganz grob gesagt geht es um einen internationalen Bestsellerautor und sein Buch „Power Mann“, darin schreibt er, dass Männer benachteiligt werden und sich endlich auf die Beine stellen sollen.

In Anlehnung an den Profil-Artikel über den Gender-Gap-Mythos? Sie haben damals auch die Club-2-Diskussion geleitet.

Auch, ja. Es ist momentan in zu sagen: Frauen jammern nur, obwohl es ihnen eigentlich gut geht. Das war eine interessante Geschichte für mich und den Roman. Und es geht auch darum, nach welchen Mechanismen ein Bestsellerroman funktioniert. Aber es gibt auch sonst genügend Themen, die mich interessieren, die die Gesellschaft bewegen und zu den Protagonistinnen passen.

Eva Rossmann
„Unter Strom“, der 13. Mira Valensky Krimi
erschienen im Folio Verlag

www.evarossmann.at
www.folioverlag.com

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