Being Bio #8: Eine Topfengolatsche und eine Melange, bitte!

Die letzte Woche des Selbstversuchs ist angebrochen und ich blicke dem nahen Ende meines Experiments mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Im Nachhinein war es doch gar nicht so schwer nachhaltig, grün und vegan zu leben. Es erfordert aber viel Zeit und Interesse an der Sache.

Man braucht sich nichts vorzumachen: Es beeinträchtigt den Alltag. Und zwar massiv. Angefangen bei der Rechtfertigung, warum man jetzt eigentlich keinen Alkohol trinkt, bis dahin, dass eine zwanglose Konsumation schlichtweg nicht möglich ist. Man isst nicht, was einem schmeckt, man isst, was es gibt (wenn es überhaupt etwas chemie- und tierfreies gibt).

Nach diesem Monat gibt es allerdings immer noch Dinge, die mir nicht ganz klar sind. Warum Veganer etwa keinen Honig essen. Ich kann die Argumentation nicht nachvollziehen, dass der Grund für den Verzicht sei, Imker hielten die Bienenvölker wie Sklaven und beuten sie aus (ganz abgesehen davon, dass ich den Vergleich unpassend finde). Ich bin kein Experte und lasse mich gerne korrigieren, aber gäbe es keine Imker, gäbe es weniger Bienen und so würde die Diversität der Pflanzenwelt zwangläufig zurückgehen – ganz nach dem Zitat, das Albert Einstein in den Mund gelegt wurde.

Befreundete Veganer haben mir erklärt, sie verzichten auf tierische Produkte, weil die Haltung der Tiere nicht artgerecht sei. Doch was ist artgerecht? Gibt es in Gefangenschaft überhaupt artgerechte Haltung? Und dürfen Veganer dann eigentlich Haustiere halten? Die natürliche Umgebung eines Terriers, Pitbulls oder Chihuahuas ist wohl nicht das Wohnzimmer und sicher auch nicht eine Hunde-Handtasche. Und wenn doch, denn immerhin wurde sie ja zu unserer Belustigung gezüchtet, dann wäre es doch auch in Ordnung Kühe zu halten und sie zu melken, denn die wurden ja ebenso für unsere Bedürfnisse gezüchtet. Nur eben zur Milchbeschaffung und nicht zum Entertainment.

Einfluss durch Konsum

Lässt man die Ideologie außen vor und geht es einem nur um die Haltung der Tiere, wäre es doch sinnvoller, sich selbst nicht bewusst vom Markt auszuschließen. Verzichte ich auf tierische Produkte, habe ich durch meinen Konsum weder Einfluss auf die Produktion, noch auf die Haltung der Tiere oder ihre Produkte. Ich putze mir quasi die Hände ab und streife jegliche Verantwortung von mir. Der bewusste Konsum von „glücklichen“ Tieren und deren Produkten würde vermutlich auf Dauer die Tierhaltung positiver beeinflussen, als der generelle Verzicht, denn ein komplettes Abkommen von tierischen Produkten ist unrealistisch.

Wie auch immer, der Verzicht auf tierische Produkte war nicht der einzige Punkt meines Versuchs, auch wenn es von Freunden und Bekannten immer wieder darauf hinuntergebrochen wurde. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Thema Essen und vor allem der gezielte Verzicht darauf Menschen bewegt und viele in eine Abwehrhaltung versetzt. Sowohl Fleisch-Fanatiker als auch Hardcore-Veganer.

Ganz allgemein ist eine nachhaltige Lebensweise, ob vegan oder nicht, oft ambivalent und der beste Indikator, um grün zu leben, ist dann sicherlich der eigene Hausverstand. Denn ob eine biologische Tomate aus Brasilien automatisch besser ist, als eine konventionelle aus der Steiermark, ist fraglich und wie sinnvoll es ist, um die halbe Welt gereiste Waschnüsse zu verwenden, darüber lässt sich auch streiten. Es ist schwer, Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu finden. Vieles wird verschwiegen, absichtlich falsch kommuniziert oder verwirrend dargestellt.

Für mich persönlich steht fest, ich habe wohl noch nie so bewusst gelebt wie in diesen dreißig Tagen. Viel Bewegung, keine Fertigprodukte, keine tierischen Fette, keine Zigaretten und kein Alkohol. Allerdings muss ich auch sagen, ich habe, trotz abwechslungsreicher und ausgewogener Ernährung Mangelerscheinungen. Ich bin erschöpfter als sonst und meine Mundwinkel sind eingerissen. Auch der Bluttest hat einen Eisenmangel ergeben. In diesem Sinne freue ich mich auf eine Topfengolatsche und eine Melange. Mahlzeit!

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