Eintagsküken im Zoo Schönbrunn.

In der Eierproduktion ist jedes zweite geschlüpfe Küken männlich und somit unbrauchbar und wird getötet. Viele der geshredderten oder vergasten „Eintagsküken“ finden Abnehmer in Zoos, Tierparks und der Greifvogelzucht.

Die Futtermeisterin des Zoos Schönbrunner, Raili Kirchberger, spricht mit BIORAMA über Zahlen und Fakten der Verfütterung von männlichen Eintagsküken.

BIORAMA: Wie viele Eintagsküken werden im Zoo Schönbrunn jedes Jahr verfüttert? 
Raili Kirchberger: In Summe beziehen wir pro Jahr etwa 100.000 Eintagsküken.

Wo bzw. wie beziehen Sie diese Eintagsküken?
Raili Kirchberger: Wir kaufen unsere Eintagsküken bei der Legehennenzucht Schropper in Gloggnitz. Sie werden tot geliefert, sind aber frisch und werden dann bei uns eingefroren.

Welche Tiere werden damit gefüttert? Wie passiert die Fütterung?
Raili Kirchberger: In erster Linie verfüttern wir Eintagsküken an unsere Waldrappe [Anmerkung: eine vom Aussterben bedrohte Schreitvogelart]. Die Küken werden natürlich jeweils vor der Fütterung aufgetaut. Für die Waldrappe wird der Dottersack entfernt und die Küken werden halbiert. Auch bei den Blatthühnchen zum Beispiel sind Eintagsküken Bestandteil der Nahrung. Für sie werden die Küken zusätzlich noch enthäutet und faschiert.

Eintagsküken stehen je nach Jahreszeit auch bei den Habichtskäuzen oder bei den Schmutzgeiern am Speiseplan. Hier werden sie ganz verfüttert. Auch die Luchse und Wölfe zum Beispiel bekommen hin und wieder Küken. Abseits der Waldrappe, die pro Tag etwa eineinhalb Kilogramm bekommen, sind der Rest aber geringe Mengen.

Welche „Abfallprodukte“ außer Eintagsküken werden in Schönbrunn sonst noch verfüttert?
Raili Kirchberger: Die Eintagsküken sind kein Abfall. Wir verwenden sie als Futter für unsere Tiere, weil Eintagsküken einen guten Nährstoffgehalt haben. Federn und Knochen sind zudem für einige Arten (z.B. Eulen oder Greifvögel) für die Verdauung wichtig. Wir müssen die Eintagsküken lange genug im Voraus bestellen und natürlich auch bezahlen. Geschenkt bekommen wir zum Beispiel Karotten von der Marchfeld Gemüse GmbH. Sie werden uns als Futterkarotten gespendet, weil sie gewissen Normen nicht entsprechen (zu groß, zu klein, abgebrochen etc.). Außerdem erhalten wir im Sommer von der Genossenschaft LGV Frischgemüse, welches im Überschuss geerntet wurde (z. B. Radieschen, Salat, Gurken).

In Deutschland bemüht man sich, künftig vor dem Schlüpfen das Geschlecht in befruchteten Eiern zu bestimmen, um keine frisch geschlüpften männlichen Küken töten zu müssen. Hätten Sie im Zoo Schönbrunn auch Bedarf für angebrütete Eier als Futtermittel?
Raili Kirchberger: Nein.

Sollte es irgendwann keine Eintagsküken mehr geben: Was würde der Zoo Schönbrunn dann stattdessen füttern?
Raili Kirchberger: Dann würden wir in erster Linie auf Rindfleisch zurückgreifen und unsere Futtertierzucht  (Mäuse und Ratten) erweitern.

Welche Futtertiere züchtet der Zoo Schönbrunn selbst?
Raili Kirchberger: Der Tiergarten züchtet Ratten, Mäuse und Insekten (Mehlwürmer, Zophobas, Heimchen, Wachsmotten) sowie Artemien für das Aquarienhaus.

Weiterlesen: Wo landen eigentlich die gleich nach dem Schlüpfen getöteten Eintagsküken? Eine Recherche.
Infos zum Tiergarten Schönbrunn, dem ältesten Zoo der Welt: hier.

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