Low intervention – maximales Vergnügen

Mit Ploder-Rosenberg, Michi Lorenz und dem Rebenhof zeigt die aktuelle steirische Winzergeneration, wie präzise und genussvoll Naturwein sein kann.

Weinberge in der Steiermark.
Die Steiermark ist, obwohl sie deutlich weniger Weinanbaufläche als andere Bundesländer hat, eine der stärksten Marken im österreichischen Weinbau. Bild: Michi Lorenz.

Weingärten in denen die Vielfalt sprießt, sich Tiere wohlfühlen und deren Boden später im Glas gerochen und gekostet werden soll, sind nur einige der Gemeinsamkeiten einiger WinzerInnen im Süden Österreichs. Die Steiermark ist eine der stärksten Marken im österreichischen Weinbau, auch wenn sie mit rund 5000 Hektar deutlich weniger Weinanbaufläche hat als Niederösterreich oder das Burgenland. Steirische Weine stehen bei aller unterschiedlichen Stilistik für eine wiedererkennbare fruchtige Note bei oft überdurchschnittlich viel Mineralik, für tendenziell leichtere Weine, die aber nichts an Kraft und Finesse missen lassen. Verantwortlich dafür ist neben den Böden vor allem das Klima südlich der Alpen, geprägt von mehr Regen, aber auch mehr Sonnentagen, die auf Steilhänge treffen. Gerade im Vulkanland im Osten und in der Südsteiermark kombiniert sich dieses Klima mit vielen Hügeln und Tälern zu einer beeindruckenden Landschaft, die sich auch touristisch gut vermarkten lässt. Es ist wenigen Regionen in Österreich im gleichen Ausmaß gelungen – nicht nur entlang der südsteirischen Weinstraße – Landschaft, Sonnenschein, Wein und Genuss zu einem besonders attraktiven Angebot zu verbinden. Zumindest wenn es nicht ums Skifahren geht.

So wenig Eingriff wie möglich

Die Steiermark zählt aber auch zu jenen Gebieten Österreichs, in dem es die PionierInnen gab, die nicht einverstanden waren mit der Richtung, in die sich ein Großteil der heimischen Weinwelt entwickelt hat. Der Weinskandal und die darauf folgende Qualitätsoffensive haben auch zu mehr Gleichschaltung geführt und zu einem Druck einen bestimmten Kundengeschmack zu treffen. Im konventionellen Weinbau ist eine Menge an Pflanzenschutzmitteln und Eingriff im Keller erlaubt, um diese Erwartungen zu erfüllen – manchen ist auch im Bioweinbau noch zu viel erlaubt. Biolandwirtschaft ist im Norden der Steiermark, zum Beispiel in der Ramsau, schon seit den 1980er-Jahren Thema. Anfang der 2000er-Jahre haben einzelne Weinbäuerinnen und -bauern unter anderem in der Steiermark begonnen, auf mehr bio zu setzen, teilweise auf biodynamische Landwirtschaft und später dann auch auf Naturweine mit möglichst wenig schönenden Eingriff im Weingarten, aber vor allem auch bei der Arbeit im Keller. Der Wein bekommt Zeit zum Reifen in den Fässern und fast unbehandelt in die Flasche. Die Art der Landwirtschaft sagt noch relativ wenig, über den Geschmack und Charakter eines Weins aus. Es gibt biodynamisch arbeitende WinzerInnen, die sehr klassische Weine machen. Aber eben auch welche, denen daran gelegen ist, andere Weine zu machen, den Boden, das Klima und die Herkunft noch einmal ganz anders zu betonen und dabei natürliche Weine auch abseits von Erwartungen zu schaffen. In der Steiermark sind das beispielsweise die fünf Unternehmen, die sich zur Vereinigung »Schmecke das Leben« zusammengeschlossen haben: Werlitsch, Muster, Tauss, AT und Strohmeier. Junge WinzerInnen lernen viel von diesen, wie auch etwa von Karl Schnabel oder Alfred Ploder. Und mittlerweile haben mehrere Junge einen eigenen Zugang zu Themen wie biodynamischem Weinbau, Spontanvergärung, Reife oder auch dem Einsatz von Schwefel – also dem, was zusammen meist als Naturwein bezeichnet wird – gefunden und sorgen mit ihren präzisen Weinen für Begeisterung.

Manuel Ploder und Selina Weratschnig.
Manuel Ploder und Selina Weratschnig führen den Winzerhof Ploder-Rosenberg, setzen viel auf Piwis, biodynamische Landwirtschaft und eine Natur, die weiß, was gut für sie ist. Bild: Ploder Rosenberg.

Manuel Ploder führt das Weingut Ploder-Rosenberg in dritter Generation gemeinsam mit seiner Partnerin Selina Weratschnig. Manuel arbeitet in erster Linie im Weingarten und Keller, Selina hat die Kommunikation übernommen und arbeitet in der gesamten Landwirtschaft an einer »lebenswerten Landbaukultur«. Den Willen dazu, anders zu arbeiten und einen eigenen Weg zu gehen, haben sie von Alfred Ploder übernommen, der das Weingut mit seiner Frau Maria weiterentwickelt hat. Alfred ist einer der Pioniere in der Steiermark und Österreich, die auf bio, biodynamischen Anbau, Biodiversität und den Verzicht auf Zusätze und Schönungsmittel gesetzt haben. Oft gegen den Widerstand von Eltern und dem regionalen Umfeld – bis heute immer in Verhandlung mit den Regeln, die festlegen, wie ein Wein zu sein hat und mit welchen Informationen auf dem Etikett man ihn verkaufen darf. Im Zentrum steht ein sehr ernst gemeinter, ganzheitlicher und spiritueller Zugang zur Natur. Seit 2006 wird nach Demeter-Richtlinien gearbeitet. Heute sind alle Weine bio- und Demeter-zertifiziert. 

Genaue Arbeit im Keller

Manuel hat die Eigenständigkeit der Weine von Ploder-Rosenberg noch weiter vorangetrieben. Dies gelinge ihm, sagt er, wie schon seinem Vater, in einem Miteinander von Vertrauen in die Natur, Weiterbildungen im In- und Ausland – und klaren Linien, die man aus Überzeugung setzt. Dieser Zugang zum Weinmachen, gilt im Weingarten und auch im Keller: Manuel arbeitet bei allen Weinen mit Maischestandzeiten, selbstverständlich mit spontaner Gärung, langem Hefekontakt und biologischem Säureabbau – also malolaktischer Gärung, die für eine milder empfundene Säure sorgt. Die Weine sind unfiltriert. Als BesucherIn erlebt man bei Selina und Manuel viel Transparenz. Gezeigt und erklärt wird alles, vom Handwerk bis zur Arbeitsweise in den Weingärten und im Keller. Statt einer Arbeit mit Zusätzen sind die beiden bemüht den Wein zu begleiten, im Keller wird zugehört, gerochen und verkostet, um zu sehen, wo sie stehen und was die nächsten Schritte sind. Die Weine gären und reifen in Stahltanks, Holzfässern und teilweise auch in Amphoren – von denen manche im Garten vergraben sind.
Bei den Weinsorten wird hier mehrheitlich auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten – Piwis – gesetzt: »In der Steiermark haben wir sehr hohe Niederschlagsmengen, Pflanzenschutz beginnt damit, die richtige Pflanze für das jeweilige Klima auszuwählen. Für uns ist es deshalb ganz natürlich auf pilzwiderstandsfähige Sorten zu setzen«, erklärt Selina diese Entscheidung. Ausgebaut werden die Weine in drei Linien: »Fundamental« sind Cuvées zum Einstieg, die schon sehr typisch zeigen, wofür das Weingut steht. »Linea« sind charakterstarke reinsortige Weine aus den schönsten Trauben, die der Weinberg hergibt, gereift im Holzfass mit dem Ziel, ihre Kraft über Jahre und auch nach dem Öffnen der Flasche lange zu behalten. »Archaik« gibt es in den drei Farben »Blanca«, »Ro’za« und »Ruga« und die Amphorenweine »Archaik Vier Elemente« verweisen schon im Namen auf die vier Elemente. Das sind gezielte Experimente die Grenzen ausloten möchten, ohne unzugänglich zu sein. Wie bei den Cuvées, die teilweise auch Jahrgänge verbinden, über ihre Zusammensetzung entschieden wird, darüber wird man als BesucherIn bewusst im Unklaren gelassen. Manuel unterstreicht mit sichtbarer Freude seinen spirituellen Zugang, der sein Wissen und seine Erfahrung kleiner macht, als sie sind: »Was wir dann wie zusammenführen und wann, das ist schon entschieden, bevor ich es umsetze«, beschreibt er die Weinwerdung auf dem Betrieb. Wobei man dem Was und dem Wie transparente Grenzen setzt: Ploder-Rosenberg ist Mitglied beim Verein Demeter – was einen Katalog an sehr konkreten Auflagen mit sich bringt und Biozertifizierung voraussetzt – oder auch der Vereinigung Slow-Food. 

Zwei Weinflaschen: Die Weine »Cara« und »Vivas« aus der Fundamental-Linie von Ploder-Rosenberg.
»Cara« und »Vivas« gehören zur Fundamental-Linie von Ploder-Rosenberg. Schon diese zeigen vielschichtig, worauf das Weingut beim Wein wie auch beim Design Wert legt. Bild: Ploder Rosenberg.

Am Ende sollen Weine im Glas landen, die »nicht müde machen, sondern eher Kraft und Energie geben«, die dem Motto »Unser Land zeigt, wer wir sind« entsprechend die Verbundenheit aller Dinge ausdrücken und ihre Herkunft schmeckbar machen, so das erklärte Ziel des Weinguts. Derzeit wird ein Großteil des Weines exportiert, weil die Nachfrage im Ausland – noch, wie das WinzerInnenpaar hofft – größer ist, als in Österreich. Lieber würde man die Exportquote verringern. An der Wiedererkennbarkeit haben sie auch optisch gearbeitet mit Etiketten, die immer wieder wichtige Elemente und Farben aufgreifen.

Gastfreundschaft

So eigen der Weg ist und so unbeirrbar Manuel und Selina ihn gehen, so groß ist die Freude, wenn der Wein – wie aktuell in den Wertungen von Gault & Millau – und ebenso die Gastfreundschaft gut ankommt. Regelmäßig gibt es Events am Weingut, wie das große Hoffest »Erden & Irden zur Sommerwende« das am 22. Juni 2024 geplant ist. In einem Sichtbeton-Ausbau mit großen Glasflächen lädt das Weingut laufend zu Ausstellungen befreundeter KünstlerInnen – dazwischen wird dieser etwa auch von Yogagruppen aus der Region genutzt. Kaufen kann man den Wein Montag bis Samstag, unter dem Stichwort »Erleben« kann man nach Voranmeldung Führungen buchen und eintauchen in den Weingarten, die Biodiversität und die Arbeit im Keller mit Fassproben, die verständlich den Zugang zur Arbeit zeigen. Nur mittags ist geschlossen, denn da wird zusammen gegessen und gemeinsam mit Alfred und Maria internationaler Wein verkostet, um noch was zu lernen. Zimmer werden zwar nicht angeboten, aber als Teil von »Schau aufs Land« gibt es zwei Wohnwagenstellplätze auf dem Weingut. Nicht selten sind BesucherInnen dann überrascht von dem, was sie hier am Weingut erleben und woran sie teilhaben können.

»Richtig guter Stoff«

Einen ebenso eigenständigen Weg geht Michi Lorenz aus Kitzeck im Sausal, einem Familienbetrieb, in dem schon über 500 Jahre Wein gekeltert wird. Geschichte, erlebbar unter anderem mit den alten Gebäuden und dem Weinkeller. Michi ist einer der auffälligeren Winzer – selbst unter jenen, die sich gemeinsam als »Junge Wilde Winzer« bezeichnen, eine Vereinigung an Weingütern, die aus allen Weinbauregionen Österreichs kommen, verschiedenste Weinstile ausbauen und in erster Linie die Freude am Wein vermitteln wollen. Er wollte eigentlich Rockstar werden, Künstler jedenfalls. Er sieht seine Jahrgänge schon mal als Alben und ist gerne auf Tour – und präsentiert seine Weine in New York, Montreal, London oder Paris. Nach diesen Reisen kann er resümieren: »Das ist richtig guter Stoff, den wir hier in der Steiermark machen – und er kommt auch international gut an.« Gemeinsam mit seiner Frau Michi bewirtschaftet er den Hof und für ihn ist ganz klar, wohin die Richtung geht: »Sauber gearbeitet und ohne Schwefel – das ist die Champions League!«

Die Terrassen am Weingut von Michi Lorenz.
In den Weingärten von Michi Lorenz ist der Boden aufgrund der Terrassen gut sichtbar: In erster Linie verschiedene Arten von Schiefer. Bild: Biorama.

Die Michis haben 16 Hektar Weingartenflächen, den höchsten Weingarten auf einer Seehöhe von 600 Metern. Die Gärten sind sehr steile Hänge, die Handarbeit nahelegen. Seit 2015 wird voll biologisch und seit 2020 biodynamisch bewirtschaftet. Er möchte mehr aus dem Boden rausholen und dem Boden wieder was zurückgeben. Der gute Stoff ist in seinem Fall in erster Linie Naturwein. Wobei er mit derlei Begriffen vorsichtig ist, sie eigentlich gern vermeidet und im Sinne der Transparenz für KonsumentInnen auf kontrollierte Siegel setzt, die klar zeigen, wie auf einem Weingut gearbeitet wird. Michis Weine sind unfiltriert und möglichst ohne Schwefel, er arbeitet den Charakter der Herkunft heraus, lässt sie oft zumindest kurz auf der Maische und die Weine bekommen die Zeit, die sie zum Reifen brauchen. 2023 fiel auch wegen Hagel und Unwettern die Ernte deutlich geringer aus. Aber er ist dankbar, sich auf die Qualität und Quantität seiner Toplagen wie »Halo« oder »Aura« verlassen zu können. Zwei für ihn besondere Lagen, mit Böden aus grauem und schwarzem Schiefer. Angebaut werden in erster Linie Sauvignon Blanc, Morillon (Chardonnay) oder auch Welschriesling. »Wicked Garden« ist sein Gemischter Satz von einem besonders steilen Hang mit bunter Rebsortenmischung, »Schist Happens« – Schist ist englisch für Schiefer – nennt er seinen Querschnitt verschiedener Sauvignons. Blickt man von seinem Hof auf einen gegenüberliegenden Hang, auf dem eine Kirche steht, findet man den Weingarten »Halo«, – weil über der Kirchturmspitze kreisrund die Sonne steht. Nur wenige Kilometer entfernt gedeiht »Aura«. 
Michi ist gern im Austausch mit anderen Leuten, FreundInnen und KollegInnen. Er weiß, er kann von den VorreiterInnen lernen, hört zu und entwickelt daraus Eigenes. Gemeinsam bieten Michi und Michi am Hof nicht nur ihre Weine, sondern laden ein, genussvoll in der Buschenschank zu entschleunigen und allenfalls auch gleich länger zu bleiben – dazu gibt’s inmitten der Weinberge am Schlafgut, auch ein paar Zimmer. 

Umstieg weg vom Stress

Hartmut Aubell (Rebenhof)ist eher Quereinsteiger. Wein war in seinem Elternhaus immer Thema und das Weingut gehört seit 1924 seiner Familie, aber dort aufgewachsen ist er nicht. Nach einigen Jahren beim Heer ist er auf Wein umgestiegen, hat gelernt bei Sepp Moser im Kremstal, im Burgenland auf Schloss Halbthurn, in Deutschland, in Bordeaux oder auch an der Loire. Und hat dort auch gesehen, was er selbst nicht wiederholen will – Flurbereinigung zum Beispiel, deren monotone Ergebnisse nicht nur dem Boden schaden, sondern auch anfälliger für Schädlinge macht. 2007 ist er zurückgekehrt und 2008 hat er das Weingut, direkt an der Südsteirischen Weinstraße und der slowenischen Grenze, übernommen. Anfangs hat er so Wein gemacht, wie es üblich war, schnell musste er aber erkennen, dass ihm dieser Wein nicht schmeckt und der Zugang und die Arbeitsweise für ihn nicht passen. Er hat diese als eine besonders ungute und unnatürliche Form von Stress empfunden und nach einem neuen Weg, mehr im Einklang mit der Natur, gesucht. Ein großer Einfluss beim Umstieg in Richtung biodynamischem Weinbau war für ihn die Freundschaft zum Nikolaihof in der Wachau und der Familie Saahs, Vorreiter im Bereich biodynamischer Landwirtschaft. Seit 2016 sind seine 9,5 Hektar demeterzertifiziert. Sein ältester Weingarten wurde in den 1940er-Jahren gepflanzt und er sieht es als seine Aufgabe diesen zu pflegen. Geht man mit ihm durch seine Weingärten, wird schnell klar, dass der Wein für ihn nur in seiner Umgebung, einer nicht zurechtgestutzten, artenreichen und vielfältigen Natur, gedeihen kann. Er spricht über die Bäume, die Pflanzen und die Tiere. Er freut sich darüber, dass seine Kinder in dieser Natur aufwachsen können – sie sind mit ein Grund dafür, warum er Natur erhalten und pflegen will.

Planlose Punktlandung

Den Weinen gibt er die Zeit, die sie seiner Meinung nach brauchen. Im Weingarten, aber auch im Keller. Sie werden dort nicht geschönt, ihnen wird nichts entnommen und hinzugefügt, kein Zucker, keine Enzyme und keine Reinzuchthefe. Ausgebaut im Stahltank und in Fässern aus österreichischer Eiche in Größen von 100 bis 500 Litern und in verschiedenen Wandstärken. Aus den bis zu sechs verschiedenen Ausbauarten für einen Jahrgang und die gleiche Sorte entscheidet er durch Verkostung, was zu welchem Zeitpunkt in welchem Alter reinsortig oder als Cuvée abgefüllt wird. Angebaut werden die Weißweinsorten Sauvignon Blanc, Chardonnay, Gelber Muskateller, Weißburgunder und Welschriesling. Beim Verkosten zeichnen sich die Ergebnisse durch eine Frische und Leichtigkeit bei gleichzeitig großer Straffheit und eine spannende Einbindung von Frucht aus. Fast so wie mancher Schaumwein, nur ohne die ablenkende Perlage. Ein Geschmackserlebnis, das auf das Alter der Weine nur wenig Rückschlüsse erlaubt. So wie er nicht vorab planen will, wann seine Weine in welcher Kombination abgefüllt werden, so unberechenbar sind die Etiketten, die im Stil wild wechseln, manchmal ganz klassisch anmuten, für die er aber auch mit KünstlerInnen zusammenarbeitet oder durchaus aufgeladene ikonografische Grafiken und Symbole verwendet.
Seine Bag-in-the-Box-Verpackungen sind in dieser Qualitätsstufe noch ein Alleinstellungsmerkmal mit hohem Wiedererkennungswert, aber auch praktischem Nutzen. Die 3-Liter-Boxen sind schlicht kartonfarben, gefertigt aus Recyclingmaterial, haben wenig Gewicht und sind nicht nur im Transport ausschließlich praktisch. Sie sorgen in der Gastronomie wie zu Hause dafür, dass der Wein in der Packung nach dem Öffnen praktisch unberührt von Sauerstoff bleibt. Man liest online von Fans die ganz begeistert sind, so eine Box über ein Jahr nicht ausgetrunken zu haben und auch nach dieser Zeit keinen Unterschied im Geschmack und der Frische feststellen können. Der Klimaschutz ist Hartmut Aubell aber nicht nur bei diesen Gebinden ein Anliegen. Er verwendet seltene Leichtflaschen, die andere vermeiden, weil sie meinen, ihr Wein wirke in einer schweren Flasche hochwertiger, und recherchiert aktuell zum Einsatz von Dosen.

Schon auf dem Asphalt vor dem Eingang der Gaststube des Rebenhof wird durch Bodenmarkierungen gewarnt: Da steh etwa ”With Hefe“ und “No Spritzer“.
BesucherInnen des Rebenhofs werden – um Missverständnissen vorzubeugen – darauf hingewiesen, dass sie hier keinen gewöhnlichen Wein erwarten dürfen. Bild: Biorama.

Bäume pflanzen statt roden

Mindestens so sehr beschäftigt ihn die Vegetation im Weingarten. Aber statt im Zuge des Klimawandels auf andere Weinsorten umzustellen, pflanzt er etwa Bäume. Diese geben dem Weingarten Schatten, transportieren mit ihren Wurzeln Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bereichen des Bodens nach oben, bieten Lebensraum für Tiere und sorgen dafür, dass sich die Verwehungen der Spritzmittel zwischen den Weingärten in Grenzen halten. Und manchmal, da bieten sie selbst Schutz vor dem zunehmend häufiger vorkommenden Hagel. Man hört das Unverständnis in seiner Stimme, wenn er zeigt, wo ein Nachbar erst kürzlich ein Waldstück gerodet hat. Er selbst geht den umgekehrten Weg und entnimmt Weinstöcke, damit er Bäume pflanzen – und somit Befestigung und Schatten schaffen – kann. »Wir wissen nicht, welche Auswirkungen, die aktuellen klimatischen Veränderungen genau haben werden und müssen lernen, damit umzugehen und den Weingarten auf natürlich Weise schützen«, ist er überzeugt. Er weiß, dass er kein Problem mit zu wenig Sonne, fehlender Reife oder zu wenig Zucker haben wird, sondern eher mit Ernteausfällen oder damit, die gewünschte Säure zu erreichen. 
Hartmut Aubell ist ein Suchender, der lernen will und Traditionen und eingelernte Vorgehensweisen hinterfragt. So wie er nicht dabei mitmacht jedes Jahr den neuen Wein abzufüllen und auf den Markt zu bringen, sondern diesem die Zeit gibt, die er für ihn braucht – mit dem Vorteil, dass er auch in Jahrgängen mit geringerer Ernte derzeit noch Reserven im Keller hat. Oder einen klein Teil seiner Rebstöcke auf einem abgegrenzten Gebiet als Experiment nicht schneidet. Dass manche WeinkundInnen seiner Vorgänger nicht mehr kommen oder manche BesucherInnen, die auf der Weinstraße zufällig bei ihm landen, nichts mit seinem Wein anfangen können, stört ihn nicht. Auf die will er gern verzichten. Umso größer ist die Freude über alle jene, die kommen, jüngere Generationen, die sich für seine Art zu arbeiten interessieren, den Wein schätzen und immer wieder kommen.
Ploder-Rosenberg, Michi Lorenz und der Rebenhof stehen exemplarisch für immer mehr Weingüter, die biologisch oder biodynamisch arbeiten und zwischen einer Rückkehr zu traditionellen Methoden mit möglichst wenig Eingriffen und einer großen Neugier spannende, komplexe und präzise Weine produzieren, die viel Trinkspaß bringen.

BIORAMA BIOKÜCHE #4

Dieser Artikel ist im BIORAMA BIOKÜCHE #4 erschienen

Biorama abonnieren

VERWANDTE ARTIKEL