Kochen für die Champions League

Team & Belegschaft des FC Bayern München werden weitgehend bio bekocht, der Küchenchef des »Kasinos« erklärt, wie er einkauft.

Markus Zierer (1. Reihe, 2. von links) vermittelt auch dem Küchennachwuchs Bewusstsein für Bio und Qualität. Bild:

Mittwoch ist Pastatag. Zweimal in der Woche gibt es Fleisch, freitags Fisch. Das sind werktags die Konstanten, auf die sich die 450 MitarbeiterInnen des FC Bayern München verlassen können. »Die Leute sind sehr zufrieden mit dem, was wir kochen«, sagt Markus Zierer, »wir werden mit Lob überschüttet«. Der Küchenchef des »Kasinos«, wie die Kantine in der Säbener Straße gleich bei dem Trainingsgelände der Münchner Fußballprofis genannt wird, ist überzeugt, dass das auch damit zu tun hat, dass er beim Einkauf der von ihm verarbeiteten Lebensmittel vielfach zu Bioqualität greift. In einigen Warengruppen sogar zu 100 Prozent. Bei den Nudeln und beim Mehl beispielsweise, beim Fleisch, beim Öl und beim Kaffee. 20 Kilo Pasta kauft er Woche für Woche bei Il Golosone aus Regensburg. Die Pastamanufaktur verarbeitet Einkorn, Emmer und Urgetreide zu Nudeln. Die Mehle stammen durchwegs von der Drax Mühle (aus Rechtmehring). Das Fleisch – 140 Kilo pro Woche – von der Tiroler Metzgerei Juffinger. Das Raps- und Sonnenblumenöl beziehen die Bayern bei der Ölmühle Hofbauer. »Die macht unser ehemaliger Greenkeeper«, sagt Zierer. Statt, wie früher, um den Fußballrasen kümmert sich der nunmehrige Ex-Kollege seit ein paar Jahren um seine Biolandwirtschaft. Der Kaffee kommt von Merchant & Friends, einer Rösterei mit Sitz in den Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Mindestens so wichtig wie bio ist dem Küchenchef, dass er um die genaue Herkunft seiner Zutaten Bescheid weiß. Das heißt: Im besten Fall wird bioregional eingekauft. »Kartoffeln aus Ägypten wird man in meiner Küche keine finden«, sagt er. Eine Biozertifizierung hat die Kantine nicht. Zumindest eine hundertprozentige Bioverpflegung wäre allein schon aufgrund von Sponsorenverträgen (z. B. mit Coca-Cola) nicht möglich. Für eine – theoretisch mögliche – Teilzertifizierung sieht Markus Zierer keinen praktischen Bedarf: »Es hat noch nie jemand danach gefragt, ob wir biozertifiziert sind. Also sehe ich keine Notwendigkeit, uns ein Korsett anzuziehen.« Dass annähernd einhundert Prozent Öko möglich wären, daran hat er keinen Zweifel. Bei manchen Lebensmitteln verzichtet er aber auch bewusst auf Bio. »Beim Gemüse glaube ich nicht an die spanischen Biotomaten«, sagt er, »die sind für mich wenig greifbar. Und den letzten Tropfen Grundwasser aus den trockensten Regionen Spaniens zu holen, das passt für mich nicht zu Bio.« Beim Gemüse sticht im Kasino deshalb mitunter die deutsche, bevorzugt: die bayerische Herkunft das anonyme Importprodukt mit Biozertifikat.

»Lebensmittel, kein Füllstoff.«

Grundsätzlich ist der 50-Jährige, der sich bereits sein ganzes Leben mit dem bewussten Essen beschäftigt, aber sehr von den Vorzügen von Bio überzeugt: »Bio schafft Wissen und gibt Gewissheit, dass das Tier glücklicher war, schön aufwachsen konnte und nicht aus der Quälanstalt kommt«, sagt Zierer, »und Kaffee oder auch das Getreide fürs Mehl wurden bei Bio nicht unnötig gespritzt.« Seine Überzeugung: »Essen ist Lebensmittel, kein Füllstoff. Wir kochen deshalb auch das, worauf wir selbst gerne Lust haben und alles frisch.« Auch der Fisch werde freitags Blech für Blech frisch zubereitet, Nudeln werden die ganze Mittagszeit über immer wieder frisch gekocht, »die kommen immer al dente raus, wir praktizieren kein Cook&Chill, bei dem alles vorbereitet wird«. Wert lege man auch auf Vielfalt und Saisonalität. Bei der Planung wird darauf geachtet, dass sich die Speisen nicht alle paar Wochen wiederholen. »Die Leute freuen sich dann auch sehr, wenn es alle vier, fünf Monate mal wieder Currywurst gibt«, sagt er. Im Vorhinein wird nicht bekannt gegeben, was es zu essen gibt. »Sonst kommen alle aus dem Homeoffice ins Büro, wenn sie wissen, dass es Schnitzel gibt«, sagt er. Bei der Essensausgabe wird aber genau angeführt, was es zu essen gibt. Am Tag des Gesprächs zum Beispiel: »Allerlei vom Bio-Iberico-Schwein«. Zwei ganze Schweine hat Zierer dafür gekauft und nose to tail verarbeitet. Auch Rinder kauft das Kasino im Ganzen.

»Das Essen ist für unsere MitarbeiterInnen komplett gratis. Kostenvorgabe gibt es keine. Wir schauen halt, dass wir bei den Kosten die Kirche im Dorf lassen und achten auf gute Qualität.«

Markus Zierer, Küchenchef des Kasinos des FC Bayern München

Gegessen wird im Kasino ab 11 Uhr. Die Mittagszeit endet für die Küchenbelegschaft mit einem gemeinsamen Ritual. Jeden Tag setzen sich alle 13 MitarbeiterInnen um 13 Uhr 30 gemeinsam zu Tisch. »Das Soziale gehört zum Essen einfach dazu«, sagt Zierer. Auch, weil es – wie der Fußballsport – Identität und Gemeinsamkeit stiftet.

Weniger Schwein für die Profikicker

Das Handwerk gelernt und seine Überzeugungen gewonnen hat Markus Zierer einst bei Feinkost Käfer. Nach Stationen in der Sternegastronomie und einem Abstecher in der Küche des Audi-Forums in Ingolstadt landete er vor 18 Jahren bei Bayern München. Drei Kantinenbetriebe baute er für die Bayern auf: das Kasino, die Kantine der Profis – also fürs Fußballteam – und jene des Nachwuchs-Leistungszentrums. Mittlerweile haben die Profis und der Nachwuchs einen eigenen Küchenchef. Grundsätzlich, sagt er, mache es keinen allzu großen Unterschied, ob man für Spitzensportler oder die Bürobelegschaft koche. »Im Sportgeschäft kochst du halt weniger Schweinefleisch und man bereitet die Desserts mit weniger Zucker zu«, sagt er. Der einzige relevante Unterschied: »Man richtet sich beim Kochen halt nach dem Rhythmus des Teams. Vor dem Spiel gibt es helles Fleisch und du sorgst dafür, dass der Kohlehydratespeicher aufgefüllt wird.« Und irgendwie ist nach dem Spiel natürlich immer auch vor dem Spiel.

Diverse Rezepte für Speisen in Bioqualität gibt es hier.

BIORAMA #97

Dieser Artikel ist im BIORAMA #97 erschienen

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